Was Wahlergebnisse mit Open Data zu tun haben

Von | 9. Juni 2012

Das Statistikamt Nord hat die end­gül­ti­gen Ergebnisse der Schleswig-Holsteinischen Landtagswahl vom 6. Mai 2012 ver­öf­fent­licht.

in einem knapp 60 Seiten star­ken Bericht, der als PDF-Dokument zur Verfügung steht, wer­den neben dem detail­lier­ten Landesergebnis auch Einzelergebnisse für die Wahlkreise, die Kreise und kreis­frei­en Städte sowie für aus­ge­wähl­te Städte und Gemeinden prä­sen­tiert. Vergleiche zur Landtagswahl 2009 wer­den eben­so gezo­gen wie län­ger­fris­ti­ge Trends. In einer Anlage fin­den wir die Ergebnisse der Berechnung der Sitzverteilung nach Sainte-Laguë.

Unter der Adresse www.landtagswahl-sh.de steht eine inter­ak­ti­ve Anwendung zur Verfügung, mit der man unter ande­rem Ergebnisse für ein­zel­ne Gemeinden aus­wäh­len, Vergleiche zur Vorwahl dar­stel­len oder gra­fi­sche Abbildungen zur Stimmenverteilung anzei­gen kann.

Weitere Tabellen, zum Beispiel mit den Ergebnissen aller 2.584 Wahlbezirke, ste­hen auf der Webseite des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein zu Verfügung.

Im Koalitionsvertrag heißt es

Wir wer­den die bestehen­de E-Government-Infrastruktur und das „Schleswig-Holstein Gate way“ so erwei­tern, dass es als Open Data Portal einen zen­tra­len Zugang zu Verwaltungsprozessen und -daten ermög­licht.

In der Anlage (die nach eige­nem Bekunden eben­falls „Beschlusslage für unse­re zukünf­ti­ge Arbeit“ sein soll) heißt es:

Wir stel­len mög­lichst vie­le Daten der öffent­li­chen Verwaltung in offe­nen, stan­dar­di­sier­ten Formaten für jeden kos­ten­frei zur Verfügung. Hierzu wer­den wir das Informationszugangsgesetz, das Landesverwaltungsgesetz und die E-Government-Richtlinie anpas­sen.

Messen wir die­se Veröffentlichung an dem gesteck­ten Zielen (und ver­nach­läs­si­gen wir die Kritik, dass es m.E. außer einem Schwall wol­ki­ger Worte kei­ne bestehen­de E-Government-Infrastruktur in Schleswig-Holstein gibt und mir ein erwei­ter­ba­res Schleswig-Holstein Gate way nicht bekannt ist — so sieht das Hamburg Gateway aus), dann fällt posi­tiv auf, dass das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein die Zahlenreihen nicht nur als pdf-Datei son­dern auch als .xls bzw. .csv-Format anbie­tet. Die bei­den letz­te­ren Formate ermög­li­chen eine rei­bungs­lo­se­re Übernahme von Daten zur wei­te­ren Bearbeitung. Das ist gut.

Damit Daten anschau­lich prä­sen­tiert – oder mit ande­ren Daten ver­knüpft wer­den kön­nen, ist jedoch auch auf das mit­ge­lie­fer­te Kartenmaterial zu ach­ten.

Michael Neutze von http://vis.uell.net/ hat in sei­nem Blog bei sei­nen Vorarbeiten für den Wahlatlas Schleswig-Holstein 2012 bemerkt:

Aus Gründen des Copyrights konn­te das Shapefile von Statistik-Nord nicht ver­wen­det wer­den, wes­halb ich die Wahlkreisgrenzen mit Inkscape aus der von der Landeswahlleiterin ver­öf­fent­lich­ten PDF Version extra­hiert und für die Bildschirmdarstellung noch etwas wei­ter ver­ein­facht habe.

Es ist auf­grund der Koalitionsvereinbarung nötig, dass die Schleswig-Holsteinische Verwaltung das zur Verfügung gestell­te Kartenmaterial hin­sicht­lich der erho­be­nen Urheberrechte kri­tisch hin­ter­fragt. Zudem soll­te das Kartenmaterial in Formaten zur Verfügung gestellt wer­den, die es auch durch­schnitt­lich begab­ten Bloggern ermög­li­chen, Karten und Daten mit­ein­an­der zu ver­bin­den.

Wir kön­nen gespannt sein, ob es der neu­en Landesregierung schon für die Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein am 26. Mai 2013 gelingt wird, Verbesserungen zu errei­chen.

Von:

Swen Wacker, 49, im Herzen Kieler, wohnt in Lüneburg, arbeitet in Hamburg.

