Keine Angst vor Thilo Weichert!

Von | 30. September 2011

Die Aufgabe eine­re Datenschutzbehörde ist es nicht, eine poli­ti­sche Kampagne zu fah­ren. Auch wenn es um mehr Datenschutz geht. Das hier ist aber eine rein poli­ti­sche Kampagne — nicht mehr und nicht weni­ger. Und kei­ne Angst: Mehr wird das auch nicht.

Thilo Weichert woll­te Facebook zwin­gen, sich end­lich mal zu mel­den. Facebook soll­te sich dazu zu beken­nen, dass es wahr­nimmt, dass es Datenschutz-Gesetze in Europa gibt und dass es da unter Umständen Probleme geben könn­te. Man kön­ne ja mal dar­über reden. Das hat er erreicht.

Und ich glau­be, nie­mand ande­res hät­te das so errei­chen kön­nen. Ministerin Aigner hat es mit Worten pro­biert und mit Symbolik und das hat nicht geklappt. Ich weiß nicht, ob ein Justizministerium in der Lage ist, wie die ULD, ein­fach die Facebook Nutzer als Geisel zu neh­men, um poli­tisch etwas zu bewir­ken. Für eine Wiederwahl eig­net sich das nicht — auch wenn es das Richtige wäre.

Weichert woll­te auch, dass sich die Politik dann damit aus­ein­an­der­setzt. Das scheint auch lang­sam los­zu gehen. Und Weichert woll­te die Öffentlichkeit sen­si­bi­li­sie­ren. Und ich fin­de, dass die Diskussionen nach der Aktion wesent­lich dif­fe­ren­zier­ter sind, als die Polemik, die vor­her gegen­über Widget-Skeptikern herrsch­te.

Manche wer­fen Weichert einen Hang zu Publicity-Stunts vor. Das ULD finan­ziert sich zum Teil über das kos­ten­pflich­ti­ge Angebot von Datenschutzsiegeln und will die­sen Anteil laut aktu­el­lem Konzept noch aus­bau­en. Wer kann es Weichert ver­übeln, wenn er Reklame für die eige­nen Angebote macht. Wo sich der Staat zurück­zieht, grei­fen die Regeln des Marktes. Eine ist: Klappern gehört zum Handwerk.

4 Gedanken zu “Keine Angst vor Thilo Weichert!”:

  1. Thomas Lange

    Lieber Steffen, 

    seit wann ist das ULD ein Marktteilnehmer oder poli­ti­scher Diskutant? Das ULD ist eine Anstalt des öffent­li­chen Rechts des Landes Schleswig-Holstein. Ungeachtet einer Wertung der aktu­el­len Debatte hat der Gesetzgeber(!) die­ser Anstalt einen Auftrag gege­ben.

    Auch die jet­zi­ge Debatte um Facebook fin­det sei­tens des ULD auf Grundlage der vom Gesetzgeber for­mu­lier­ten Regelungen statt. Man darf jetzt nicht so tun, als ob Thilo Weichert mal ein­fach was aus Werbegründen in der eige­nen Sache macht. 

    Politisch ist höchs­tens die Entscheidung, eine Verantwortlichkeit auch auf die Nutzer von Facebook aus­zu­deh­nen. Dies ist im Kern eigent­lich nicht zu bean­stan­den, dies gilt selbst­ver­ständ­lich auch in vie­len ande­ren Lebensbereichen. Wir fra­gen uns doch nur, ob dies hier in Ordnung ist, weil wir a) uns selbst alle in der Vernetzung wohl­füh­len und b) ein ungu­tes Gefühl besteht, Personen zur Verantwortung zu zie­hen, die kei­nen direk­ten Einfluß auf die Rechtsgutverletzung haben. Dazu kommt ein dif­fu­ses Gefühl, dass die Rechtsordnung nicht genau die Wirklichkeit der ver­netz­ten Menschen wider­spie­gelt.

    Vielleicht ist die Auslegung des TMG sei­tens des ULD recht­lich zu eng durch­ge­führt wor­den, dies muss ggf. gericht­lich geklärt wer­den. Aber ich kann auch nicht sagen, dass die­se her­bei­ar­gu­men­tiert wur­de. Menschen, Firmen usw. nut­zen Facebook als Webseitenersatz, war­um soll­ten dann nicht auch die­sel­ben Regeln gel­ten?

    Ansonsten freue ich mich mal wie­der auf ein Bier :)

    Grüße
    Thomas

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    1. Steffen Voß

      Dein Kommentar geht an mei­nem Punkt vor­bei: Ob die Auslegung des TMG sei­tens des ULD recht­lich zu eng durch­ge­führt wur­de ist total egal. Denn:
      1. Facebook hat sich bewegt
      2. Die Debatte läuft
      Und die Entscheidung, eine Verantwortlichkeit auch auf die Nutzer von Facebook aus­zu­deh­nen, war nur Mittel zum Zweck.

      Formell ist die ULD Anstalt öffent­li­chen-rechts. Praktisch — das steht im eige­nen Konzept — sieht sie sich schrump­fen­den Mitteln gegen­über. Die Grundfunktion jedes Systems ist der Selbsterhalt. Also sucht die ULD nach alter­na­ti­ven Geldquellen. Das pas­siert doch über­all. Wirtschaft kann halt alles bes­ser. Wirtschaft funk­tio­niert aber nach ande­ren Regeln. Und die wir­ken dann auch anders.

      Aber letzt­lich ist es so, dass der Datenschützer den Auftrag bekom­men hat, Daten zu schüt­zen. Und ganz ehr­lich: Die die­se Aktion hat er das bes­ser gemacht als durch 1000 Audits.

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      1. Thomas Lange

        ich habe Deinen Text zuerst anders ver­stan­den. Daher zie­he ich mei­nen Einwurf in der Konfrontation ger­ne zurück! :)

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      2. Martin-rost

        Hallo Steffen Voß,

        nein, Facebook hat sich über­haupt gar nicht bewegt.
        Ich habe das was bis­lang pas­siert ist ana­ly­siert und die­se Analyse hier notiert:
        http://marokiblog.wordpress.com/2011/09/10/die-facebook-bewegung/

        Diese Behauptung ist, wie im Grunde die gesam­te obi­ge Einschätzung bzgl. der Beweggründe von Thilo Weichert und des ULD, kom­plett an der Sache vor­bei. Es besteht ein gesetz­li­cher Auftrag, der schlicht Ernst genom­men wird. Mit gro­ßer poli­ti­scher Wirkung, natür­lich. Und dass sämt­li­che Parteien sich am bestehen­den Gesetz des­in­ter­es­siert zei­gen, ist ein gigan­tisch beun­ru­hi­ges Alarmzeichen. Nicht für das Gesetz, nicht für das Anliegen des Datenschutzes, son­dern für eine mas­sen­haf­te Verführung von Lemmingen, die sich gegen­sei­tig in ihrem Tun bestä­ti­gen. Es kann spä­ter mal kei­ner sagen, er hät­te es ja nicht gewusst.
         
        Besten Gruß
        Martin

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