Die Einführung des neuen Personalausweises (nPA) zum 01.11.2010 löste bei vielen Menschen Unbehagen aus. Auch hier im Landesblog haben wir uns mit dem Thema beschäftigt und in dem Artikel “Welche Auswirkungen hat der neue elektronische Personalausweis auf unsere Gemeinden?“ zunächst den nPA selbst mit seinen Eigenheiten, dann aber auch die Auswirkungen in unseren Gemeinden vor Ort angeschaut. Im vorliegenden Beitrag möchte ich zurückschauen auf die vergangenen Monate. Wie hat sich der Personalausweis bisher entwickelt? Gibt es noch Diskussionen um die neuen Funktionen? Wie wirken sich die Bestellungen des Ausweises vor Ort aus?
Wie sicher ist der Ausweis?
Interessanterweise gibt es noch immer Meldungen über die Angreifbarkeit des nPA: Nicht nur die einfachen Versionen des nPA Lesegerätes sind ein Einfallstor für mögliche Angriffe durch Dritte. Auch die höherwertigen Leser sind ähnlich angreifbar, wie im Artikel “Weitere Angriffe gegen den nPA” nachzulesen ist:
Als Fazit bescheinigen Morgner und Oepner dem nPA durchaus eine gewisse Sicherheit. Allerdings ist der nPA ein besonders attraktives Angriffsziel. Ein weiterer Schwachpunkt ist die Verifikation der Hardware. Bisher fragt die AusweisApp nur den Namen des Lesegerätes ab, um herauszufinden, ob beispielsweise der Komfortleser zertifiziert wurde. Das lässt sich leicht fälschen. Skimmingangriffe wären so möglich. Außerdem ist ein nPA-Logo auf den Geräten vorgesehen. Das zu fälschen dürfte für Kriminelle keine ernsthafte Hürde darstellen.”
Insbesondere die AusweisApp sorgt derzeit für Irritationen, sobald der Nutzer den Firefox Browser auf die aktuellste Version 4 aktualisiert. Die AusweisApp wird benötigt, wenn man sich im Browser mit der eID-Funktion, also der online Ausweis-Funktion, irgendwo registrieren oder anmelden möchte. Laut Neuer Personalausweis: Firefox 4 deaktiviert AusweisApp-Erweiterung ist die AusweisApp selbst der Grund für ihre eigene Deaktivierung im Firefox 4, da in der Installationsdatei die App ihre Kompatibilität nur bis Firefox 3.6 angibt. Heise.de hat bereits beim BSI, dem Bundesamt für Sicherheit, angefragt, wann ein Update für die AusweisApp zur Verfügung gestellt wird.
Das BSI wird auch noch sicherstellen müssen, dass Fremde nicht über Fake-Seiten an die PIN (Persönliche Identifikations Nummer) des Ausweisinhabers gelangen können. Jan Schejbal, Mitglied der Piratenpartei, hat einen einfachen Weg zum Ausspähen der PIN und eine entsprechende Demo ins Web gestellt.
Neben diesen sicherheitsrelevanten Problemen beim neuen Ausweisdokument gab es jedoch auch andere Haken, etwa bei der Bestellung. So gab es keine Möglichkeit mehr, den Rufnamen besonders zu kennzeichnen, wenn der Ausweisinhaber einen Doppelnamen trägt.
Wie hat sich die Einführung des Ausweises vor Ort ausgewirkt?
Im Gegensatz zum guten alten Personalausweis hat der neue nPA diverse erklärungsbedürftige Funktionen. Zudem enthält er optional einige biometrische Daten, die eID-Funktion und natürlich die digitale Signatur.
Die Bestellung vor Ort, wie ich selbst in meiner Gemeinde, dem Amt Südangeln, erfahren durfte, scheint relativ unspektakulär. Nun wusste ich allerdings vor der Bestellung auch, was auf mich zu kommt und kannte die Funktionen. Es bedurfte also keiner ausschweifenden Erklärung und innerhalb einer Viertelstunde war die Order bearbeitet.
Die Frage, wie mit den Kosten, die durch die Einführung des neuen Personalausweises entstehen umgegangen wird, insbesondere bei bedürftigen Bürgern, beantwortete die Gemeinde:
“Die umstellungsbedingten Kosten werden – wie üblich – nicht vom Bund übernommen, sondern müssen vom Amt im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenzuweisung geschultert werden. Deshalb haben wir sie auch nicht im Detail erfasst.”
