Heiße Luft oder Ernst: Kein Lotto-Jackpot mehr in Schleswig-Holstein?

Von | 9. Dezember 2011

Die Süddeutsche Zeitung hat heu­te – der Bericht ist online nicht zugäng­lich –  von einem mög­li­chen Ausschluss Schleswig-Holstein aus dem Deutschen Lotto- und Totoblock (DLTB) berich­tet. So ein­fach scheint das aber nicht zu sein, die Drohung ist schon über ein Jahr alt und bis­lang nicht belegt.

Die Süddeutsche Zeitung hat heu­te – der Bericht ist online nicht zugäng­lich –  von einem mög­li­chen Ausschluss Schleswig-Holstein aus dem Deutschen Lotto- und Totoblock (DLTB) berich­tet.

SPD-Oppositionsführer Ralf Stegner nimmt das sehr ernst und kennt die Beweggründe: Schleswig-Holsteins „unse­riö­sen Alleingangs bei der Neuordnung des Glücksspiels“. Er kennt auch „fata­le Folgen“ für die Schleswig-Holsteiner: Sie kön­nen sei­ner Meinung dann nach „nicht mehr am lukra­ti­ven bun­des­wei­ten Jackpot teil­neh­men“ son­dern müss­ten sich „mit klei­nen Summen aus der schles­wig-hol­stei­ni­schen Nordwest-Lotto begnü­gen.“ Außerdem dro­he für hun­der­te der „klei­nen Laden- oder Kioskbetreiber, die auch Annahmestellen für Tippscheine sind“ der Verlust von Provisionen, das sei „exis­tenz­be­dro­hend“. Was, schluss­fol­ge­re ich, streng genom­men dazu füh­ren müss­te, dass man in Schleswig-Holstein gar kein Lotto mehr spie­len könn­te – weil dazu braucht es ja Annahmestellen.

Auch Monika Heinold von der Grünen im Kieler Landtag ist besorgt um den Frieden: Die Reaktion des Lottoblocks zei­ge „erneut, wel­chen Unfrieden Schwarz-Gelb mit ihrem Alleingang gesät haben.“ Auch das Wohlfühl-BIP kön­ne bedroht sein: „Das Glücksspiel wird dem Land kein Glück, son­dern viel Ärger brin­gen“.

Hans-Jörg Arp, weit­ge­reis­ter Handlungsreisender der CDU-Fraktion in Sachen Glücksspiel, bleibt locker. „Mit die­ser Prüfung droht der Lottoblock seit mehr als einem Jahr. Selbst auf wie­der­hol­te Aufforderung sah sich der Lottoblock aller­dings nicht in der Lage, dafür eine Rechtsgrundlage vor­zu­wei­sen“, erklärt er. Sein libe­ra­ler Koalitionskollege und rechts­kun­di­ge Spezialexperte Wolfgang Kubicki ergänzt: „Es gibt kei­ne Rechtsgrundlage“. Der FDP-Fraktionschef kennt die wah­re Absicht: „Mit die­ser offen­kun­dig lee­ren Drohung will der Lottoblock ledig­lich die Menschen in Schleswig-Holstein ver­un­si­chern“.

Kurzer Faktencheck: Die Schleswig-Holsteinische Lottogesellschaft ist ist pri­vat­recht­lich orga­ni­siert, heißt NordwestLotto Schleswig-Holstein GmbH & Co. KG, hat ihre Rechtsgrundlage im Landesrecht und hat mit den ande­ren Lotteriegesellschaften der Länder, eben­falls über­wie­gend pri­vat­recht­li­che Organisationen, einen Gesellschaftsvertrag abge­schlos­sen. Sie bil­den zusam­men den Deutschen Lotto- und Totoblock, eine Gesellschaft bür­ger­li­chen Rechts.

Das neue Glücksspielgesetz garan­tiert (§ 6ff), dass Lotto wei­ter­hin in einem staat­li­chen Monopol ver­an­stal­tet wird, Nordwestlotto ist im Gesetz als Veranstalter fest­ge­schrie­ben.

Ich ken­ne den Gesellschaftsvertrag nicht, kann mir aber nur schwer vor­stel­len, wel­che Klausel dort ste­hen soll­te, die eine recht­lich trag­ba­re Kündigung des Vertrages recht­fer­tigt. Die Voraussetzung „ein­heit­li­cher Staatsvertrag aller Ländern“ steht in dem Vertrag sicher nicht drin. Eine Änderung des Landesrechts, die Dinge berührt, die nichts mit Lotto zu tun haben, kann des­halb m.E. nicht ohne Weiteres ein Grund zur Kündigung sein. Schließlich ist es auch im Eigeninteresse des Lottoblocks, dass sein Angebot in ganz Deutschland ange­bo­ten wird.

Andererseits ist der Präsident des Blocks, der Bayer Erwin Horak, dadurch auf­ge­fal­len, dass er in Interviews gegen Schleswig-Holsteins Glücksspielinitiative agi­tier­te. In der Tat droh­te er schon vor einem Jahr mit dem Ausschluss Schleswig-Holstein. In der Anhörung zum Glücksspielgesetz in Kiel wie­der­hol­te er sei­ne Behauptung, konn­te sie aber nicht bele­gen. Zudem war zu lesen, dass der ers­te Entwurf des Glücksspielstaatsvertrags wesent­lich auf den Ideen des Lottoblocks fuß­te, der sich mit dem neu­en Staatsvertrag die Konkurrenz von Halse hal­ten woll­te – ange­sichts des Rückgangs beim immer alt­ba­cke­ner wir­ken­den Lotto, dem seit Jahren die jun­ge Generation zuneh­mend die kal­te Schulter zeigt, eine nach­voll­zieh­ba­re aber kaum trag­ba­re Argumentation.

Man kann viel­leicht mit guten Gründen gegen die in Schleswig-Holstein von der CDU-FDP-Koalition betrie­be­ne Regulierung des bis­lang unge­hemmt wach­sen­den Online-Glücksspiels sein. Man kann aber auch wei­ter­hin die Augen ein­fach zuma­chen und ver­bie­ten, was sich nicht ver­bie­ten lässt. Man kann auch wei­ter­hin glau­ben, dass Lotto so attrak­tiv sei, dass es die fünf Millionen Online-Poker-Spieler, die es in Deutschland geben soll, als­bald wie­der in die Lottoannahmestellen trei­be. Man kann auch, sicher nicht zu Unrecht, den han­deln­den Koalitionspolitikern vor­wer­fen, dass sie mit ihrer Nähe zu den Glücksspielveranstaltern den Eindruck erweckt haben, nicht immer unab­hän­gig gehan­delt zu haben. Aber man kann nicht durch unbe­leg­te Behauptungen Ängste schü­ren – indem Mitbürgerinnen und Mitbürger pau­schal zu Geldwäscherinnen und Geldwäscher erklärt wer­den oder ihnen mit dem Wegfall des Lottojackpots gedroht wird. Wenn das die ein­zi­gen Argumente gegen das Glücksspielgesetz sind, dann ist das ärm­lich.

Von:

Swen Wacker, 49, im Herzen Kieler, wohnt in Lüneburg, arbeitet in Hamburg.

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