Die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr nennen wir „zwischen den Jahren“, auch wenn uns der ursprüngliche Grund abhandengekommen ist. Der Landtag könnte sich eine Zwischenzeit nicht erlauben, demokratischen Gremien müssen möglichst immer funktionsfähig sein. Tatsächlich sehen wir in den nächsten Wochen sogar zwei parallele Welten.
DIE 17. LEGISLATURPERIODE DAUERT NOCH AN.
Der „alte“ Petitionsausschuss tagte gestern (8. Mai) – und wird dies am 22. Mai wieder tun.
Der ausscheidende Landtagspräsident Torsten Geerdts hat noch einen „normalen“ Terminkalender: Öffentlich interessant sind seine Teilnahme am 14. Mai am Landesentscheid im Vorlesewettbewerb oder der Besuch des Tag der offenen Tür im PARITÄTISCHEN Schleswig-Holstein am 23. Mai.
Die Fraktion der Linken, die den Wiedereinzug ins Parlament nicht geschafft, muss derweil ihre Sachen packen und ihre Räume räumen. Mitnehmen darf sie natürlich nicht alles: die angeschafften Einrichtungsgegenstände der Fraktion verbleiben im Landtag.
Die Piraten haben ab Donnertag schon mal ein wenig Raum im Landeshaus – und helfen den Linken bestimmt beim Packen.
DIE ABGEORDNETEN DER 18. LEGISLATURPERIODE TRUDELN EIN
Die Abgeordneten der 18. Legislaturperiode müssen der Landeswahlleiterin bis zum 18. Mai verbindlich mitteilen, dass sie das Mandat annehmen. Das wird schon keiner vergessen, denn erst dann gibt es auch Diäten.
Offensichtlich haben die Abgeordneten von SPD und CDU das schon alle gemacht. Denn sonst wäre die Wahl von Ralf Stegner (SPD) und Johannes Callsen (CDU) zum Vorsitzenden ihrer Fraktionen ein bisschen nicht richtig.
Die Parteien schreiben sich derweil Briefe und laden sich zu Sondierungsgesprächen ein. Die Einladung der CDU will anscheinend nicht mal die FDP richtig lesen, sie ließ schon vorher verlauten, dass sie keine Notwendigkeit sieht, was auszuloten. Und SPD und Grüne werden den Schrieb bestenfalls auf Wiedervorlage legen. Zunächst mal wird die NRW-Wahl abgewartet (warum überhaupt – glaubt da jemand etwa, dass eine dortige „echte“ Ampel auf Schleswig-Holstein ausstrahlen könnte?), dann wird losverhandelt.
PARTEITAGE BESTÄTIGEN DIE KOALITIONSVEREINBARUNG AM 9. JUNI
Anscheinend sind sich die Parteien sicher, dass sie bis zur Konstituierung des Landtages am 5. Juni (diesen Termin schreibt die Verfassung vor) nicht mit dem Verhandeln fertig sein werden. Denn die Parteitage von SPD, Grünen und SSW, auf denen die Ergebnisse von den Delegierten bestätigt werden sollen, sind für den 9. Juni geplant. Der SSW trifft sich vormittags in Flensburg; Grüne und SPD in Neumünster, die Genossen in den Holstenhallen, die Bündnisgrünen in der Jugendherberge im Kiek in!
KONSTITUIERENDE LANDTAGSSITZUNG AM 5. JUNI
Am 5. Juni ist dennoch was zu tun im Landtag. Eröffnet wird die Sitzung durch den Alterspräsidenten Wolfgang Kubicki. Danach wird die Wahl und Vereidigung der Landtagspräsidentin oder des Landtagspräsidenten erfolgen. Die anschließende Verpflichtung der Abgeordneten durch die Präsidentin / den Präsidenten hat nur deklaratorischen Charakter. Der Landtag gibt sich anschließend eine Geschäftsordnung und wird dann, der Geschäftsordnung folgend, die Vizepräsidentinnen oder der Vizepräsidenten und weiterer Mitglieder des Sitzungspräsidiums wählen.
WAHL DES MINISTERPRÄSIDENTEN AM 12. JUNI
Die nun üblicherweise erfolgende Wahl des Ministerpräsidenten und (nach der Mittagspause) Vorstellung und Vereidigung der Landesministerinnen und der Landesminister findet erst am 12. Juni statt. Für den 12. und 13. Juni ist die erste, ausnahmsweise nur für zwei Tage vorgesehene, reguläre Sitzung des Landtages geplant.
