Die Süddeutsche Zeitung hat heute – der Bericht ist online nicht zugänglich – von einem möglichen Ausschluss Schleswig-Holstein aus dem Deutschen Lotto- und Totoblock (DLTB) berichtet. So einfach scheint das aber nicht zu sein, die Drohung ist schon über ein Jahr alt und bislang nicht belegt.
Die Süddeutsche Zeitung hat heute – der Bericht ist online nicht zugänglich – von einem möglichen Ausschluss Schleswig-Holstein aus dem Deutschen Lotto- und Totoblock (DLTB) berichtet.
SPD-Oppositionsführer Ralf Stegner nimmt das sehr ernst und kennt die Beweggründe: Schleswig-Holsteins „unseriösen Alleingangs bei der Neuordnung des Glücksspiels“. Er kennt auch „fatale Folgen“ für die Schleswig-Holsteiner: Sie können seiner Meinung dann nach „nicht mehr am lukrativen bundesweiten Jackpot teilnehmen“ sondern müssten sich „mit kleinen Summen aus der schleswig-holsteinischen Nordwest-Lotto begnügen.“ Außerdem drohe für hunderte der „kleinen Laden- oder Kioskbetreiber, die auch Annahmestellen für Tippscheine sind“ der Verlust von Provisionen, das sei „existenzbedrohend“. Was, schlussfolgere ich, streng genommen dazu führen müsste, dass man in Schleswig-Holstein gar kein Lotto mehr spielen könnte – weil dazu braucht es ja Annahmestellen.
Auch Monika Heinold von der Grünen im Kieler Landtag ist besorgt um den Frieden: Die Reaktion des Lottoblocks zeige „erneut, welchen Unfrieden Schwarz-Gelb mit ihrem Alleingang gesät haben.“ Auch das Wohlfühl-BIP könne bedroht sein: „Das Glücksspiel wird dem Land kein Glück, sondern viel Ärger bringen“.
Hans-Jörg Arp, weitgereister Handlungsreisender der CDU-Fraktion in Sachen Glücksspiel, bleibt locker. „Mit dieser Prüfung droht der Lottoblock seit mehr als einem Jahr. Selbst auf wiederholte Aufforderung sah sich der Lottoblock allerdings nicht in der Lage, dafür eine Rechtsgrundlage vorzuweisen“, erklärt er. Sein liberaler Koalitionskollege und rechtskundige Spezialexperte Wolfgang Kubicki ergänzt: „Es gibt keine Rechtsgrundlage“. Der FDP-Fraktionschef kennt die wahre Absicht: „Mit dieser offenkundig leeren Drohung will der Lottoblock lediglich die Menschen in Schleswig-Holstein verunsichern“.
Kurzer Faktencheck: Die Schleswig-Holsteinische Lottogesellschaft ist ist privatrechtlich organisiert, heißt NordwestLotto Schleswig-Holstein GmbH & Co. KG, hat ihre Rechtsgrundlage im Landesrecht und hat mit den anderen Lotteriegesellschaften der Länder, ebenfalls überwiegend privatrechtliche Organisationen, einen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen. Sie bilden zusammen den Deutschen Lotto- und Totoblock, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
Das neue Glücksspielgesetz garantiert (§ 6ff), dass Lotto weiterhin in einem staatlichen Monopol veranstaltet wird, Nordwestlotto ist im Gesetz als Veranstalter festgeschrieben.
Ich kenne den Gesellschaftsvertrag nicht, kann mir aber nur schwer vorstellen, welche Klausel dort stehen sollte, die eine rechtlich tragbare Kündigung des Vertrages rechtfertigt. Die Voraussetzung „einheitlicher Staatsvertrag aller Ländern“ steht in dem Vertrag sicher nicht drin. Eine Änderung des Landesrechts, die Dinge berührt, die nichts mit Lotto zu tun haben, kann deshalb m.E. nicht ohne Weiteres ein Grund zur Kündigung sein. Schließlich ist es auch im Eigeninteresse des Lottoblocks, dass sein Angebot in ganz Deutschland angeboten wird.
Andererseits ist der Präsident des Blocks, der Bayer Erwin Horak, dadurch aufgefallen, dass er in Interviews gegen Schleswig-Holsteins Glücksspielinitiative agitierte. In der Tat drohte er schon vor einem Jahr mit dem Ausschluss Schleswig-Holstein. In der Anhörung zum Glücksspielgesetz in Kiel wiederholte er seine Behauptung, konnte sie aber nicht belegen. Zudem war zu lesen, dass der erste Entwurf des Glücksspielstaatsvertrags wesentlich auf den Ideen des Lottoblocks fußte, der sich mit dem neuen Staatsvertrag die Konkurrenz von Halse halten wollte – angesichts des Rückgangs beim immer altbackener wirkenden Lotto, dem seit Jahren die junge Generation zunehmend die kalte Schulter zeigt, eine nachvollziehbare aber kaum tragbare Argumentation.
Man kann vielleicht mit guten Gründen gegen die in Schleswig-Holstein von der CDU-FDP-Koalition betriebene Regulierung des bislang ungehemmt wachsenden Online-Glücksspiels sein. Man kann aber auch weiterhin die Augen einfach zumachen und verbieten, was sich nicht verbieten lässt. Man kann auch weiterhin glauben, dass Lotto so attraktiv sei, dass es die fünf Millionen Online-Poker-Spieler, die es in Deutschland geben soll, alsbald wieder in die Lottoannahmestellen treibe. Man kann auch, sicher nicht zu Unrecht, den handelnden Koalitionspolitikern vorwerfen, dass sie mit ihrer Nähe zu den Glücksspielveranstaltern den Eindruck erweckt haben, nicht immer unabhängig gehandelt zu haben. Aber man kann nicht durch unbelegte Behauptungen Ängste schüren – indem Mitbürgerinnen und Mitbürger pauschal zu Geldwäscherinnen und Geldwäscher erklärt werden oder ihnen mit dem Wegfall des Lottojackpots gedroht wird. Wenn das die einzigen Argumente gegen das Glücksspielgesetz sind, dann ist das ärmlich.