Viel Kritik - keine Änderung: Anhörung zum GEZ-Staatsvertrag

Von | 9. September 2011

Und dann, steht auf dem vier­ten mei­ner Notizzettel, sag­te der Landtagsabgeordnete: „Das ist nun mal so, wenn man sich eini­gen muss“. Nein, muss man nicht, tut ihr auch nicht.Am Mittwoch (07. September 2011) hat der Innen- und Rechtsausschuss im Kieler Landtag in einer münd­li­chen Anhörung Vertreter des Datenschutzes, der Kommunen, der Gehörlosenverbände, der Wirtschaft und des NDR zum GEZ-Staastsvertrag ange­hört.

Die Anhörung begann spät. Kurzfristig zu spät, weil zuvor das Thema Facebook ein­ge­scho­ben wor­den war. Langfristig zu spät, weil eh nichts geän­dert wer­den kann.

Dem Kieler Datenschützer Dr. Thilo Weichert leuch­te­te nicht ein, was die Datensammelwut eigent­lich soll. Prof. Dr. Hans-Peter Bull, ehe­mals Bundesbeauftragter für den Datenschutz, wuss­te nicht, was an dem fak­ti­schen Aufbau einer zwei­ten Meldebehörde so schlimm sei, wo es doch um zen­tral wich­ti­ge Dinge wie den Gebühreneintrieb der öffent­lich-recht­li­chen Sender ging.
Die ehren­amt­li­chen Vertreter der Gehörlosenverbände ver­stan­den nicht, war­um sie drei Stunde war­ten muss­ten, bis sie mit ihrer über­zeu­gend vor­ge­tra­ge­ne Kritik an der Barrierearmut des NDR-Programms dem Sender ein Armutszeugnis aus­stel­len durf­ten.
Die Arbeitgeberverbände woll­ten nicht, dass die mit­tel­stän­dig gepräg­te Wirtschaft in Schleswig-Holstein über­mä­ßig belas­tet wird und zähl­ten reich­lich dra­ma­ti­sche Zahlenbeispiele auf.
Das Dresdner Institut für Medien, Bildung und Beratung hät­te es ganz anders gemacht.
Der NDR, der als ein­zi­ger nicht ver­stand, was es an dem wun­der­ba­ren Modell über­haupt zu kri­ti­sie­ren geben könn­te, sag­te auch was.
Und schließ­lich der GEZ-Vertreter, der sorg­fäl­tig vom Blatt ablas, dass der Mitarbeiterstamm der GEZ kurz­fris­tig von 1.150 auf 1.400 anschwel­len (um alle die neu­en Daten zu zäh­len und zu sor­tie­ren), dann aber auf 930 absin­ken wer­de (weil man ja nicht mehr die vie­len Geräten son­dern nur noch die Wohnungen und Betriebsstätten zäh­len müs­se).

So hat­ten alle ihre Bauchschmerzen und auch aus dem Kreis der Abgeordneten kam viel Verständnis für die Kritik. Ja, man hät­te das auch gern anders gehabt und Nein, im 16. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wer­de das nicht schon wie­der geän­dert, viel­leicht im 17., wenn nicht dazwi­schen kommt. Und es gibt ja eine Protokollerklärung Schleswig-Holsteins, in der ste­he, dass man das Ziel habe, dies oder das zu machen. Und man wer­de im Landtag eine Resolution ein­brin­gen, stre­cken­wei­se viel­leicht sogar ein wenig äußerst scharf for­mu­liert. Und dann wer­de man zustim­men. Aus Sachzwängen oder so?

Sicher, man kann das Gesetzgebungsverfahren in den Landtagen und Bundestages kri­ti­sie­ren und mehr fol­gen­rei­che Bürger- und Verbändebeteiligung und mehr Bereitschaft zum ech­te Zuhören ver­lan­gen. Aber im Vergleich zu Staatsverträgen sind die­se Verfahren schon heu­te Horte der bür­ger­na­hen Demokratie. Das Modell Staatsvertrag ist ein Auslaufmodell. Jugendmedienschutzstaatsvertrag, Glücksspielstaatsvertrag, De-Publizierungsstaatsvertrag, GEZ-Staatsvertrag – den Ministerpräsidenten gelingt es zuneh­mend nicht mehr, Regelwerke vor­zu­le­gen, die in der Mitte unse­rer Gesellschaft ankom­men. Zur Staffage degra­dier­te Landtagsabgeordnete las­sen sich am Nasenring durch die Manege zie­hen. Das führt zuneh­mend zu Unverständnis und Verdrossenheit. Die vom Osnabrücker Professor Ipsen im Rahmen der Enquete-Kommission nord­deut­sche Zusammenarbeit dis­ku­tier­te „Ständige Vertragskommission der Länder“ wür­de viel­leicht die Abgeordneten näher ein­bin­den. Da das aber kei­ne Rückkoppelung mit den Verbänden und Bürgern garan­tiert, kann das eher nach hin­ten los­ge­hen, weil es die Abgeordneten end­lich noch mehr in ihrem Abstimmungsverhalten bin­den könn­te.

Das ist nun mal so, wenn man sich eini­gen muss“? Nein, die Abgeordneten im schles­wig-hol­stei­ni­schen Landtag müs­sen sich nicht eini­gen, es gab näm­lich nichts zu ver­han­deln, es gibt kein Ergebnis, auf das man sich jetzt einigt. Sie win­ken durch. Sie dür­fen zustim­men. Und in einem Jahr wird dann die nächs­te Staatsvertragssau durch Dorf getrie­ben und das Spiel beginnt von vorn? Nein, es ret­tet auch nicht den öffent­lich-recht­li­chen Rundfunk, wenn mit Bauchgrimmen zuge­stimmt wird, was erkenn­bar feh­ler­be­haf­tet ist. Auf lan­ge Strecke gese­hen, scha­det es ihm eher.
Der Landtag kann aber auch ableh­nen. Schlimmes pas­siert dann nicht. Es pas­siert ein­fach nichts. Denn das neue Modell soll eh erst am 1. Januar 2013 in Kraft tre­ten. Es gibt also noch ein gan­zes Jahr, in dem sich die Gesellschaft eini­gen kann.

Von:

Swen Wacker, 49, im Herzen Kieler, wohnt in Lüneburg, arbeitet in Hamburg.

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