Dr. Heiner Garg, liberaler Sozialminister in Kiel, gerade bei Facebook gestartet und jetzt auch mit eigener Webseite ausgestattet, twittert nun auch. Die ersten Tweets des — wenn ich das richtig überblicke: ersten twitternden Ministers Schleswig-Holsteins — lassen die Einschätzung zu, dass nicht die Privatperson bzw. der Parteipolitiker Heiner Garg im Vordergrund steht sondern das Ministeramt. Bislang werden auf der Facebook-Seite und bei Twitter ohne weitere Bewertung identische Inhalte, die sich allein auf Presseerklärungen des Ministeriums beziehen, veröffentlicht.
Bei aller Freude über die zunehmende Einbindung der Social Media in die politische Kommunikation, wie sie etwa wahl.de mit Zahlen belegt, sollte man nicht vergessen, kurz über die Spielregeln der Gewaltenteilung nachzudenken — bevor dem ersten Mitbewerber in Schleswig-Holstein einfällt, die einschlägigen Urteile des Bundesverfassungsgerichts zur Öffentlichkeitsarbeit auf Facebook, Twitter oder andere „digitale Broschüren” auszuweiten.
Ich halte das nicht für abwegig. Das Internet ist schließlich kein rechtsfreier Raum. Eine kurze Internetrecherche zeigt, dass immer wieder entlastend auf einen leider anscheinend online nicht verfügbaren Text von Mandelartz und Grotelüschen: Das Internet und die Rechtsprechung des BVerfG zur Öffentlichkeitsarbeit der Regierung (NVwZ, Bd. 2004, S. 647 ff.) Bezug genommen wird. Der Aufsatz, wenn ich die veröffentlichten Fragmente richtig deute, unterscheidet den Internetauftritt von „normaler” — will heißen: klassischer — Öffentlichkeitsarbeit (Broschüren, Flyer, Anzeigen, Plakate): Die Klassiker könne man nicht umgehen, sie müssen deshalb besonders Maß halten. Internetauftritte hingegen suche man selbst auf. Das ist eine statische Denkweise, die im dynamischen Web 2.0 nicht mehr gelten kann — wenn sie denn überhaupt zu vorherigen Web-Zeiten jemals zutreffend war. Weiterleiten, Teilen, Retweet sind zentrale Mittel der verschiedenen Netzwerke. Sie lassen mir vielfältig Informationen, in jedem Einzelfall ungefragt, zukommen. Das „vielfältig” und „ungefragt” ist gewollt, aber keine grenzenlose Aufforderung mit dem Charakter eines Freibriefs. Es entbindet den staatlichen Absender oder die Parteien also nicht von der Beachtung der vom Verfassungsgericht aufgestellten Regelungen für die Öffentlichkeitsarbeit. Sicher, die müssen im Licht der Zeit neu diskutiert werden. Damals, 1977 gab es kein WWW. Die bisherige Trennung zwischen Öffentlichkeitsarbeit (Bürger) und Pressearbeit (Journalisten, Medien) verschwimmt bzw. definiert sich neu. Wo fängt zukünftig die unzulässige Wahlbeeinflussung an? Eindeutig: die Einrichtung der Twitter oder Facebookseiten von Herrn Garg erfolgt nicht in heißen Wahlkampfzeiten. Das wird aber niemanden davon abhalten, die Nutzung solcher Kanäle in heißen Wahlkampfzeiten zu problematisieren. Besonders dann, wenn ein Kanal etwa seine „Klangfarbe” ändern sollte. Dann wird darüber gestritten werden können, wer da nun twittert. Der Minister Dr. Heiner Garg? Der Parteipolitiker Dr. Heiner Garg? Die Privatperson Dr. Heiner Garg? Das aufzuteilen und zu unterscheiden ist schwer, aber nicht unmöglich.
Ich hatte neulich schon gefragt, wem Schleswig-Holstein bei Facebook gehört. Ich möchte das nicht überdramatisieren, sehe bislang auch noch keinen klaren politischen Regelverstöße, fände es schade, wenn solche Fragen nicht jetzt, in ruhigen Zeiten, geklärt werden, sondern im Wahlkampf zu hektischem Streit führten.
Äh, Swen! Internet? Rechtsfreier Raum? – Alles im Lot? ;-)
Na logisch :-) Bitte das „kein” beachten, das von Anfang an da stand ;-)