Dies beunruhigt mich schon ein wenig. Die umstellungsbedingten zusätzlichen Kosten und auch die Kosten, die bei Beantragung von bedürftigen Personen entstehen, gehen zu Lasten der Gemeinde. Werden diese nicht separat ausgewiesen, kann niemand ermitteln, welchen Kostenanteil der neue Perso insgesamt im Haushalt verursacht! Folglich kann auch das Land oder der Bund die Gesamtkosten nicht beziffern. Vermutlich ist dies jedoch auch gar nicht gewollt, denn so gehen diese Zahlen in den einzelnen Haushalten einfach unter.
Eine erneute Anfrage bei der Stadt Kiel wurde von Tim Holborn, Leiter des Amtes für Kommunkation der Landeshauptstadt Kiel wie folgt beantwortet:
Die Entgegennahme von Anträgen für den nPA läuft zwischenzeitlich weitestgehend problemlos. Problemlos verlief auch der Start am 1.11.2010 — wir hatten uns sowohl organisatorisch als auch bei der Ausbildung der Mitarbeiterinnnen gut vorbereitet. Die trotzdem aufgetretenen technischen Störungen und Herausforderungen sind für eine derart komplizierte Systemänderung normal und lassen sich im Vorwege nie ganz ausschließen.
Bei der Anzahl der Anträge hatte wir nach einem Boom vor der Umstellung zuerst einmal zwei Monate mit sehr niedrigen Fallzahlen; diese haben sich seit Januar wieder auf einen Normalstand hin bewegt. In den Monaten November bis Februar wurden von uns 7.964 Anträge für einen nPA entgegengenommen und an die Bundesdruckerei weitergeleitet.
Im Einklang mit anderen Städten bundesweit gewähren wir keine Gebührenbefreiung für Empfänger von Sozialleistungen. In der entsprechenden Diskussion zur Herausnahme der Gebührenbefreiung wurde vom Bund erklärt, dass ein gewisser Anteil im Regelsatz enthalten ist und dieser von den Leistungsbeziehern entsprechend angespart werden müssten.
Weil uns die Frage der Inanspruchnahme der eID-Funktionen auf dem Chip des nPA auch interessierte, eine EDV-gestützte Zählung aber nicht vorgenommen wird, hatte wir im Februar von unseren MitarbeiterInnen traditionell Strichliste führen lassen. Dabei ergab sich dann, dass rd 75 % der AntragstellerInnen auf die eID-Funktion im nPA verzichtet haben. In welchen Umfang die biometrischen Erfassung der Fingerabdrücke auf dem nPA erfolgt, wissen wir nicht; hierzu hat es keine Auszählung gegeben.”
Dies sind sehr interessante Aussagen der Stadt Kiel. Interessant finde ich vor allem, dass doch so viele Bürger auf die eID-Funktion verzichten. Man kann hier viel in dieses Ergebnis hinein interpretieren, aber um valide Aussagen zu treffen, wird es wohl nicht reichen. Dazu müsste es eine grössere Erhebung geben. Dennoch zeigt ein solches Ergebnis eine gewisse Tendenz.
Weitere Anfragen, wie bereits im ersten Beitrag zum nPA an die Stadt Schleswig und die Gemeinde Südangeln, blieben leider ohne Antwort. Chance vertan, schade.
Wie geht es weiter?
Die neuen Funktionen des neuen Personalausweises sollen es nicht nur den Bürgern vereinfachen, sich auszuweisen oder online einzukaufen. Auch für Behörden und Firmen bieten sich einige Vorteile. Die eID Funktion ermöglicht zum Beispiel auch eine Altersverifikation. Dies ist nicht nur bei Abschluss von Verträgen im Internet sinnvoll, sondern kann auch als Zugangsberechtigung zu Diensten und Inhalten genutzt werden. Dies zeigt sich auch, wenn man sich die Liste der Inhaber von eID Berechtigungszertifikaten anschaut. Ein überwiegender Anteil der Inhaber von Berechtigungszertifikaten stammt aus dem Versicherungs- und Bankensektor, aber auch Unternehmen aus anderen Branchen.
Denkbar wäre zum Beispiel auch, die eID-Funktion beim Online-Glücksspiel einzusetzen. Dies verbietet jedoch derzeit § 4 Absatz 4 des Glückspielstaatsvertrags mit dem Verbot der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet.
Es bleibt also spannend. Die neuen Funktionen bieten viele neue interessante Möglichkeiten, bergen jedoch auch weiterhin Gefahren.