DEBATTE – Der SSW zu Facebook

Von | 12. Oktober 2011

Der Konflikt zwi­schen dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz (ULD) und Facebook um den „Gefällt-Mir-Button“ und Fanseiten hat zu kon­tro­ver­sen Diskussionen bei Parteien, Institutionen, Verbänden und Experten, aber auch auf Seiten der Besucher/-innen und Nutzer-/in­nen von Facebook geführt. 

Das Landesblog will nicht nur berich­ten, son­dern auch Platz für Debatten sein. Ich habe des­halb alle Parteien sowie eini­ge Verbände aus Schleswig-Holstein gebe­ten, uns ihre Sicht der Dinge zum Themenkomplex Facebook/​Datenschutz im Landesblog dar­zu­stel­len. Hier der Beitrag des SSW Schleswig-Holstein.

Weitere Artikel zu der Debatte um Facebook fin­den Sie hier.

Anke Spoorendonk ist Vorsitzende der SSW-Fraktion im Kieler Landtag. Der SSW ver­tritt die Interessen der däni­schen Minderheit in Schleswig-Holstein.

 

Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz ist die zustän­di­ge Aufsichtsbehörde für den Datenschutz in Schleswig-Holstein. Laut § 38 des Landesdatenschutzgesetzes nimmt das ULD sei­ne Aufgaben in Unabhängigkeit war. Nach der Änderung des Landesdatenschutzgesetzes im September die­ses Jahres ist das ULD damit auch nicht mehr dem Innenministerium unter­stellt, son­dern gemäß EuGH-Rechtsprechung völ­lig unab­hän­gig.

Die Unabhängigkeit des ULD muss aus Sicht des SSW berück­sich­tigt wer­den, wenn man sich zum Streit zwi­schen Datenschutzzentrum und Facebook äußert. Das ULD arbei­tet näm­lich unab­hän­gig und lässt sich — wie wir am Streit mit Facebook sehen kön­nen — auch nicht ein­schüch­tern. Das ist erst ein­mal gut so. 

Ohne Frage hat das ULD mit der Reichweitenanalyse gegen Facebook und der Androhung von Bußgeldern gegen schles­wig-hol­stei­ni­sche Homepage-Betreiber für einen Paukenschlag gesorgt. Allerdings muss in dem Streit dif­fe­ren­ziert wer­den zwi­schen der Auseinandersetzung zwi­schen ULD und Facebook und ULD und schles­wig-hol­stei­ni­schen Unternehmen. 

Facebook hat sich in Sachen Datenschutz und vor allem auch der Kritik an ihrer intrans­pa­ren­ten Datenverarbeitung bis­her wenig gesprächs­be­reit gezeigt. Durch den Paukenschlag des ULD ist es immer­hin zu ers­ten Gesprächen gekom­men. Diese haben aber noch nicht dazu füh­ren kön­nen, dass der Datenschutzbeauftragte Schleswig-Holsteins sei­ne Kritik an Facebook zurück genom­men hat. Die Datenschützer von Bund und Ländern haben sich der Kritik Thilo Weicherts ange­schlos­sen und eben­falls öffent­li­che Homepage-Betreiber zu einem zurück­hal­ten­den Umgang mit sozia­len Netzwerken wie Facebook auf­ge­for­dert. Es ist also nicht so, dass das ULD in sei­ner Kritik völ­lig iso­liert dasteht. 

Die Kritik von Herrn Weichert hat dazu geführt, dass schles­wig-hol­stei­ni­sche Unternehmen und Behörden den „Like-It“-Button von ihrer Homepage genom­men haben. Dies zeugt davon, dass das ULD ernst genom­men wird und nicht nur die Nutzer eine Verantwortung dafür tra­gen, wel­che Informationen sie über sich im Internet preis­ge­ben, son­dern auch die Unternehmen eine Verantwortung dafür tra­gen, an wen ihre Daten über­mit­telt wer­den. 

