Ein Rückblick auf die Einführung des neuen Personalausweises (nPA)

Von | 11. April 2011

Die Einführung des neu­en Personalausweises (nPA) zum 01.11.2010 lös­te bei vie­len Menschen Unbehagen aus. Auch hier im Landesblog haben wir uns mit dem Thema beschäf­tigt und in dem ArtikelWelche Auswirkungen hat der neue elek­tro­ni­sche Personalausweis auf unse­re Gemeinden?“ zunächst den nPA selbst mit sei­nen Eigenheiten, dann aber auch die Auswirkungen in unse­ren Gemeinden vor Ort ange­schaut. Im vor­lie­gen­den Beitrag möch­te ich zurück­schau­en auf die ver­gan­ge­nen Monate. Wie hat sich der Personalausweis bis­her ent­wi­ckelt? Gibt es noch Diskussionen um die neu­en Funktionen? Wie wir­ken sich die Bestellungen des Ausweises vor Ort aus?

Wie sicher ist der Ausweis?

Interessanterweise gibt es noch immer Meldungen über die Angreifbarkeit des nPA: Nicht nur die ein­fa­chen Versionen des nPA Lesegerätes sind ein Einfallstor für mög­li­che Angriffe durch Dritte. Auch die höher­wer­ti­gen Leser sind ähn­lich angreif­bar, wie im Artikel “Weitere Angriffe gegen den nPA” nach­zu­le­sen ist:

Als Fazit beschei­ni­gen Morgner und Oepner dem nPA durch­aus eine gewis­se Sicherheit. Allerdings ist der nPA ein beson­ders attrak­ti­ves Angriffsziel. Ein wei­te­rer Schwachpunkt ist die Verifikation der Hardware. Bisher fragt die AusweisApp nur den Namen des Lesegerätes ab, um her­aus­zu­fin­den, ob bei­spiels­wei­se der Komfortleser zer­ti­fi­ziert wur­de. Das lässt sich leicht fäl­schen. Skimmingangriffe wären so mög­lich. Außerdem ist ein nPA-Logo auf den Geräten vor­ge­se­hen. Das zu fäl­schen dürf­te für Kriminelle kei­ne ernst­haf­te Hürde dar­stel­len.”

Insbesondere die AusweisApp sorgt der­zeit für Irritationen, sobald der Nutzer den Firefox Browser auf die aktu­ells­te Version 4 aktua­li­siert. Die AusweisApp wird benö­tigt, wenn man sich im Browser mit der eID-Funktion, also der online Ausweis-Funktion, irgend­wo regis­trie­ren oder anmel­den möch­te. Laut Neuer Personalausweis: Firefox 4 deak­ti­viert AusweisApp-Erweiterung ist die AusweisApp selbst der Grund für ihre eige­ne Deaktivierung im Firefox 4, da in der Installationsdatei die App ihre Kompatibilität nur bis Firefox 3.6 angibt. Heise.de hat bereits beim BSI, dem Bundesamt für Sicherheit, ange­fragt, wann ein Update für die AusweisApp zur Verfügung gestellt wird.

Das BSI wird auch noch sicher­stel­len müs­sen, dass Fremde nicht über Fake-Seiten an die PIN (Persönliche Identifikations Nummer) des Ausweisinhabers gelan­gen kön­nen. Jan Schejbal, Mitglied der Piratenpartei, hat einen ein­fa­chen Weg zum Ausspähen der PIN und eine ent­spre­chen­de Demo ins Web gestellt.

Neben die­sen sicher­heits­re­le­van­ten Problemen beim neu­en Ausweisdokument gab es jedoch auch ande­re Haken, etwa bei der Bestellung. So gab es kei­ne Möglichkeit mehr, den Rufnamen beson­ders zu kenn­zeich­nen, wenn der Ausweisinhaber einen Doppelnamen trägt.

Wie hat sich die Einführung des Ausweises vor Ort ausgewirkt?

Im Gegensatz zum guten alten Personalausweis hat der neue nPA diver­se erklä­rungs­be­dürf­ti­ge Funktionen. Zudem ent­hält er optio­nal eini­ge bio­me­tri­sche Daten, die eID-Funktion und natür­lich die digi­ta­le Signatur.

Die Bestellung vor Ort, wie ich selbst in mei­ner Gemeinde, dem Amt Südangeln, erfah­ren durf­te, scheint rela­tiv unspek­ta­ku­lär. Nun wuss­te ich aller­dings vor der Bestellung auch, was auf mich zu kommt und kann­te die Funktionen. Es bedurf­te also kei­ner aus­schwei­fen­den Erklärung und inner­halb einer Viertelstunde war die Order bear­bei­tet.

Die Frage, wie mit den Kosten, die durch die Einführung des neu­en Personalausweises ent­ste­hen umge­gan­gen wird, ins­be­son­de­re bei bedürf­ti­gen Bürgern, beant­wor­te­te die Gemeinde:

“Die umstel­lungs­be­ding­ten Kosten wer­den – wie üblich – nicht vom Bund über­nom­men, son­dern müs­sen vom Amt im Rahmen der gesetz­li­chen Aufgabenzuweisung geschul­tert wer­den. Deshalb haben wir sie auch nicht im Detail erfasst.”