4 Gedanken zu “Was Wahlergebnisse mit Open Data zu tun haben”:

  1. Wolfgang Ksoll

    Der §5 des UrhG zur amt­li­chen Werken ist eigent­lich klar:
    „(1) Gesetze, Verordnungen, amt­li­che Erlasse und Bekanntmachungen sowie Entscheidungen und amt­lich ver­faß­te Leitsätze zu Entscheidungen genie­ßen kei­nen urhe­ber­recht­li­chen Schutz.”

    Wieso dann eine Behörde für eine Bekanntmachung „Landtagswahlkreise 2012
    Wahlkreiseinteilung gemäß Bekanntmachung der Landeswahlleiterin vom 27. Mai 2011 (GVOBl. Schl.-H. S. 14″ mar­ken­recht­li­chen Schutz nach „Copyright” for­dert scheint sehr ent­ar­tet.

    Die neue Regierung soll­te klar stel­len, dass Open Data von S-H-Behörden immer amt­li­che Bekanntmachungen nach §5 Abs 1 sind und Ausflüchte in unkla­re Rechtslagen („Copyright”, CC) unter­sa­gen und ahn­den.

    Die Ausführungen zu dem Schleswig-Holstein Gate kann ich mich nur anschlies­sen. Weiterhin wird gegen Art 8 der EU-Dienstleistunsgrichtlinie ver­sto­ßen, dass EU-Ausländer sich ein­fach und online infor­mie­ren kön­nen sowie ihre Anträge online stel­len kön­nen. Beim Gate muss man sich vor der Information regis­trie­ren und in Kiel scheint kei­ne Gewerbe-Online-Anmeldung mög­lich und ist kein Verweis auf den Einheitlichen Ansprechpartner: http://www.kiel.de/rathaus/service/_leistung.php?id=8938634

    Die Koalitionsvereinbarung scheint mir merk­wür­dig mut­los. Man will den Datenschutzbeauftragten als Gestalter mit an Bord haben? Leute, die Bürger vor der Verwaltung neu­tral schüt­zen sol­len, sol­len als Manager mit­ge­stal­ten? Absurd. Hat denn Thilo Weichert end­lich ver­öf­fent­licht, was er vor einem drei­vier­tel Jahr über die rechts­wid­ri­ge Verwendungen des Bundestrojaners und sei­ner Derivate erfah­ren hat, oder wird die Lüge auf­recht erhal­ten, dass man für 20.000 € eine ganz indi­vi­du­el­le Softwareentwicklung inkl. Hardware und Services gekauft habe? Mir scheint ein sol­cher Datenschützer wenig geeig­net, die Bürger vor dem Staat zu schüt­zen.

    Jeder zwei­te Beitrag beim ULD beschäf­tigt sich mit Facebook, was Weichert auf der letz­ten Sommerakademie mit sei­nem par­tei­po­li­ti­schen, anti­ame­ri­ka­ni­schen Kampf gegen Obama begrün­det hat (https://www.datenschutzzentrum.de/sommerakademie/2011/sak2011-weichert-eroeffnungsrede.pdf), aber zu mut­maß­li­chen, rechts­wid­ri­gen Übergriffen der S-H Behörden, die er beauf­sich­ti­gen soll, schweigt er nach­hal­tig.

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  2. Swen Wacker

    Karten unter­lie­gen m.W.n. nur dann § 5 UrhG, wenn sie in einer amt­li­chen Bekanntmachung ver­öf­fent­licht wur­den. Ich neh­men an, dass der dahin­ter lie­gen­de Grund der hohe Aufwand ist, der mit dem Erstellen der Karte ver­bun­den ist. Karten sind ja längst kei­ne Pinselstriche mehr son­dern Datenbanken im Sinn des § 87a UrhG. Ich bin gespannt, ob und wie die neue Landesregierung sich der Sache annimmt.

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    1. Wolfgang Ksoll

      Die Rechtssprechung, die amt­li­che Bekanntmachungen zuun­guns­ten der Bürger ein­schrän­ken will, wie es für Bodenrichtwerte z.B. auch gemacht wur­de, hal­te ich für falsch. Zum einen ist eine amt­li­che Bekanntmachungen nicht wegen des Aufwandes her urhe­be­rechts­frei oder nicht, son­dern der Sache wegen. Gesetze zu pro­du­zie­ren braucht oft erheb­lich mehr Aufwand als eine pis­se­li­ge Karte. Trotzdem sind Gesetze urhe­ber­rechts­frei. Wie auch amt­li­che Bekanntmachungen.

      http://www.telemedicus.info/urteile/Urheberrecht/667-BGH-Az-I-ZR-18503-Bodenrichtwertsammlung-kein-amtliches-Werk.html

      Zudem hat der BGH bei den Bodenrichtwerten auf §5 Abs 2 abge­ho­ben udn nicht auf Absatz 1. Dann führt der BGH aus:
      „Hersteller einer Datenbank ist nach § 87a Abs. 2 UrhG, wer die Investitionen nach § 87a Abs. 1 UrhG vor­ge­nom­men hat. ”

      Und wer hat die Investitionen in die Karten vor­ge­nom­men? Die pri­vat­wirt­schaft­li­chen Eigentümer des Statistischen Landesamtes oder die Bürger mit ihren Steuern? Dieser Irrglauben hat schon Jahrzehnte Zeit gekos­tet, auch in S-H, in den Geodateninitiativen, weil man geglaubt hat, man kön­nen mit der von den Steuerzahlern bezahl­ten Arbeit noch ein­mal zusätz­lich absah­nen. Diese Initiativen auf Basis von Irrlehre sind total geschei­tert.