Am 14. Juni spätestens wird der neue MP dann seinen ersten großen Auftritt haben, wenn es für ihn zur Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder und Besprechung mit der Bundeskanzlerin nach Berlin geht.
GERÜCHTEKÜCHE
Natürlich gibt es auch schon fröhlich Gerüchte über den zukünftigen Zuschnitt der Ministerien und die Namen der Minister. Auch für den Landtagspräsidenten werden Namen „fallen gelassen“. Aus alter Tätigkeit im Büro des damaligen Finanz- und Energieministers Claus Möller kann ich mich an die Verhandlungen zur Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und Grüne erinnern und bin mir deshalb sicher, dass sich diese Gerüchte in den nächsten Wochen noch 20mal ändern werden, wenigstens. Die Kulturtechnik, in solchen Verhandlungen möglichst filigrane große Pakete andauernd auf und dann wieder zu zu schnüren, umfasst auch Personalpakete. Wer jetzt die Namen seiner ärgsten Konkurrenten nennt, schafft es vielleicht, diese so auszubooten.
SSCHLANKER VERTRAG?
Da fällt mir was ein: Bitte, macht keinen Koalitionsvertrag mit 12.000 Worten und 10 Kapiteln, der später andauernd im Weg rumsteht, wenn mal wieder alle anders kommt. Es reicht eine Präambel, in der ihr euch die Richtung vorgebt, eine Abschnitt, in dem die Regeln der Zusammenarbeit und die Konfliktlösung zwischen den drei Partner geregelt werden und legt zum Schluss meinethalben noch fest, wer welches Ressort bekommt. Aber all der andere Krams kommt eh.
Ich denke schon, dass eine Koalition gerade für die strittigen Themen ein Verfahren vorgeben sollte, da auch dieser Vertrag wohl die Vereinbarung enthalten wird, dass die Partner nur gemeinsam abstimmen werden. Zumindest die Haltung zur Fehmarnbelt-Querung, zur Westküstenautobahn und zur konkreten Ausgestaltung der Haushaltskonsolidierung fallen mir dort sofort ein. Bestimmt gibt es noch weitere Themen. Möchte man für später größere Auseinandersetzungen in der Koalition vermeiden, wäre es schon günstig, vorher zumindest den gemeinsamen Umgang mit diesen Themen zu vereinbaren. Denn es ist nicht eben unüblich, dass die Opposition versuchen wird, genau an diesen Punkten einzelne Regierungsparteien anhand ihrer Wahlaussagen zu stellen und einen Keil zwischen die Koalitionspartner zu treiben.
Bei den unter den Koalitionären strittigen Themen stehen dann die berühmten politikverdrossen machenden Formelkompromissformulierungen. Da kann man sich sparen, außer man ist ehrlich und sagt: Bei dem und dem Theman suchen sich die Koalitionäre eigene Mehrheiten. Es ist wie in einer Ehe, da gibt es einen konsensualen Kernbereich aber keine Regelung zur Frage gemeinsamen Kinobesuche.
»Das kann man sich sparen, außer man ist ehrlich und sagt: Bei dem und dem Thema suchen sich die Koalitionäre eigene Mehrheiten.«
Das würde ich wirklich gern sehen, getrennt abstimmende Koalitionsfraktionen. Das würde einigen Beobachtern und Mitbewerbern bestimmt den Tag retten. :)
Also wir rufen dann immer den Eheausschuss an ;-)
Kleine Ergänzung: Die Eltern des Landeswahlgesetzes haben an „vergessliche Abgeordnete” gedacht. Wer sich nicht wehrt, bekommt automatisch das Mandat. Diese fiktive Annahmeerklärung findet sich in § 41a Satz 4
„Gibt die oder der Gewählte bis zum Ablauf der gesetzlichen Frist keine oder keine schriftliche Erklärung ab, so gilt die Wahl zu diesem Zeitpunkt als angenommen.”
Ich bitte darum, den sog .‚Koalitionsvertrag’ nicht so zu nennen. Denn es handelt sich um eine schlichte formlose Vereinbarung, die in keiner Weise formal einklagbar ist.
Also nix, was man Vertrag nennen dürfte…
Ja, das ist wichtig und richtig. Ich werde Anfang der nächsten Woche, wenn die Koalitionsverhandlungen beginnen, über den Verlauf solcher Verhandlungen, die Ziele der Verhandelnden und die (Nicht)Bedeutung von Koalitionsverträgen in einem gesonderten Artikel berichten.
Vielen Dank!