Da hat Thilo Weichert, der oberste Datenschützer in Schleswig-Holstein, zusammen mit seinem Unabhängigen Landeszentrum für den Datenschutz ja gestern eine richtig schöne Welle losgetreten. Die Reaktionen im Netz sind überwiegend kritisch, Weltfremdheit und Wirtschaftsfeindlichkeit wird Weichert gern und häufig vorgeworfen. Die Artikel sind Legion und mittels einer Suchmaschine, deren Nutzer er früher bereits einmal als „dumm” abqualifizierte, leicht zu finden.
Swen Wacker geht in seinem Beitrag für das Landesblog bereits darauf ein, dass das ULD SH im wesentlichen bestehende Gesetze interpretiert und anwendet. Er führt zu diesem Thema auch bereits die Reaktionen aus der Landespolitik an, auf die ich an dieser Stelle gern noch einmal näher eingehen möchte. Otto von Bismarck wird das folgende Zitat zugeschrieben: „Gesetze sind wie Würste, man sollte besser nicht dabei sein, wenn sie gemacht werden.” Dass man aber Mitarbeiter der Wurstfabrik ist, das sollte man dann doch lieber ebenfalls nicht vergessen.
Dr. Michael von Abercron, CDU:
Bevor über Bußgeldverfahren geredet werde, solle allerdings nach einem rechtlich sauberen Weg gesucht werden, der vor jede Datenweitergabe den Erlaubnisvorbehalt des Nutzers stelle.
Das ist in der Tat ein spannender Ansatz. Der Landtag hat 2000 mit dem Landesdatenschutzgesetz – also zu Zeiten von Rot-Grün – rechtlich sauber in § 11, Absatz 1 festgelegt, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten zulässig ist, wenn (und nur wenn):
- die oder der Betroffene eingewilligt hat,
- dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt,
- sie zur rechtmäßigen Erfüllung der durch Rechtsvorschrift zugewiesenen Aufgaben der datenverarbeitenden Stelle erforderlich ist oder
- sie zur Wahrung lebenswichtiger Interessen der betroffenen Person erforderlich ist.
All diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, wenn ein Benutzer, der bei Facebook angemeldet ist, auf eine Seite surft, von der er vorher nicht wissen kann, dass dort ein „Gefällt mir”-Button seinen Besuch der Seite an Facebook übermittelt: In diese Datenübermittlung hat der Benutzer gegenüber dem Betreiber der Seite nicht eingewilligt (siehe dazu auch § 12), sie ist weder durch Gesetz oder andere Rechtsvorschrift erlaubt, Facebook hat keine durch Rechtsvorschrift zugewiesene Aufgaben der Datenverarbeitung und sie ist zur Wahrung lebenswichtiger Interessen der betroffenen Person nicht erforderlich.
Dr. von Abercron wünscht also, dass aus der Verpflichtung eines Anbieters, vor der Bearbeitung von personenbezogenen Daten die Einhaltung dieser Maßgaben sicherzustellen, die Maßgabe wird, vor der Einleitung eines Bußgeldverfahrens bei Verstoß, den Anbieter doch freundlichst dazu aufzufordern,seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen, sich gemeinsam mit ihm Gedanken darüber zu machen, wie er das denn umsetzen könnte.
Da er ja kaum den Landesdatenschutzbeauftragten dazu auffordern möchte, Verstöße gegen die geltende Rechtslage zu ignorieren – kurz: seinen Amtspflichten nicht nachzukommen – dürfen wir jetzt alle ganz gespannt auf einen entsprechenden Änderungsantrag der CDU-Landtagsfraktion zum Landesdatenschutzgesetz warten.
Statt mit hohen Geldstrafen zu drohen,würden wir allerdings zunächst auf Aufklärung und weitere Förderung der Medienkompetenz setzen.
Auch bezüglich dieser Forderung sei auf das Landesdatenschutzgesetz verwiesen, dieses Mal § 44, Absatz 1. Unmissverständlich heißt es in dort:
(1) Ordnungswidrig handelt, wer entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes personenbezogene Daten, die nicht offenkundig sind,
- erhebt, speichert, zweckwidrig verarbeitet, verändert, übermittelt, zum Abruf bereithält oder löscht,
- abruft, einsieht, sich verschafft oder durch Vortäuschung falscher Tatsachen ihre Übermittlung an sich oder andere veranlaßt.
