ULD contra Facebook: der große Showdown blieb aus

Von | 7. September 2011

Am heu­ti­gen Mittwoch trat der Innen- und Rechtsausschuss des Kieler Landtags zusam­men, um unter ande­rem den ULD, reprä­sen­tiert durch Thilo Weichert, Sven Thomsen und Dr. Moritz Karg, und Facebook, reprä­sen­tiert durch Richard Allan (face­book poli­cy direc­tor für Europa, den nahen Osten und Afrika) in Begleitung von Frau Kirschsieper von face­book Deutschland, anzu­hö­ren.
Natürlich ging es dabei um die am 19.08.2011 vom ULD erho­be­nen Vorwürfe, face­book wür­de das schles­wig-hol­stei­ni­sche, deut­sche und euro­päi­sche Datenschutzrecht miss­ach­ten.

Der ULD hat­te „„alle Stellen in Schleswig-Holstein“ per Presseerklärung auf­ge­for­dert, ihre Fanpages bei Facebook zu löschen und Social-Plugins wie den „Gefällt mir“-Button auf ihren Webseiten zu ent­fer­nen. Diese Facebook-Dienste geben näm­lich Verkehrs- und Inhaltsdaten in die USA wei­ter. Zudem fin­de eine „qua­li­fi­zier­te Rückmeldung“ an den Betreiber über die Nutzung des Angebots, eine soge­nann­te „Reichweitenanalyse“, statt (die Begriffe „tracking“ oder „aus­hor­chen“ pas­sen auch).”, wie Swen Wacker noch am sel­ben Tag im Landesblog schrieb.

Der von eini­gen erwar­te­te Showdown blieb jedoch aus. Weichert und Allan hat­ten sich bereits vor der Sitzung des Ausschusses getrof­fen und in über 90 Minuten bereits Grundlegendes geklärt und sich mitei­an­der ver­traut gemacht.
Weichert trug zunächst eine zusam­men­ge­stauch­te Version sei­ner Analyse vor, Allan bezog dazu Stellung. Neue Erkentnisse wur­den dabei nicht ver­mit­telt.

Die gab es stel­len­wei­se in der ange­schlos­se­nen Fragerunde. So erklär­te Herr Allan, dass face­book sich sehr wohl der Animositäten der Deutschen in Bezug auf die Speicherung der IP-Adressen als per­so­nen­be­zo­ge­nes Datum bewusst sei. Deshalb wür­den die Datensätze deut­scher Nutzer alle­samt mit der exakt glei­chen IP-Adresse gespei­chert. Die Originaldaten wür­den nach 90 Tagen gelöscht, was er als „bran­chen­üb­lich” bezeich­ne­te. Auch wofür die­se Daten ver­wen­det wür­den erläu­ter­te­te Allan. Man benut­ze sie, um die die Performance der Plattform aus­zu­wer­ten und die Sicherheit zu erhö­hen.

Ebenfalls neu war sei­ne Stellungnahme zur Analyse des ULD an sich. Allan gab zu veste­hen, dass die tech­ni­sche Analyse des ULD kor­rekt, jedoch unvoll­stän­dig sei. Das läge jedoch nicht an Weichert und sei­nem Team, schließ­lich hät­te man face­book vor­her nicht gefragt und konn­te des­halb nicht wis­sen, was auf Seiten von face­book mit den Daten pas­siert.
Diese Lücken in der Analyse sei­en, so Allan wei­ter, mit Annahmen auf­ge­füllt wor­den. Diese Annahmen sei­en vor Allem eins: falsch. So sei zum Beispiel die Annahme, dass face­book über die Like-Buttons auf Webseiten Profile nicht ange­mel­de­ter Nutzer erstel­le genau so grund­le­gend für die Analyse Weicherts, wie sie falsch ist.

Allan wies dar­über hin­aus dar­auf hin, dass der Vertragspartner für deut­sche Kunden die iri­sche face­book euro­pe Ltd. sei, die unter der Aufsicht des obers­ten iri­schen Datenschützers stün­de, wobei Irland die EU-Richtlinien zum Datenschutz bereits voll­stän­dig imple­men­tiert habe. Überhaupt sei das Datenschutzrecht inner­halb der EU-Staaten wei­test­ge­hend iden­tisch. Die ein­zel­nen Gesetze wür­den sich nur in Nuancen unter­schei­den und man baue Seitens face­book dar­auf, dass sich die­ser Stand nach den anste­hen­den Tagungen in Brüssel zu die­sem Thema noch wei­ter ver­bes­sern wür­de.

