Verbände kritisieren neuen GEZ-Staatsvertrag

Von | 24. Mai 2011

Das Gute vor­weg: Der Entwurf für den neu­en GEZ-Staatsvertrag kommt ohne Netzsperren aus. In ande­ren Feldern sieht es nicht ganz so gut aus. Ich hat­te auf die Kritik an der neu­en GEZ-Haushaltsgebühr schon hin­ge­wie­sen. Gegenüber dem Landesblog hat­te der schles­wig-hol­stei­ni­sche Datenschützer Thilo Weichert ein ernüch­tern­des Fazit gezo­gen: „Damit geht die GEZ-Spitzelei unter neu­em Label unge­bremst wei­ter“.

Mittlerweile gehen beim Landtag nach und nach die schrift­li­chen Stellungnahmen der ange­hör­ten Verbände ein.

Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) hält in sei­ner Stellungnahme die Kritik am Staatsvertragsentwurf auf­recht. Thilo Weichert führt unter ande­rem aus:

„(…) Das ULD befür­wor­tet die Neuordnung der Finanzerhebung für den öffent­li­chen Rundfunk. Auch das erklär­te Ziel, die Beeinträchtigung der Privatsphäre der Beitragsschuldner zur ver­rin­gern, fin­det unein­ge­schränk­te Zustimmung durch das ULD (…) die Datenverarbeitungsbefugnisse der für den Einzug der Finanzmittel zustän­di­gen öffent­lich-recht­li­chen Rundfunkanstalten (wer­den) deut­lich aus­ge­wei­tet und das Prinzip der Datenvermeidung und Datensparsamkeit sowie der Normenklarheit und Transparenz miss­ach­tet (…) Der Staatsvertragsentwurf ver­mit­telt ins­ge­samt den Eindruck, dass die Verfasser des Entwurfs befürch­ten, ohne umfang­rei­che Datenerhebungsbefugnisse den Gebühreneinzug nicht mehr rea­li­sie­ren zu kön­nen. Vor allem die Missachtung des Direkterhebungsprinzips lässt den Verdacht ent­ste­hen, dass (wei­ter­hin) eine „Beitragsspitzelei“ geplant ist, was der Akzeptanz der Bevölkerung für das Finanzierungssystem des öffent­lich-recht­li­chen Rundfunks zwei­fel­los nicht för­der­lich ist.

Der Betrag des Kieler Datenschützers geht auch auf das dem Entwurf gegen­über sehr posi­tiv gestimm­te Gutachten von Professor Hans-Peter Bull (ehe­mals Bundesbeauftragter für den Datenschutz und lan­ge Jahre schles­wig-hol­stei­ni­scher Innenminister) ein. Wer das Gutachten online lesen will, geht bit­te hier hin.

Auch das Dresdner Institut für Medien Bildung und Beratung zieht ein nega­tiv gestimm­tes Fazit:

Das gro­ße Ziel, die gesamt­ge­sell­schaft­li­che Akzeptanz zu ver­bes­sern, wird so nicht erreicht. Wenn es mit der Umsetzung die­ses Rundfunkbeitrags Probleme geben wird,
dann wer­den ARD und ZDF und nicht die Medienpolitik damit ver­bun­den. Dann wird ihre Legitimation in Frage gestellt.
Der Rundfunkänderungsstaatsvertrag muss grund­le­gend über­ar­bei­tet wer­den.“

Von Seiten der DEHOGA und dem hie­si­gen Bäckerhandwerk wer­den die Bedenken, die schon die IHK Kiel gegen­über dem Landesblog erhob, plas­tisch belegt.

Sinnbildhaft für die ver­fah­re­ne Situation ist in mei­nen Augen der abschlie­ßen­de Satz der Bäckerinnung:
Wir bit­te Sie sehr dar­um, bei den abschlie­ßen­den Beratungen des Rundfunkänderungsstaatsvertrages unse­re nicht nur für den hand­werk­li­chen Mittelstand wich­ti­gen Hinweise zu berück­sich­ti­gen.“

Staatsverträge funk­tio­nie­ren nach dem Prinzip „Friss Vogel oder stirb“. Da kann man fak­tisch nichts berück­sich­ti­gen. Solche Staatsverträge kann das Parlament nur anneh­men oder ableh­nen. Als Abgeordneter wür­de ich poli­ti­sche Pickel krie­gen in sol­chen Lagen und an impe­ra­ti­ve Mandate den­ken — mit der neu­en Dimension, dass die Vorgaben, das Imperativ, nicht vom Wähler, son­dern von der Exekutive kom­men. Wenn es noch eines Grundes bedurft hät­te, Staatsverträge für bes­ten­falls vor­de­mo­kra­tisch zu hal­ten …

Von:

Swen Wacker, 49, im Herzen Kieler, wohnt in Lüneburg, arbeitet in Hamburg.

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