Ordnungswidrig handelt auch, wer anonymisierte oder pseudonymisierte Daten mit anderen Informationen zusammenführt und dadurch die Betroffene oder den Betroffenen wieder bestimmbar macht oder wer sich bei pseudonymisierten Daten entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes Zugriff auf die Zuordnungsfunktion verschafft.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden.
Das Gesetz sieht an dieser Stelle eine weitere Aufklärung nicht vor. Das wäre auch ganz ungewöhnlich, denn üblicherweise gilt die Regel, dass Unwissenheit nicht vor Strafe schützt. Wie Medienkompetenz den Internetnutzer befähigen soll, dass er bereits vor dem Aufruf einer Webseite erkennen kann, dass sie einen „Gefällt mir”-Button erhält, erschließt sich dem Autoren ebenfalls nicht. Aber alles das wird die SPD-Fraktion sicherlich im Rahmen eines nun erwartbaren Änderungsantrags zum Gesetz erläutern, mit dem sie Aufklärungspflichten vor der Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens einbauen und nötige Maßnahmen zur Förderung der Medienkompetenz beschreiben möchte.
Ich bin erstaunt über die forsche Ankündigung des Datenschutzbeauftragten Dr. Thilo Weichert. Gegen schleswig-holsteinische Webseitenbetreiber ordnungsrechtlich vorgehen zu wollen, sollten diese ihre Fanpages oder die sogenannten ‚Social-Plugins’ nicht entfernen, erscheint mir zum jetzigen Zeitpunkt unverhältnismäßig.
Der Autor hingegen ist erstaunt, dass die selbsterklärte Rechtsstaatspartei FDP es unverhältnismäßig und erstaunlich findet, dass eine staatliche Einrichtung sich darum kümmert, dass die Gesetze eines Landes – die sie übrigens nicht selbst beschlossen hat – auch umgesetzt werden. Weder die Regeln noch die vorgesehene Bewehrung mit einem Bußgeld hat sich das ULD SH ausgedacht, sondern sie sind Beschlussfassung des Parlaments, dem auch Frau Brand-Hückstädt angehört. Weil sicher auch sie weiß, wie der Gesetzeslage abzuhelfen ist, können wir alle einem Änderungsantrag der FDP entgegen sehen, der dann verhältnismäßige Verfahrensregeln für den Umgang mit den nach Rechtslage bestehenden Ordnungswidrigkeiten definiert.
Thorsten Fürter, Bündnis 90/Die Grünen:
So alarmierend die technische und rechtliche Bewertung des ULD ist, erfordert sie doch eine differenzierte und maßvolle Vorgehensweise hinsichtlich der Konsequenzen. Die Forderung ist richtig, im Hinblick auf alle öffentlichen BetreiberInnen solcher Seiten. Diese dürfen die Daten der NutzerInnen nicht zu Werbezwecken in die Hände von Facebook treiben. Das gilt auch für die Seiten, die von der Landesregierung betrieben werden. Wer diese Seiten aufruft, darf davon ausgehen, dass alles nach Recht und Gesetz abläuft. Geschieht das nicht, muss der Stecker gezogen werden.
Auch privaten BetreiberInnen von Fanseiten Bußgelder in Höhe von bis zu 50.000 Euro in Aussicht zu stellen, ist aber der falsche Weg. Die Problematik muss für diese anders gelöst werden. Hier ist die Politik der richtige Adressat, um sich für den Schutz der Persönlichkeitsrechte der NutzerInnen im Internet auf internationaler Ebene einzusetzen.
Darf man aus dieser Äußerung von Thorsten Fürter schließen, dass er zu der Einschätzung gelangt ist, Rot-Grün habe im Jahre 2000 ein Gesetz verabschiedet, das keine differenzierte und maßvolle Vorgehensweise vorsieht? Immerhin erscheint es auch in diesem Fall so, dass die Grünen demnächst einen Änderungsantrag vorlegen werden, der zumindest eine unterschiedliche Behandlung von öffentlichen und privaten Webseiten regelt – und der es damit wohl als akzeptabel ansieht, dass auf privat betrieben Webseiten niedrigere Ansprüche an die Behandlung personenbezogener Daten gestellt werden als auf öffentlichen. Vermutlich, weil Privatpersonen eher als öffentlichen Stellen zugestanden werden kann, mit solchen Daten per se verantwortungsvoller umzugehen. Der letzte Satz der Aussage Fürters bestärkt dann noch einmal die Erwartungshaltung, dass die Grünen in Kürze politisch tätig werden.
