Vertretungs-Feuerwehr - echte Nothilfe oder Symbolpolitik?

Von | 4. November 2013
knipseline / pixelio.de

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Unterrichtsausfall und befris­te­te Angestelltenverträge für Lehrer waren zwei der viel­dis­ku­tier­ten Themen der letz­ten Wochen im Bildungsbereich. Nun scheint sich etwas zur Besserung der Lage zu bewe­gen, denn Bildungsminsterin Wende kün­dig­te ver­gan­ge­ne Woche an, dass mit­hil­fe von neun Millionen Euro aus Zensusmitteln und einem ent­spre­chen­den Maßnahmenpaket die Schulen im Land dazu befä­higt wer­den sol­len, dass sich die Unterrichtsversorgung vor Ort ver­bes­sert. Das besag­te Maßnahmenpaket besteht aus fünf Bereichen.

1. Zusätzliche Stellen

Mit Hilfe der finan­zi­el­len Ressourcen, die sich durch die Zensusmittel erge­ben, sol­len inner­halb der kom­men­den zwei Jahre 75 zusätz­li­chen Lehrerstellen geschaf­fen wer­den. Hiermit will man vor allem eine Abdeckung der Mangelfächer gewähr­leis­ten sowie eine Abwanderung von gut aus­ge­bil­de­ten Fachleuten in Mangelfächern ver­hin­dern, die sich in ande­re Bundesländern ori­en­tie­ren, da sie in Schleswig-Holstein kei­ne fes­te Anstellung fin­den.

2. Mobile Vertretungsfeuerwehr

Mit Hilfe von Mitteln aus dem Vertretungsfonds sol­len für ganz Schleswig-Holstein etwa 80 Lehrkräfte als mobi­le Vertretungsfeuerwehr ein­ge­setzt wer­den. Für die­se Tätigkeit wer­den sie vom Land fest ange­stellt und fun­gie­ren in ihrem jewei­li­gen Kreis oder den kreis­frei­en Städten als Springer. Sobald eine regu­lä­re Planstelle durch Pensionierung frei wird, haben die­se Springer dann die Chance auf eine die­ser Stellen ein­ge­setzt zu wer­den. Für die Kreise und kreis­frei­en Städte ent­fal­len somit etwa fünf bis sechs Springer.

3. Vorausschauende Personalplanung

Des Weitern sol­len 45 Stellen aus dem Vertretungsfonds finan­ziert wer­den, mit deren Hilfe die Versorgung in Mangelfächern ver­bes­sert wer­den soll. Für die betref­fen­den Kollegen heißt das, dass sie vor­erst unbe­fris­tet ange­stellt wer­den und dann eben­falls auf eine durch Pensionierung frei wer­den­de Stelle wech­seln kön­nen.

4. Senior-Lehrkräfte

Interessierte Senior-Lehrkräfte erhal­ten die Möglichkeit, sich auf eine Liste set­zen zu las­sen, um dann im Falle von Vertretungsengpässen in ihren Fächern an Schulen ein­ge­setzt zu wer­den und die Unterrichtsversorgung mit zu tra­gen.

5. Bessere Erfassung der Unterrichtsausfälle

Bisher wur­den Unterrichtsausfälle mit Hilfe des Programms ODIS (Online Datenbank — Informationssystem Schulen) erfasst, wel­ches nicht alle Fehlstunden ver­läss­lich doku­men­tier­te, des­halb wird ab dem zwei­ten Halbjahr PUSH (Portal zur Unterrichtserfassung in Schleswig-Holstein) ein­ge­setzt, das dif­fe­ren­zier­ter dar­über Auskunft geben soll, wel­che Stunden nicht erteilt wer­den konn­ten bzw. inwie­weit sie ver­tre­ten wur­den.

Dieses Maßnahmenpaket wird jedoch auch kri­tisch gese­hen, denn die Löcher im Vertretungsfonds ent­stan­den erst durch eine Umschichtung von Mitteln, bei der unter ande­rem die­ser Fonds gekürzt wur­de, sodass es bei vor­aus­schau­en­der Planung offen­sicht­lich gewe­sen wäre, dass die Mittel dann nicht für das gesam­te Kalenderjahr rei­chen. Ebenfalls frag­lich ist, ob die alte Regelung in Bezug auf Vertretungskräfte bestehen bleibt, nach der es erst nach drei Wochen eine Vertretung von 50 Prozent gab. Heike Franzen, bil­dungs­po­li­ti­sche Sprecherin der CDU for­mu­liert es sehr tref­fend mit den Worten: „Eine Feuerwehr, die nach drei Wochen kommt, nützt nichts.”. Darüber hin­aus kann man kri­tisch sehen, dass zwar ein Teil der bis­her befris­tet ange­stell­ten Lehrkräfte nun eine Chance auf Entfristung bekom­men, aber es sich dabei nur etwa um 10 Prozent der Betroffenen han­delt. Diese sol­len außer­dem die Befähigung haben, Mangelfächer zu unter­rich­ten, was sich als schwie­rig gestal­ten wird, da es kaum befris­tet ange­stell­te Lehrkräfte mit Mangelfächern gibt, zumin­dest ist es in Stellenausschreibungsverfahren äußerst schwie­rig Mangelfachkollegen anzu­zie­hen, da sie zum einen rar gesät sind und Schulen ihre weni­gen unbe­fris­te­ten Stellen natür­lich auf Mangelfächer aus­schrei­ben.

Für die Betroffenen an der Basis ist dem­nach schwer ein­zu­schät­zen, ob die­ses Maßnahmenpaket merk­ba­re Besserungen mit sich brin­gen wird oder ob es sich her­bei nur um soge­nann­te Symbolpolitik han­delt.

In jedem Fall posi­tiv anzu­mer­ken ist, dass sich in Sachen Lohndumping etwas getan hat, denn aus Lübeck und Kiel berich­te­ten Kollegen davon, dass sie von ihren Schulämtern kon­tak­tiert wur­den, damit die Änderung ihrer Verträge rück­wir­kend abge­wi­ckelt wer­den kann.

 

Von:

Melanie Richter lebt seit mehr als 20 Jahren in Kiel, ist parteilos, seit 2010 Mitglied im Verein für Neue Medien Kiel e.V. und arbeitet in einer Kieler Gemeinschaftsschule.

2 Gedanken zu “Vertretungs-Feuerwehr - echte Nothilfe oder Symbolpolitik?”:

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  2. Niny

    Wie immer gut geschrie­ben! Du bringst Licht in die­ses gan­ze Wirr Warr, wel­ches aus mei­ner Sicht mehr Schein als Sein ist! Liebste Grüüüße

    Reply

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