"Darüber wollen wir öffentlich aber nicht reden"

Von | 20. Juni 2012
Foto: Rainer Sturm / pixelio.de

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Die Diskussion über die Vertraulichkeit der Sitzungen des Ältestenrates des Schleswig-Holsteinischen Landtages gewinnt an Fahrt.

Die Präsidentin oder der Präsident des Landtages hat sich, wenn zum Beispiel der Entwurfs des Haushaltsplanes des Landtages fest­zu­stel­len oder Entscheidungen hin­sicht­lich der Verhaltensregeln für die Abgeordneten zu tref­fen sind, mit dem Ältestenrat „ins Benehmen“ zu set­zen. Außerdem fin­den Präsident/-in und Fraktionen in des­sen Sitzungen ihr Einvernehmen über den Arbeitsplan des Landtages im Allgemeinen oder dem Sitzungsablauf im Besonderen. Er ist also, was in der Enquete-Kommission „Verfassungs- und Parlamentsreform“ Ende der 1980er durch­aus umstrit­ten war, kein Beschlussorgan. Er gibt Empfehlungen, die von Landtag ange­nom­men wer­den — oder nicht.

Dass sei­ne Protokolle nicht ver­öf­fent­licht wer­den, hat fast nie jeman­den gestört. Das mag auch dar­an lie­gen, dass der Inhalt der Protokolle auf der nach unten offe­nen Spannungsskala nicht sehr weit oben ran­giert. Nur ein­mal, als es Ende 1990 in den poli­ti­schen Schlagabtausch pass­te – der dama­li­ge Fraktionsvorsitzende der SPD, Gert Börnsen hat­te im Ältestenrat etwas zu sei­nem im Landtag gemach­ten Rassismusvorwurf in Richtung der CDU gesagt – wur­de ein Protokoll mal reagie­rend (in Zeitungen war schon dar­aus berich­tet wor­den) ver­öf­fent­licht.

Das Protokoll der ers­ten Sitzung des Ältestenrates der jet­zi­gen Legislaturperiode hat, wie der Abgeordnete der Piratenfraktion Patrick Breyer im Fraktionsblog der Piraten ges­tern (19.06.2012) ver­öf­fent­lich­te, fol­gen­den Wortlaut:

1. Ablauf der 2. Tagung des Landtags

Der Ablauf der Tagung sowie die Reihenfolge der Tagesordnungspunkte mit den ange­mel­de­ten Redezeiten wer­den erör­tert und ein­ver­nehm­lich fest­ge­legt.

2. Personalangelegenheiten

Der Ältestenrat erör­tert meh­re­re Personalangelegenheiten.

Zu Punkt Verschiedenes liegt nichts vor.

In frü­he­ren Protokollen mag auch mal mehr gestan­den haben. Aber so rich­tig mag es dem Beobachter des par­la­men­ta­ri­schen Geschehens nicht ein­leuch­ten, was an wirk­lich „gehei­men“ oder „ver­trau­li­chen“ Dingen in den Protokollen ste­hen könn­te. Aufmerksame Zuhörer der Parlamentsdebatten – zuletzt etwa bei Äußerungen von Ralf Stegner anläss­lich der Abschiedsrede des schei­den­den Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen – bekom­men schnell mit, wor­über man im Ältestenrat, manch­mal aus prag­ma­ti­schen Gründen an der Geschäftsordnung vor­bei, Einvernehmen erzielt hat. Die Bemühungen, die Vereinbarungen gleich­wohl ver­trau­lich zu hal­ten, pro­du­zie­ren schon mal lus­ti­ge Formulierungen:

Landtagspräsident Torsten Geerdts Richtung Ralf Stegner:
„Das war ein Beitrag zur Aktuellen Stunde, genau­so wie Ihr ers­ter Beitrag ein Beitrag zur Aktuellen Stunde war. Darauf haben wir uns zu Beginn die­ser Sitzung ver­stän­digt. Ich erin­ne­re gern auch an die Sitzung des Ältestenrats. Darüber wol­len wir öffent­lich aber nicht reden.“

Foto: Rainer Sturm / pixelio.de

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Hier wird deut­lich, wor­um es geht: Verlässlichkeit der Absprache. Das ist aber zunächst kei­ne Frage der Vertraulichkeit son­dern des Vertrauens. Das im Hinterkopf, kommt man nicht der Frage vor­bei, ob sich der Landtag tak­tisch einen Gefallen tut, wenn er jetzt einen Glaubenskrieg wegen der Vertraulichkeit der Sitzungen des Ältestenrates ris­kiert. Nun mag man den Piraten ent­ge­gen­hal­ten kön­nen, dass das Wohl und Wehe des Parlamentarismus nicht an der Frage der Öffentlichkeit die­ser Protokolle hängt. Das soll­te aber eben auch Grund und Anlass für den Landtag und sei­nen Fraktionen sein, locker zu blei­ben und sou­ve­rän das bis­he­ri­ge Verhalten zu über­den­ken.

Von:

Swen Wacker, 49, im Herzen Kieler, wohnt in Lüneburg, arbeitet in Hamburg.

Ein Gedanke zu “"Darüber wollen wir öffentlich aber nicht reden"”:

  1. Chris

    Eben. Ich fin­de, dass das eine Scheindebatte ist, die von den wirk­lich wich­ti­gen poli­ti­schen Fragestellungen ablenkt. Vertraulichkeit kann je nach Notwendigkeit ver­ein­bart wer­den, und gut ist…

    Reply

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