Als normale Nutzer wissen wir nicht, was alles in den Kulissen passiert, wenn wir auf einen Knopf im Internet drücken. Deshalb ist es gut, dass wir einen besonders engagierten Datenschutzbeauftragten haben, der informationshungrigen Internetkonzernen wie Facebook und Google genau auf die Finger schaut. Mit seinem heutigen Paukenschlag hat Thilo Weichert auf jeden Fall dafür gesorgt, dass die Schattenseite dieses kleinen unauffälligen „Gefällt mir”-Knopfs und der Facebook-Fanseiten möglichst vielen Menschen bewusst wird. Ob nun ein drakonisches Bußgeld oder andere Maßnahmen am besten geeignet sind, derartigen Datenmissbrauch zu vermeiden, werden wir im zuständigen Innenausschuss des Landtages noch näher erörtern müssen.
Dem SSW kann man nur anraten, sich für Internetthemen technische Kompetenz in die Fraktion zu holen. Auch wenn Anke Spoorendonk die größte Zurückhaltung bei der Kritik Weicherts aufweist, so scheint ihr nicht ganz klar zu sein, dass die Kritik sich daran entzündet, „was alles in den Kulissen passiert, „wir auf einen Knopf im Internet drücken.” Der letzte Satz kann außerdem in Richtung eines etwas schwammigen Verständnisses des Zusammenspiels zwischen Legislative, Exekutive und Jurisdiktion (miss)verstanden werden. Vielleicht wäre es besser gewesen, der SSW hätte sich, wie die Linkspartei und frei nach Dieter Nuhr, zu diesem Thema einfach einmal nicht geäußert.
Schlusswort
Sollte dieser Beitrag den Eindruck von gewisser Häme und Sarkasmus erwecken, so ist das nicht ganz falsch. Es ist einigermaßen unerträglich, wie sich Vertreter eines Landesparlaments anmaßen, ihren Landesdatenschutzbeauftragten öffentlich zu belehren und zu maßregeln, der lediglich Gesetze anwendet, die dieses Parlament beschlossen hat. An die Stelle notwendiger Selbstkritik und der Fragestellung, ob man vielleicht technische und rechtliche Zusammenhänge im unbestritten komplizierten und komplexen Bereich der staatlichen Regulierung von Persönlichkeitsrechten falsch eingeschätzt hat, tritt der Fingerzeig auf Thilo Weichert und der Ruf „Haltet den Dieb!” Daran ändern auch die pflichtgemäß eingestreuten Äußerungen der Wertschätzung seiner Arbeit nichts.
Wenn die Würste stinken, dann müssen neue gemacht werden. Der Lebensmitteltester kann dafür allerdings nichts.
Vorab: In der Tendenz stimme ich dem Beitrag zu. Insbesondere, soweit es die Kritik an den wohlfeilen, aber z.T. kenntnisfreien verbalen politischen Betroffenheitsreflexen betrifft.
Allerdings: Ganz so einfach ist das Ganze dann auch wieder nicht.
Das fängt schon damit an, dass auf die meisten der betroffenen Facebook-Fanpage-Seiten gar nicht nicht das angesprochenene und von den Kritisierten geschaffene LDSG SH anzuwenden ist (weil die Anbieter nämlich keine öffentlichen Stellen des Landes sind), sondern Bundesrecht (also grundsätzlich das BDSG) gilt. Konkret stützt das ULD seine Rechtsauffassung im wesentlichen zudem auf Bestimmungen des Telemediengesetzes, namentlich die Bestimmung des § 15 Abs. 3 Satz 2 und 3 TMG. Diese „Würste” sind also tatsächlich in einer anderen „Wurstfabrik” produziert worden…
Und ob tatsächlich in allen durch die Mitteilung angeprangerten Sachverhalten die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, die das ULD festgestellt hat (und die sein Eingreifen überhaupt erst rechtfertigen), ist an mehreren Stellen und Tatbestandsmerkmalen durchaus diskussionswürdig. Ich will das inhaltlich juristisch hier nicht im Detail vertiefen. Dafür gibt es andere Orte.
