Landtagsdebatte über Berliner Steuerpläne: verpasste Chance

Von | 17. November 2011

In der gest­ri­gen (16. November 2011) Landtagssitzung gab es eine aktu­el­le Stunde zu den Berliner Steuerplänen. Sie hat­te eigent­lich das Zeug zu einer gro­ßen poli­ti­schen Debatte. Eigentlich.   

Die Fraktionen von CDU und FDP sowie die Landesregierung blie­ben bei ihrer schon letz­te Woche ver­kün­de­ten Linie, über die das Landesblog berich­te­te. Finanzminister Wiegard, für den bis­lang die unum­stöß­li­che Regel galt, dass Schleswig-Holstein auf kei­nen Cent an Steuereinnahmen ver­zich­tet wer­den kön­ne, sieht trotz pro­gnos­ti­zier­ter 50 Millionen Euro jähr­li­cher Mindereinnahmen kei­nen Grund zur Ablehnung. Und das, obwohl er dar­auf hin­wies, das man „die­ses Problem [die Folgen der kal­te Progression] nicht iso­liert betrach­ten“ kön­ne. Es gebe näm­lich vie­le Baustellen im Steuerrecht: „Wir brau­chen ein schlüs­si­ges Gesamtkonzept für ein ein­fa­ches, gerech­tes und trans­pa­ren­tes Steuerrecht. Das kann man aber nicht in einer Legislaturperiode umset­zen.

Warum man dann aber einem im Schnellschuss kon­zep­ti­ons­los her­aus­ge­pick­ten Baustein im Bundesrat zustim­men soll, erklärt sich dadurch nicht. Zur Erinnerung: Das Bundesverfassungsgericht hat Korrekturen ange­mahnt, nicht aber Mindereinnahmen des Staates: die 50 Millionen Mindereinnahmen sind also nicht „alter­na­tiv­los“. Besonders, wenn der Wähler das nicht ein­mal mehr gou­tiert: Nach einer heu­te ver­öf­fent­lich­ten Forsa-Umfrage hal­ten selbst rund 60 Prozent der FDP-Sympathisanten Steuersenkungen der­zeit für unsin­nig. Wie es rhe­to­risch geschickt man es auch ver­pa­cken mag: Wenn man ver­fas­sungs­recht­li­che Vorgaben umsetzt und die Bürger des­halb weni­ger Steuern zah­len müs­sen – wie gerecht oder unge­recht das auch immer deren Verteilung sein mag –, dann ist das eine Steuersenkung.

Die Opposition nutz­te die Steilvorlage nur bedingt. Der Grüne Spitzenkandidat Robert Habeck benann­te zwar den Widerspruch, erging sich aber pha­sen­wei­se im klein-klein von Zahlen. Mit einer sol­chen Fülle an Euro-Beträgen je Rede-Minute brin­gen gemein­hin Finanzminister gan­ze Landeshaushalte in ers­ten Lesung ein. Für die SPD zeig­te Ralf Stegner zwar auf das zu erwar­ten­de Ergebnis „Steuern run­ter – Schulden rauf“, stell­te aber weder die Regierung anhand frü­he­rer, gegen­tei­li­ger Aussagen noch wider­leg­te er das längst von nie­man­den mehr ernst­haft geglaub­te ArgumentationsmusterSteuern sen­ken – Wachstum rauf  – Staatseinnahmen rauf“, dem er ledig­lich eine nur „auf den ers­ten Blick bestechen­de Logik“ attes­tier­te. 

So ver­geht Sitzungstag für Sitzungstag – und es steigt die Freude auf einen neu gewähl­ten Landtag, der mit begeis­tern­der Debatte wie­der Lust auf Politik ver­mit­telt.

Von:

Swen Wacker, 49, im Herzen Kieler, wohnt in Lüneburg, arbeitet in Hamburg.

Ein Gedanke zu “Landtagsdebatte über Berliner Steuerpläne: verpasste Chance”:

  1. Kai Dolgner

    und viel­leicht bekom­men wir wie­der CDU-Fraktionsvorsitzende, die sich trau­en, Zwischenfragen zuzu­las­sen. Ich woll­te ihn näm­lich ein­fach fra­gen, ob er mir ein Industrieland nen­nen kann, dass sich durch Steuersenkung n a c h h a l t ig ent­schul­det hat…Vielleicht hät­te es dar­auf ja eine gute Antwort gege­ben, die ich bloß nicht ken­ne…

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