Das Gute vorweg: Der Entwurf für den neuen GEZ-Staatsvertrag kommt ohne Netzsperren aus. In anderen Feldern sieht es nicht ganz so gut aus. Ich hatte auf die Kritik an der neuen GEZ-Haushaltsgebühr schon hingewiesen. Gegenüber dem Landesblog hatte der schleswig-holsteinische Datenschützer Thilo Weichert ein ernüchterndes Fazit gezogen: „Damit geht die GEZ-Spitzelei unter neuem Label ungebremst weiter“.
Mittlerweile gehen beim Landtag nach und nach die schriftlichen Stellungnahmen der angehörten Verbände ein.
Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) hält in seiner Stellungnahme die Kritik am Staatsvertragsentwurf aufrecht. Thilo Weichert führt unter anderem aus:
„(…) Das ULD befürwortet die Neuordnung der Finanzerhebung für den öffentlichen Rundfunk. Auch das erklärte Ziel, die Beeinträchtigung der Privatsphäre der Beitragsschuldner zur verringern, findet uneingeschränkte Zustimmung durch das ULD (…) die Datenverarbeitungsbefugnisse der für den Einzug der Finanzmittel zuständigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (werden) deutlich ausgeweitet und das Prinzip der Datenvermeidung und Datensparsamkeit sowie der Normenklarheit und Transparenz missachtet (…) Der Staatsvertragsentwurf vermittelt insgesamt den Eindruck, dass die Verfasser des Entwurfs befürchten, ohne umfangreiche Datenerhebungsbefugnisse den Gebühreneinzug nicht mehr realisieren zu können. Vor allem die Missachtung des Direkterhebungsprinzips lässt den Verdacht entstehen, dass (weiterhin) eine „Beitragsspitzelei“ geplant ist, was der Akzeptanz der Bevölkerung für das Finanzierungssystem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zweifellos nicht förderlich ist.“
Der Betrag des Kieler Datenschützers geht auch auf das dem Entwurf gegenüber sehr positiv gestimmte Gutachten von Professor Hans-Peter Bull (ehemals Bundesbeauftragter für den Datenschutz und lange Jahre schleswig-holsteinischer Innenminister) ein. Wer das Gutachten online lesen will, geht bitte hier hin.
Auch das Dresdner Institut für Medien Bildung und Beratung zieht ein negativ gestimmtes Fazit:
„Das große Ziel, die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz zu verbessern, wird so nicht erreicht. Wenn es mit der Umsetzung dieses Rundfunkbeitrags Probleme geben wird,
dann werden ARD und ZDF und nicht die Medienpolitik damit verbunden. Dann wird ihre Legitimation in Frage gestellt.
Der Rundfunkänderungsstaatsvertrag muss grundlegend überarbeitet werden.“
Von Seiten der DEHOGA und dem hiesigen Bäckerhandwerk werden die Bedenken, die schon die IHK Kiel gegenüber dem Landesblog erhob, plastisch belegt.
Sinnbildhaft für die verfahrene Situation ist in meinen Augen der abschließende Satz der Bäckerinnung:
„Wir bitte Sie sehr darum, bei den abschließenden Beratungen des Rundfunkänderungsstaatsvertrages unsere nicht nur für den handwerklichen Mittelstand wichtigen Hinweise zu berücksichtigen.“
Staatsverträge funktionieren nach dem Prinzip „Friss Vogel oder stirb“. Da kann man faktisch nichts berücksichtigen. Solche Staatsverträge kann das Parlament nur annehmen oder ablehnen. Als Abgeordneter würde ich politische Pickel kriegen in solchen Lagen und an imperative Mandate denken — mit der neuen Dimension, dass die Vorgaben, das Imperativ, nicht vom Wähler, sondern von der Exekutive kommen. Wenn es noch eines Grundes bedurft hätte, Staatsverträge für bestenfalls vordemokratisch zu halten …