Aber es steht eben m.E. gerade nicht so zweifelsfrei fest, dass sich alle Fanpage-Betreiber tatsächlich in der vom ULD unterstellten Weise rechtswidrig verhalten!
Danke für den Hinweis, dass das Landesdatenschutzgesetz tatsächlich nur für den öffentlichen Bereich gilt (§ 3). Das hatte ich bei der Erstellung des Artikels tatsächlich größtenteils aus dem Auge verloren. Das ändert allerdings grundsätzlich nichts an der Kritik, wie Du ja auch selbst im 1. Absatz schreibst…
Kurz und knapp: guter Artikel. Es scheint mir in den letzten Jahren eh so vorzukommen, dass Datenschutzbeauftragte, Verbraucherschützer unnötig und in einem bisher nicht gekannten Ausmaß „angemacht” und oft zu unrecht kritisiert werden. Vielleicht täuscht aber nur mein Eindruck
Ich finde Anke Spoorendonks Position sehr überzeugend; im Übrigen wird keiner gezwungen, den „Daumen” zu benutzen
Die Datenübertragung findet auch dann statt, wenn man „den Daumen” gar nicht benutzt, er also lediglich angezeigt wird. Genau darum geht es ja.
Könnte es vielleicht sein, lieber Oliver, dass es sich beim Landesdatenschutzgesetz Schleswig-Holsteins sowie beim Telemediengesetz nicht um jene Regelwerke handelt, die Moses einst vom Berg Sinai mitgebracht hat, sondern um fehlbares Menschenwerk, das in diesem Fall auch noch zu einer Zeit entstanden ist, als die Fragestellungen, auf die es nun angewandt werden soll, noch gar nicht abzusehen waren, und dass die vermeintlich zurückhaltende Reaktion der LandespolitikerInnen damit zusammenhängt, dass diese sich dieses Umstandes bewusst sind und sich nicht vor den Karren eines Mannes spannen lassen wollen, der sich m. E. als Eiferer gebärdet, der trotz seiner Position bereit ist, diesen Umstand zu ignorieren? Kann das vielleicht sein?
Wenn du da jetzt Häme heraushörst: Sorry! Aber du machst es dir zu leicht.
Das ist keine Zurückhaltung; wie oben bestätigt: schiere Unwissenheit. Die Kritik am ULD ist doch schon völlig falsch adressiert. Facebook ist doch ganz klar in der Pflicht, ich weiß auch nicht, warum der hier „ungeschoren” davon kommt. Die Kommunikation mit FB scheint ja katastrophal zu sein, keine Ansprechpartner, Igonoranz gegenüber Behörden.Wenn man das TMG geändert wissen möchte, dann wäre der Gesetzgeber gefordert. Auch hier ist das ULD außen vor.
Mir ging es in diesem Artikel nicht darum, ob Thilo Weichert Recht richtig verfährt oder nicht. Dass ich seine Auffassung nicht vorbehaltlos teile, könnte man unter anderem auch daraus ablesen, dass ich im einleitenden Absatz auf die Auseinandersetzung mit Jeff Jarvis verlinkt habe.
Auch, dass es sich bei der Thematik um einen „unbestritten komplizierten und komplexen Bereich” handelt, habe ich bereits im Artikel konstatiert. Was mich massiv stört, ist die Tatsache, dass sämtliche Äußerungen der Fraktionen die Tatsache ignorieren, dass sie ein gerüttelt Maß Verantwortung daran tragen, dass die rechtliche Situation so ist, wie sie ist.
Darüber hinaus: Wenn Weichert Verstöße gegen bestehende Gesetze kennt und nicht dagegen angeht, wäre dann seine Position und die dazugehörige Einrichtung nicht abgängig? Oder soll er nach eigenem Gusto entscheiden dürfen, welche Verstöße gegen bestehende Gesetze er einfach einmal nach Lust und Laune nicht verfolgt? Gerade, wer so etwas fordern sollte, stellt entweder den Rechtsstaat zur Disposition oder macht es sich tatsächlich einfach zu leicht.