Dr. Kai Dolgner (SPD) brach­te mit sei­ner Frage die „2-Klick-Lösung” des hei­se-Verlags ins Spiel und bat um Statements der bei­den Geladenen Vertreter des ULD und face­books zu die­ser Lösung.
Weichert bei­zei­ch­ne­te die­sen Ansatz als einen Schritt in die rich­ti­ge Richtung. Lösen wür­de dies aber nur etwa 50% des Problems, da eine umfas­sen­de Information des Users dar­über, wel­che Daten im Hintergrund ver­ar­bei­tet wür­den, wei­ter­hin feh­le. Nur so kön­ne über­haupt eine bewuss­te und rechts­wirk­sa­me Einwilligung sei­tens des jewei­li­gen Nutzers zu Stande kom­men.
Allan gab zu Protokoll, dass face­book den Like-Button nicht unnö­tig ver­kom­pli­zie­ren möch­te. Mehr als an einer „2-Klick-Lösung” sei man dar­an inter­es­siert, den bis­he­ri­gen Like-Button daten­schutzsrechts­kon­form zu gestal­ten.

Der Abgeordnete Jezewski (Linke) frag­te dann noch­mal direkt nach, ob face­book denn irgen­de­was mit den Daten der Nutzer tue, was die­se vor­her nicht in den AGB abge­nickt hät­ten.
Nach Ansicht face­books, so Allan, sei­en sowohl Fanpages als auch der Like-Button sehr wohl von der Privacy Policy abge­deckt. Überhaupt hät­te face­book eine der klars­ten und ver­ständ­lichs­ten AGB im Internet. Darüber hin­aus sei man gera­de dabei die Privacy Policy zu über­ar­bei­ten und noch bes­ser zu machen.

Am Ende wur­de für Tagesordnungspunkt ULD/​facebook etwa das Dreifache der ange­setz­ten Zeit benö­tigt. Zahlreiche Fragen blie­ben den­noch offen. So nahm zum Beispiel Weichert die Kritik Allans an sei­ner Analyse zur Kenntnis, wer­de aber wei­ter von der Richtigkeit eben jener Analyse aus­ge­hen, bis face­book das Gegenteil bele­gen wür­de.

Auch auf eine aus­führ­li­che schrift­li­che Stellungnahme face­books zu den Vorwürfen muss wei­ter gewar­tet wer­den. Allan hät­te die heu­ti­ge Sitzung abwar­ten wol­len und ver­sprach nun inner­halb einer Woche lie­fern zu wol­len. Es bleibt span­nend.

(Dieser Artikel ent­stand in Zusammenarbeit mit Malte Steckmeister, des­sen Mitschrift und Notizen ich dan­kens­wer­ter Weise nut­zen durf­te.)

Weiterführende Links:
https://landesblog.de/umdruck%2017_2684_Facebook.pdf
Sitzungsvorlage zum TOP „Datenschutzrechtliche Bewertung der Reichweitenanalyse durch Facebook”
https://www.datenschutzzentrum.de/presse/20110907-facebook-muss-sich-gewaltig-bewegen.htm
http://www.shz.de/nachrichten/top-thema/article//der-beginn-eines-dialoges.html
http://www.ndr.de/regional/schleswig-holstein/facebook541.html
http://www.ndr.de/wellenord/audio85351.html
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Facebook-vs-Datenschuetzer-Streit-um-Like-Button-geht-weiter-1338660.html

Von:

Sebastian Schack ist Fachinformatiker und studiert Politikwissenschaften an der Universität in Kiel. Er ist Mitveranstalter des Kieler BarCamps, twittert als @iSchack und betreibt ein eigenes Blog unter schacknetz.de. Sebastian Schack ist zahlendes, ansonsten aber weitgehend passives Mitglied der Piratenpartei.

4 Gedanken zu “ULD contra Facebook: der große Showdown blieb aus”:

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