Denke ich an Geldwäsche, dann assoziiere ich damit Einnahmen aus Drogenhandel, Waffenhandel und Steuerhinterziehung. Dann fallen mir Schurkenstaaten wie die Cayman Islands, Nigeria oder die Schweiz ein. Dann denke ich an die Mafia, al-Qaida oder Rockerbanden.
Woran ich nicht denke: Bundestagsabgeordnete, Verfassungsrichter und die Freundin des Ministers. An die sollte ich aber denken. Denn in diesen Kreisen lauert Gefahr – sagt das Geldwäschegesetz!
Das Geldwäschegesetz beschäftigt sich mit den erhöhten Risiken hinsichtlich der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung und folgt damit einer Richtlinie der Kommission. Banken oder Lebensversicherer haben „zusätzliche, dem erhöhten Risiko angemessene verstärkte Sorgfaltspflichten zu erfüllen.“ Und was wird an erster Stelle als Fingerzeig für erhöhtes Risiko genannt?
Nur eine der folgenden vier Antworten ist richtig.
A) Vorsitzende eines Chapters der Hells Angels
B) Leitende Mitarbeiter einer Bank mit Filialen in einem Schurkenstaat
C) anerkannte Unterstützer und Förderer der Idee des Terrorismus
D) politisch exponierte Personen
D) ist die richtige Antwort.
Und deshalb habe ich in den letzten Tagen einen Brief erhalten, indem mein Lebensversicherer mir mitteilt:
Das Geldwäschegesetz verpflichtet uns als Lebensversicherungsunternehmen festzustellen, ob unsere Versicherungsnehmer „politisch exponierte Personen“ sind. „Politisch exponiert“ ist eine Person, wenn sie entweder selbst ein wichtiges öffentliches Amt auf nationaler oder internationaler Ebene ausübt bzw. ausgeübt hat oder ein ihr nahe stehendes Familienmitglied ein solches Amt ausübt.
Sollten Sie eine „politisch exponierte Person“ sein, bitten wir Sie, uns das bequem im Online-Verfahren auf unserer Internetseite www.debeka.de, Rubrik „Service“ unter Formulare mitzuteilen. Dort erfahren Sie auch mehr über die Hintergründe und die Frage, wer eine „politisch exponierte Person“ ist.
Manchmal bringt nicht mal nachhaltiges Hände-vor-das-Gesicht-schlagen noch Erleichterung. Was für eine Selbstwahrnehmung als Abgeordneter der Deutschen Bundestages oder als Mitglied der Kommission der Europäischen Gemeinschaften muss ich eigentlich haben, um mich selbst als erhöhtes Risiko einzustufen? Beruht das auf Selbstreflexion? Dann muss man sich aber bitte nicht mehr wundern, wenn „die Massen“ Politiker für korruptionsanfällig halten.
„Politisch exponiert ist eine Person, wenn sie entweder selbst ein wichtiges öffentliches Amt (…) ausübt bzw. (…) eine ihr bekanntermaßen nahestehende Person diese Voraussetzungen erfüllt.“ heißt es hier.
Uff: „bekanntermaßen“ Dann können ja alle glücklich sein und sich zurücklehnen, die ihre Beziehung zu einer Abgeordneten oder einem Minister fieserweise geheim halten. Erst wenn eine Zeitung das Verhältnis ans Licht der Öffentlichkeit zerrt, muss man ganz schnell – seiner Versicherung was beichten und sich hier outen:
Vom Datenschutz mal ganz zu schweigen.
Artikelfoto: Claudia Hautumm / pixelio.de
Bei DRadio Wissen gab es am 21.12.2011 ein interessantes Gespräch mit Oliver Keller von World Check. Das Unternehmen World Check schätzt für Banken ein, wie riskant sogenannte „politisch exponierte Personen” als Kunden sind.
Das kann man nachhören, wenn man wissen will, was passiert, nachdem man das Kreuzchen gemacht hat: http://kfrng.de/fyk8f