Damit ist eine von mir durchaus wahrgenommene Abneigung Weicherts gegen bestimmte US-amerikanische Konzerne noch nicht gerechtfertigt. Damit ist auch nicht gesagt, man dürfe seine Haltung nicht kritisieren. Aber gerade für die oben angeführten Protagonisten wäre vielleicht ein wenig mehr Demut und Zurückhaltung angemessen gewesen.
Gerade die von dir eingeforderte Einsicht in die eigene Verantwortung dürfte bei den Damen und Herren Politikern zu den eher vorsichtigen Stellungnahmen geführt haben.
Natürlich soll Thilo Weichert nicht über bestehendes Recht hinwegsehen. In der gegebenen Situation hätte er jedoch jederzeit die Möglichkeit (gehabt), die Politik auf das offensichtliche Missverhältnis zwischen Recht und gelebter gesellschaftlicher Realität hinzuweisen.
Er, der diejenigen, in deren Interesse er arbeiten soll, bereits als „dumm” bezeichnet hat, wählte jedoch einen anderen Weg. Einen Weg, der zwar für viel Unsicherheit sorgt, ihm jedoch gehörig Aufmerksamkeit einbringt. Und das an einem Tag, an dem sich beim 2. Kieler Barcamp rund 300 netzaffine Menschen — viele davon nicht ganz ohne Einfluss — im Wissenschaftszentrum trafen; schlussendlich hielten zwei seiner Mitarbeiter dort selbst eine Session. Glaubst du, dass dieser Weg noch etwas mit Recht zu tun hat? Für mich sieht es eher so aus, als sei Recht hier nur ein Vehikel zur persönlichen Profilierung in einem ebenso persönlichen Kreuzzug gegen die postmoderne Öffentlichkeit. Die PolitikerInnen, die du zitierst, sind da umsichtiger.
Sorry nochmals für den Ton in meinem ersten Kommentar, Oliver. Mir machen Menschen wie Thilo Weichert schlicht große Angst. Ich darf das vielleicht mit ‚nem Glas Wein mal wieder gut machen?!
Lieber Dieter, ich habe mich nicht persönlich angegriffen gefühlt. Insofern besteht keine Notwendigkeit, dass Du mit einem Glas Wein etwas wieder gutmachst. Aber ich komme dennoch gern bei Gelegenheit auf dieses Angebot zurück. ;-)
Inhaltlich sind wir vermutlich gar nicht so weit auseinander, wie Du annimmst. Ich habe die Stellungnahmen der Politik allerdings als nicht so „vorsichtig” empfunden, sondern eher so, dass die eigene Verantwortung entweder nicht erkannt oder aber weit von sich gewiesen wurde.
Was die juristische Einschätzung angeht, stehen wir zwar sehr dicht beieinander, leiten aber unterschiedliche Notwendigkeiten daraus ab. Für mich ist Thilo Weicherts Vorgehen sehr bedenklich. Und aus dieser Tatsache entsteht auch unsere jeweilige Interpretation der PolitikerInnen-Aussagen, die unterschiedlicher kaum sein könnte. Lass uns dieses Spannungsfeld nicht kleiner reden als es ist. Die Debatte wird uns bestimmt noch etwas begleiten. (Und sei es beim Glas Wein.)
Für mich ein völlig ungewohntes Gefühl: In der Regel läuft es für mich üblicherweise in solchen Diskussionen darauf hinaus, dass ich Haue bekomme, weil ich bestimmte Sachzwänge in der Politik beschreibe und die sich daraus ableitenden Verhaltensweisen der Politiker unabhängig von ihrer Couleur verteidige oder zumindest rechtfertige. Hier ist es nun einmal anders. Aber ich komme damit klar. :)
Und auf das Glas Wein läuft es jetzt scheinbar unvermeidlich hinaus. Ich freue mich darauf – ebenso wie auf die weitere Debatte.
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Glückwunsch! Ein — trotz der ironischen Note — aufklärender Artikel!
Es geht ja nicht allein um die Sache selbst, also das Petitum des ULD, es geht um den Umgang hiermit. Und da kann es doch wohl keinen ernsthaften Zweifel daran geben, dass seitens des ULD der Finger in eine Wunde gelegt wurde, die von Verstößen gegen eine gesetzliche Regelung geschlagen wurde. Oliver Finkgeht es in erster Linie um die Frage, wie die Parteien/Fraktionen damit umgehen. Insofern habe ich den Eindruck, dass Werner Kindsmüller dieses Problem offenkundig nicht verstanden hat oder nicht verstehen wollte. Und ebenso geht der Schlag gegen den „Eiferer” völlig daneben, weil das Thema verfehlt wird.
