Am Mittwoch wird sich der Innen- und Rechtsausschuss in einer öffentlichen Anhörung mit dem GEZ-Staatsvertrag auseinandersetzen, der zunehmend in der öffentlichen Kritik steht. Wolfgang Kubicki, Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion, stellte heute (6. September 2011) die geschlossene Zustimmung der FDP-Fraktion in Frage.
Der Frontmann der Liberalen ist zwar nach wie vor davon überzeugt, dass der grundlegende Wechsel im Rundfunkgebührensystem aufgrund der vorhandenen Erhebungs- und Vollzugsdefizite sowie wegen der „mangelnden Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern“ der richtige Weg sei. Im Detail sieht seine Fraktion aber Probleme:
Während der Staat seine Haushalte konsolidiere und Einsparungen in sämtlichen Bereichen vornehme, zementiere der zur Abstimmung anstehende Entwurf die Gebühren, zurzeit etwa 7,6 Milliarden Euro. Am Beispiel des Erwerbs der Rechte an der Champions-League (eines Fußball-Wettbewerbes) für 54 Millionen Euro zeigt er Kürzungsmöglichkeiten auf: „Nach meinen Vorstellungen sollte daher auch beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Kürzung von 15 Prozent vorgenommen werden, um die Bürger zu entlasten“.
Die Liberale sorgt sich auch um den Datenschutz. Die GEZ werde, etwas durch die Weitergabe von Daten über den Mieter durch den Vermieter, zu einer „Supermeldebehörde“.
Auch steuerrechtlich lässt der Jurist kein gutes Haar an dem von den Staatskanzleien der Ländern ausgehandelten Staatsvertragsentwurf: Es werde „fast keine Möglichkeit mehr geben, sich von der Gebühr befreien zu lassen. Damit mutiert die Gebühr zu einer faktischen Steuer.“ Das sei „rechtlich sehr bedenklich“.
Wie zu erwarten, nimmt sich die FDP auch den Sorgen der Unternehmen und des Mittelstandes an. Schon die grundsätzliche Idee, die Wirtschaft zu beteiligen, gefällt den Nordliberalen nicht: Es sei unverständlich, warum die Wirtschaft den öffentlichen Rundfunk finanzieren müsse. Aber auch bei an der praktischen Umsetzung sieht er Nachbesserungsbedarf: „Wir sollten die Wirtschaft nicht durch eine gesonderte Kfz-Abgabe zusätzlich belasten.“ Als „transparente und unbürokratische“ Alternative schlägt er einen „pauschalen Rundfunkbeitrag pro Betriebsstätte, mit dem auch die betrieblich genutzten Kfz abgegolten sind“, vor.
Mit Herrn Dr. Weichert und Prof. Dr Bull treffen morgen zwei Datenschützer zusammen, die den Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag höchst unterschiedlich bewerten. Daneben sind noch Vertreter der Gehörlosen-Verbände, des Dresdner Instituts für Medien, Bildung und Beratung, der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Landesverbände, der UV Nord, der IHK zu Kiel, des Einzelhandelsverband Nord, der Handwerkskammer Schleswig-Holstein, des NDR, der GEZ und kein Vertreter von Haus und Grund dabei.
Man kann wohl davon ausgehen, dass die Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss die Kritik bestätigen wird. Muss die FDP dann, um die Koalition zu wahren, von der heute aufgebauten Ablehnungshaltung abweichen? Da der Weg „Nachbesserung durch Nachverhandeln“ schon wegen der Kürze der Zeit (der Vertrag muss bis Ende 2011 ratifiziert sein) nicht realistisch ist, könnte eine möglichst zügige Evaluierung und Neuverhandlung des Staatsvertrages eine Lösung sein. Auch denkbar: Da von der SPD bislang stets zu hören war, dass man, trotz Kritik im Detail, an einer Zustimmung festhalte, um das schönste Geschenk, das uns die alliierten Siegermächte gemacht haben, nicht im Grundsatz zu gefährden, könnte eine partielle Rückkehr zur großen Koalition anstehen: Stimmten CDU und SPD dem Entwurf zu, wäre parlamentarisch genügend Platz für eine Ablehnung durch die FDP. Womit mal wieder bewiesen wäre: „Staatsvertrag sucks“.
> Es sei unverständlich, warum die Wirtschaft den öffentlichen Rundfunk finanzieren müsse.
Interessant, ich kenne Kubickis persönliche Haltung dazu nicht, aber generell möchte die FDP ja ein Leistungsschutzrecht, das bedeutet, die Wirtschaft finanziert auch noch die freie Presse. Wie paßt das eigentlich zusammen?
(Der Staatsvertrag ist natürlich großer Murks.)