Dies beun­ru­higt mich schon ein wenig. Die umstel­lungs­be­ding­ten zusätz­li­chen Kosten und auch die Kosten, die bei Beantragung von bedürf­ti­gen Personen ent­ste­hen, gehen zu Lasten der Gemeinde. Werden die­se nicht sepa­rat aus­ge­wie­sen, kann nie­mand ermit­teln, wel­chen Kostenanteil der neue Perso ins­ge­samt im Haushalt ver­ur­sacht! Folglich kann auch das Land oder der Bund die Gesamtkosten nicht bezif­fern. Vermutlich ist dies jedoch auch gar nicht gewollt, denn so gehen die­se Zahlen in den ein­zel­nen Haushalten ein­fach unter.

Eine erneu­te Anfrage bei der Stadt Kiel wur­de von Tim Holborn, Leiter des Amtes für Kommunkation der Landeshauptstadt Kiel wie folgt beant­wor­tet:

Die Entgegennahme von Anträgen für den nPA läuft zwi­schen­zeit­lich wei­test­ge­hend pro­blem­los. Problemlos ver­lief auch der Start am 1.11.2010 — wir hat­ten uns sowohl orga­ni­sa­to­risch als auch bei der Ausbildung der Mitarbeiterinnnen gut vor­be­rei­tet. Die trotz­dem auf­ge­tre­te­nen tech­ni­schen Störungen und Herausforderungen sind für eine der­art kom­pli­zier­te Systemänderung nor­mal und las­sen sich im Vorwege nie ganz aus­schlie­ßen.

Bei der Anzahl der Anträge hat­te wir nach einem Boom vor der Umstellung zuerst ein­mal zwei Monate mit sehr nied­ri­gen Fallzahlen; die­se haben sich seit Januar wie­der auf einen Normalstand hin bewegt. In den Monaten November bis Februar wur­den von uns 7.964 Anträge für einen nPA ent­ge­gen­ge­nom­men und an die Bundesdruckerei wei­ter­ge­lei­tet.

Im Einklang mit ande­ren Städten bun­des­weit gewäh­ren wir kei­ne Gebührenbefreiung für Empfänger von Sozialleistungen. In der ent­spre­chen­den Diskussion zur Herausnahme der Gebührenbefreiung wur­de vom Bund erklärt, dass ein gewis­ser Anteil im Regelsatz ent­hal­ten ist und die­ser von den Leistungsbeziehern ent­spre­chend ange­spart wer­den müss­ten.

Weil uns die Frage der Inanspruchnahme der eID-Funktionen auf dem Chip des nPA auch inter­es­sier­te, eine EDV-gestütz­te Zählung aber nicht vor­ge­nom­men wird, hat­te wir im Februar von unse­ren MitarbeiterInnen tra­di­tio­nell Strichliste füh­ren las­sen. Dabei ergab sich dann, dass rd 75 % der AntragstellerInnen auf die eID-Funktion im nPA ver­zich­tet haben. In wel­chen Umfang die bio­me­tri­schen Erfassung der Fingerabdrücke auf dem nPA erfolgt, wis­sen wir nicht; hier­zu hat es kei­ne Auszählung gege­ben.”

Dies sind sehr inter­es­san­te Aussagen der Stadt Kiel. Interessant fin­de ich vor allem, dass doch so vie­le Bürger auf die eID-Funktion ver­zich­ten. Man kann hier viel in die­ses Ergebnis hin­ein inter­pre­tie­ren, aber um vali­de Aussagen zu tref­fen, wird es wohl nicht rei­chen. Dazu müss­te es eine grös­se­re Erhebung geben. Dennoch zeigt ein sol­ches Ergebnis eine gewis­se Tendenz.

Weitere Anfragen, wie bereits im ers­ten Beitrag zum nPA an die Stadt Schleswig und die Gemeinde Südangeln, blie­ben lei­der ohne Antwort. Chance ver­tan, scha­de.

Wie geht es weiter?

Die neu­en Funktionen des neu­en Personalausweises sol­len es nicht nur den Bürgern ver­ein­fa­chen, sich aus­zu­wei­sen oder online ein­zu­kau­fen. Auch für Behörden und Firmen bie­ten sich eini­ge Vorteile. Die eID Funktion ermög­licht zum Beispiel auch eine Altersverifikation. Dies ist nicht nur bei Abschluss von Verträgen im Internet sinn­voll, son­dern kann auch als Zugangsberechtigung zu Diensten und Inhalten genutzt wer­den. Dies zeigt sich auch, wenn man sich die Liste der Inhaber von eID Berechtigungszertifikaten anschaut.  Ein über­wie­gen­der Anteil der Inhaber von Berechtigungszertifikaten stammt aus dem Versicherungs- und Bankensektor, aber auch Unternehmen aus ande­ren Branchen.

Denkbar wäre zum Beispiel auch, die eID-Funktion beim Online-Glücksspiel ein­zu­set­zen. Dies ver­bie­tet jedoch der­zeit § 4 Absatz 4 des Glückspielstaatsvertrags mit dem Verbot der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet.

Es bleibt also span­nend. Die neu­en Funktionen bie­ten vie­le neue inter­es­san­te Möglichkeiten, ber­gen jedoch auch wei­ter­hin Gefahren.

Von:

Gebürtiger Nordfriese, Kind der Insel Nordstrand, inzwischen wohnhaft am Osteefjord Schlei, verheiratet und Vater. Er arbeitet als Produktmanger und Projektmanager im Bereich Messaging-Dienste, Mobile Payment, Value Added Services und mobile Internet.

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