Insofern ist es ein Beitrag zur Aufklärung über die unterschiedlichen Aufgaben von Judikative, Exekutive und Legislative. Möglicherweise, Oliver Fink hat mehrfach ausdrücklich darauf hingewiesen, werden die Fraktionen ja schon bald die gesetzliche Grundlage für das Handeln des ULD ändern. Bis dahin ist es verfehlt, mit dem Finger auf den ULD zu zeigen und tatsächlich eine andere Sachauffassung (die selbstverständlich legitim ist) zu meinen.
Volker
Hallo Oliver,
super Artikel!
Nun stellt sich aber die Gretchenfrage, in welche Richtung Datenschutz-Recht seitens der Politik weiter zu entwickeln wäre:
Richtung a: Facebooks kriminelles Treiben endlich wirksam unterbinden zu können?
Richtung b: Facebooks kriminelles Treiben zu legalisieren?
Meine These: Facebooks Treiben ist strukturell unvereinbar mit Rechtstaatlichkeit, Demokratie und Diskursfreiheit, denn Facebook bestimmt die Regeln. Es stellt sich die Frage, welche Funktion Datenschutz in westlichen Demokratien und Rechtstaaten eigentlich hat bzw. in Zukunft haben sollte. Nur in den komplexesten Staaten dieser Welt gibt es das, was in Deutschland speziell als „Recht auf informationelle Selbstbestimmung” formuliert wurde. Ein Grundrecht ist unveräußerlich, auch die Datenschutzspacken können auf ihre Grundrechte nicht verzichten.
Besten Gruß
Martin
Ja, Martin, diese Frage stellt sich durchaus. Ich denke, die Problematik ist in folgendem Artikel von Thomas Stadler bereits sehr gut angerissen: http://www.internet-law.de/2011/08/wie-geht-es-weiter-mit-dem-datenschutz.html
Folgende Zitate zeigen beispielsweise bedenkenswerte Positionen auf:„Die Politiker und die Datenschutzbeauftragten verweigern sich der Einsicht, dass das geltende Datenschutzrecht im Internet weitgehend nicht mehr funktioniert und seine konsequente Anwendung dazu führen würde, dass deutsche Nutzer noch nicht einmal eine Website bei einem Massenhoster unterhalten könnten. Das Netz funktioniert in Europa nur deshalb noch weitgehend reibungslos, weil sich die meisten Akteure in stillschweigendem Einvernehmen entschlossen haben, das geltende Datenschutzrecht zumindest in Teilen zu ignorieren.”
„Das weltweite Netz wird sich nicht insgesamt den europäischen Datenschutzmaßstäben unterwerfen. Eine solche Annahme ist illusorisch.”
„Wenn die skizzierte Schieflage des Datenschutzrechts und ihrer Anwendung beseitigt werden soll, wird es nötig sein, einige heilige Kühe zu schlachten. Die Alternative besteht darin, wie bisher mit einem praxisuntauglichen Datenschutzrecht weiter zu machen, das zwangsläufig missachtet wird.”
„Die aktuelle Diskussion findet bislang noch in schwarz-weiß statt. […] Es ist deshalb höchste Zeit, etwas Farbe ins Spiel zu bringen. […] Das Datenschutzrecht steht vor einem Paradigmenwechsel, auch wenn das noch nicht alle erkannt haben und viele auch nicht wahr haben wollen.”
Ich empfehle die Lektüre des gesamten Artikels ausdrücklich, auch wenn ich nicht jede Position teile. Er ist in jedem Fall eine gute Grundlage, die eigene Meinung zu prüfen.
In der Tat ist in der Debatte um den Datenschutz im Internet mit Schwarz-Weiß-Denken nichts zu gewinnen. Einerseits muss sichergestellt bleiben, dass auch große, multinationale Konzerne sich an geltendes Recht halten, andererseits muss dieses Recht praktikabel bleiben und darf die Realität nicht ausblenden. Einfache Antworten sehe ich nicht, allenfalls die gute Chance, angesichts des Vorstoßes Weicherts in eine Debatte einzusteigen, deren Ausgang mir noch völlig offen erscheint.
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