      Wenn man hier nicht gna­den­los dem §5 UrhG zur Entfaltung ver­hilft, dann kann man alle zar­ten Open Data Initiativen gleich in die Tonnen tre­ten, da man dann der Verwaltung wei­ter­hin erlaubt, sich in der Trutzbrug vor dem Bürger zu ver­ste­cken (zum Schaden der Bürger oder des Souveränds, wie man ger­ne ver­fas­sungs­recht­lich sagt):
      http://wk-blog.wolfgang-ksoll.de/2012/02/26/e-government-in-der-trutzburg-das-rheingold/

      http://e-konsultation.de/opengov/text/9/lizenzierung-nutzungsbestimmungen-lizenzen-legen-fest-welche-nutzung

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  3. Michael Neutze

    Vielen Dank, dass das Thema hier noch ein­mal auf­ge­nom­men wird, denn im Bereich Geodaten geht es wirk­lich nur lang­sam vor­an. OpenData wird ger­ne als Bereitstellen von .csv Datensätzen betrach­tet, was natür­lich schon mal bes­ser ist als PDF oder Papier, aber eben auch nur ein Anfang.

    Mit Geodaten meint man nach wie vor Geld „ver­die­nen” zu kön­nen und die Landtagswahlkreise wer­den meist anders als die Wahlergebnisse behan­delt, weil Teile ihrer Grenzen admi­nis­tra­ti­ve Grenzen sind (Landkreise, kreis­freie Städte, Gemeinden), für die anders­wo Geld bezahlt wer­den muss.

    Wie frag­wür­dig das gan­ze ist, kann man an der Diskussion über die Verträge zwi­schen Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) und der Fa. Google sehen, die trotz Informationsfreiheitsgesetz nur sehr stark geschwärzt offen gelegt wur­den
    https://fragdenstaat.de/anfrage/vertrag-mit-google-ireland-limited-bzgl-digitalen-orthophotos/
    http://landkartenindex.blogspot.de/2012/05/verschleuderte-das-bundesamt-fur.html

    Konkret zur Copyrightregelung, die dem Shapefile der Karte der Landtagswahlkreise Schleswig-Holstein 2012 bei­lag. Shapefile ist das Standarformat für Geographische Informationssysteme. Im Gegensatz zur Landtagswahl NRW steht die­se Datei nicht im Internet zur Verfügung. Auf Nachfrage per E-Mail wur­de ich um ein Telefonat gebe­ten, in dem ich gefragt wur­de, was ich denn mit der Karte anzu­stel­len geden­ke. Schließlich wur­de mir das Shapefile mit fol­gen­der Copyright Information zuge­sandt:

    © Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein 2011
    Alle Rechte blei­ben vor­be­hal­ten. Die gelie­fer­ten Layer dür­fen nicht an Dritte wei­ter­ge­ge­ben oder ver­öf­fent­licht wer­den. Der Datenempfänger ist berech­tigt, die Daten für inter­ne Zwecke wei­ter zu bear­bei­ten. Soweit dar­aus resul­tie­ren­de Ergebnisse ver­öf­fent­licht wer­den sol­len, bedarf dies der Zustimmung des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein.

    Dieses Copyright ist doch mehr als merk­wür­dig. Ein Abdrucken der Karten mit Wahlergebnissen z.B. in einer Zeitung müss­te damit also vor­her von der Behörde geneh­migt wer­den und es ist völ­lig unklar, ob man sich auch die Farben und Klassengrenzen für die Wahlergebnisse ein­zel­ner Parteien geneh­mi­gen las­sen muss oder ob es nur etwa dar­um geht, wenn man Helgoland aus Layoutgründen woan­ders hin­plat­ziert.

    Unkompliziert ist jeden­falls anders und des­halb darf mein Lieblingsbeispiel nicht feh­len: Selbst das Umweltbundesamt, dem es doch etwas leich­ter fal­len soll­te, von einer ande­ren Bundesbehörde Daten zu erhal­ten, hat für sein Schadstoffkataster das Kartenmaterial von OpenStreetMap ver­wen­det
    http://www.prtr.bund.de

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