Der SSW ver­tritt die Meinung, dass der Datenschutz in sozia­len Netzwerken ver­bes­sert wer­den muss. Keiner von uns kann behaup­ten, dass er anhand von Facebooks Geschäftsbedingungen in vol­lem Umfang ver­stan­den hat, was mit den ein­ge­ge­be­nen Daten pas­siert. Geschweige denn, dass wir genau wis­sen, wel­che Daten über uns gespei­chert wer­den, die wir gar nicht ein­ge­ben. Der öster­rei­chi­sche Student Max Schrems hat mit der Anforderung sei­ner gesam­mel­ten Daten bei Facebook inter­es­san­te Ergebnisse dazu bekom­men. Demnach spei­chert Facebook nicht nur die von ihm ange­ge­be­nen Daten sei­nes Profils, son­dern dar­über hin­aus auch alle gelösch­ten Daten und auch Informationen, die Facebook durch Datenkombinationen erhält. 

Aus Sicht des SSW kön­nen wir nur mit Datenschutz die infor­ma­tio­nel­le Selbstbestimmung als hohes Gut der Informationsgesellschaft auf­recht erhal­ten. Informationelle Selbstbestimmung läuft auf Kommunikation hin­aus, die selbst­be­stimmt ist und die­se nicht ver­hin­dert. Selbstbestimmte Kommunikation kann aller­dings nur mög­lich sein, wenn der/​die Betroffene weiß, wel­che Rechte er/​sie hat und die­se auch wahr­neh­men kann. Die Datenverarbeitung muss also trans­pa­rent sein und das ist sie bei Facebook der­zeit nicht. Darüber hin­aus muss die Selbstbestimmung in der Hand der Nutzerinnen und Nutzer blei­ben. Diese müs­sen bestim­men kön­nen, wel­che Daten über sie im Netz zu fin­den sind oder nicht. Und wir brau­chen ein Recht auf digi­ta­les Vergessen. Wenn eine Nutzerin oder ein Nutzer ihre/​seine Daten löscht, müs­sen die­se auch weg sein. 

Aus Sicht des SSW ist die media­le Auseinandersetzung zwi­schen ULD und Homepage-Betreibern, die den „Like-It“-Button nicht run­ter­neh­men wol­len — hier ins­be­son­de­re die Staatskanzlei — völ­lig unsin­nig. Wir kön­nen nicht einen Landesdatenschutzbeauftragten demo­kra­tisch wäh­len und ihm den Auftrag geben, nicht nur in Sachen Datenschutz zu bera­ten, son­dern auch Beanstandungen aus­zu­spre­chen, um ihn anschlie­ßend in aller Öffentlichkeit zu erklä­ren, dass man sei­ne Arbeit nicht ernst nimmt und sie igno­riert. So geht man nicht mit einem Beauftragten des Landes um — schon gar nicht, wenn man der Ministerpräsident des Landes ist. Hier geht die Landesregierung mit sehr schlech­tem Beispiel in Sachen moder­ne Datenschutzpolitik vor­an. 

Wenn das ULD mit sei­nem Paukenschlag gegen Facebook einem moder­nen Datenschutz und einer kla­ren Rechtsprechung zur Verantwortlichkeit näher kommt, kann dies aus Sicht des SSW nur begrüßt wer­den. Es ist gut und rich­tig, dass wir einen Datenschutzbeauftragten haben, der infor­ma­ti­ons­hung­ri­gen Konzernen genau auf die Finger schaut. Dabei han­delt das ULD unab­hän­gig und ohne Einmischung der Politik. Und das ist auch gut so. 

Der SSW hat im Übrigen auf den aktu­el­len Konflikt damit reagiert, dass wir eine bereits erstell­te Facebook-Fanpage der Partei vor­erst nicht online gestellt haben.

Von:

Swen Wacker, 49, im Herzen Kieler, wohnt in Lüneburg, arbeitet in Hamburg.

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