Noch steht die eine oder andere Antwort auf eine Kleine Anfrage aus. Aber im wesentlichen können wir Bilanz ziehen.
Die Abgeordneten, so heißt es in unserer Landesverfassung im Artikel 10 Absatz 2: „haben das Recht, im Landtag (…) Anträge zu stellen“. Adressat der Anträge ist nicht allein das Parlament. Adressat ist auch, für die Opposition vielleicht sogar in erster Linie, die Regierung. Gesetzesinitiativen und Anträge der Abgeordneten werden als verteilt. Die Anträge, Dringlichkeitsanträge, Änderungsanträge, Kleinen Anfragen, Großen Anfragen, Gesetzentwürfe oder Wahlvorschläge der Abgeordneten heißen Drucksachen. Sie sind ein gutes Kriterium, um die Arbeit des Parlamentes – besonders seiner Abgeordneten – zu dokumentieren.
Die nachfolgende Tabelle zeigt, wie häufig die Abgeordneten in dieser Legislaturperiode eine Initiative (Anträge, Dringlichkeitsanträge, Änderungsanträge, Kleine Anfragen, Große Anfragen, Gesetzentwürfe oder Wahlvorschläge) im Schleswig-Holsteinischen Landtag ergriffen hat. Die Daten wurden am Abend des 2. Mai 2012 dem Landtagsinformationssystem (LIS-SH) entnommen. Hat eine Drucksache mehrere Absender (z.B. 17/1520), schreibt das LIS-SH sie beiden genannten Abgeordneten zu.
Abgeordnete, die Minister sind (Peter Harry Carstensen, Dr. Heiner Garg, Dr. Ekkehard Klug, Klaus Schlie, Rainer Wiegard) sowie den Landtagspräsidenten Torsten Geerdts habe ich außen vor gelassen. Von ihnen sind keine Tätigkeiten als Abgeordnete zu erwarten (was bei den Ministern in meinen Augen ein weiterer deutlicher Hinweis darauf ist, endlich mit der Unsitte, Abgeordnete zugleich Minister sein zu lassen, aufzuhören. Allein der Gedanke, dass es möglich sein soll, beiden Ämtern gerecht zu werden, verhöhnt die Arbeit der Abgeordneten).
Ebenfalls nicht berücksichtigt habe ich Abgeordneten, die nur kurze Zeit im Landtag vertreten sind oder waren (Christina Musculus-Stahnke (1 Antrag), Dr. Jörg Nickel (2), Jette Waldinger-Thiering (0)) sowie die leider verstorbene Silke Hinrichsen (24).
Woran man bei der Bewertung denken sollte:
- „Viele“ Drucksachen muss nicht gleichbedeutend mit „guten“ Drucksachen sind. Aber es hinterlässt einen Eindruck.
- Mitglieder kleinerer Fraktionen werden tendenziell häufiger initiativ werden als Mitglieder größerer Fraktionen.
- Manche Abgeordnete konzentrieren sich auf Spezialthemen, die mal häufiger, mal seltener Gegenstand von Beratungen sind.
- Oppositionsabgeordnete werden häufiger aktiv als Abgeordnete der Mehrheitsfraktionen. Letztere mögen vielleicht häufiger feststellen, dass die Arbeit der Regierung schon ihren Vorstellungen entspricht. Dennoch: auch Abgeordnete der Mehrheitsfraktionen tun gut daran, ihre Arbeit zu dokumentieren und nicht ausschließlich in „Hinterzimmern“ zu erledigen. Das gebietet der Grundsatz der Gewaltenteilung, der Anstand, der Wunsch nach Transparenz und — nicht zuletzt — die vielen Beispiele in der parlamentarischen Geschichte, wo Abgeordnete (wegen der engen Verbundenheit zu „ihrer“ Region) das Vorhaben einer Regierung aus anderer, vielleicht sogar: besserer, Warte betrachten und Änderungen erwirkt haben.
Wenn, wie oben schon erwähnt, eine Drucksache ein gutes Kriterium ist, um die Arbeit der Abgeordneten zu dokumentieren, dann ist keine Drucksache auch eine klare Aussage.
Update: In der Tabelle hatte ich zunächst die Zahlenwerte der Abgeordneten Detlev Mathiessen Grüne) und Markus Mathießen (CDU) vertauscht. Die Zahl ist nun (4. Mai, 14:20 Uhr) korrigiert.
Drucksachen der 17. Wahlperiode, sortiert nach MdL (Stand: 02. Mai 2012)
Das mit dem abgeordnet sein und gleichzeitig Minister/in als Problem verstehe ich nicht. Wenn man mal das System einfach mal so nimmt, wie es ist, dann erfüllen Minister ja gewisse repräsentative Aufgaben und sollen die grobe Richtung der Ministerien vorgeben. Ich finds eher problematisch, wenn Leute Minister werden, die nicht einmal demokratisch ins Parlament gewählt wurden. Die haben dann ja quasi null Legitimation überhaupt im Sinne der Bürger tätig zu werden. Wenn die dann einfach nur vom Ministerpräsidenten ernannt werden und vom Parlament bestätigt — da könnte man ja gleich die Regierungsführung an Bertelsmann outsourcen. Oder warum nicht gleich Wahlen abschaffen.
Vielleicht hilft es Dir, wenn Du Dich ein wenig mit dem Prinzip der Gewaltenteilung auseinandersetzt. Es gibt dazu recht gute Artikel, auch bei Wikipedia.
In unserer Landesverfassung hört sich das so an: „Der Landtag ist das vom Volk gewählte oberste Organ der politischen Willensbildung. Der Landtag wählt die Ministerpräsidentin oder den Ministerpräsidenten. Er übt die gesetzgebende Gewalt aus und kontrolliert die vollziehende Gewalt.”
Es ist offensichtlich, dass die Kontrolle, die die gesetzgebende Gewalt über die vollziehende Gewalt ausüben soll, eingeschränkt ist, wenn Personenidentität herrscht. Stell Dir eine Regierung mit einer Einstimmenmehrheit, einzelne Wahlkreisabgeordnete sind zugleich Minister/in). Man braucht nicht viel Phantasie, um sich Interessenkonflikte auszumalen, wenn die Regierung ein Gesetz auf den Weg bringen will.