Identitätsdiebstahl - Wer bin ich?

Von | 30. Mai 2014

Social Engineering: Ein kopiertes Facebook-Profil als Schlüssel zu Informationen

Der Identitätsdiebstahl der Landtagsabgeordneten Sandra Redmann auf Facebook wird in den Medien viel­fach dis­ku­tiert. Kommentatoren for­dern här­te­res Durchgreifen, einen ver­bes­ser­ten Verbraucherschutz oder mehr Rechte für die Polizei. Doch das Problem sitzt vor dem Bildschirm.

Der Trick ist denk­bar ein­fach: Eine Person voll kri­mi­nel­ler Energie nutzt alle frei ver­füg­ba­ren Informationen, die auf einem Facebook-Profil ein­seh­bar sind, und erstellt eine Kopie davon. Das sel­be Profilfoto, das sel­be Cover, die sel­be Arbeitsstelle. Dann schickt er den Freunden der kopier­ten Person Freundschaftseinladungen mit einer Lüge wie: „Ich habe das Passwort zu mei­nem alten Profil ver­lo­ren, hier nun mein neu­es.” Wenn die­se die Einladung ange­nom­men haben, beginnt der Spaß erst rich­tig. Man erfragt bei­spiels­wei­se Handynummern der Freunde. Und nutzt die­se dann, um Zugang zu wei­te­ren Seiten oder Bezahlsystemen (Zong o.ä.) zu bekom­men. Das ist dann aber auch nur mög­lich, wenn die Kriminellen PINs an die Handynummern der neu gewon­ne­nen Freunde sen­den las­sen und die­se dann bei denen abfra­gen. So pas­sier­te es der Landtagsabgeordneten Sandra Redmann. Erst als Freunde bei der rea­len Frau Redmann nach­hak­ten, was denn die vir­tu­el­le Frau Redmann so trei­be, flog die Masche auf. Die Ermittlungen lau­fen nun, der Schaden ist bis­her nicht abzu­schät­zen. Auch Landesblogger Chris Schmidt wur­de von der fal­schen Frau Redmann kon­tak­tiert und beschreibt sei­ne Erlebnisse hier.

Kommentatoren (bei­spiels­wei­se in den Kieler Nachrichten) for­der­ten nun län­der­über­grei­fen­de Gesetze, die die Betreiber der betrof­fe­nen Seiten dazu ver­pflich­ten sol­len, Daten der Betrüger schnel­ler her­aus­zu­ge­ben. Denn die Ermittlungsarbeit der Polizei wäre nicht all zu schwer, sofern Sie denn Daten wie die IP (die auf Facebook zuge­grif­fen hat und das Profil anleg­te) oder die Bankdaten (auf die das über Paypal gestoh­le­ne Geld über­wie­sen wur­de) zur Verfügung hät­te. Solche Forderungen sind natür­lich ver­ständ­lich (und sinn­voll), aber die­nen nur der Nachverfolgung, nicht Verhinderung sol­cher Betrügereien. Denn sie hel­fen nicht dabei, das Kernproblem zu bekämp­fen: Die Leichtgläubigkeit und das tech­ni­sche Unverständnis vie­ler Menschen.

Wer für „Nicht-Freunde” vie­le Informationen auf Facebook preis­gibt, han­delt fahr­läs­sig. Arbeitgeber, Beziehungsstatus, Ausbildungsstätte, Urlaubsfotos und Freundesliste frei ein­seh­bar? Schon in den Händen von Mark Zuckerberg, Marketingfirmen und Geheimdiensten sind die­se Informationen nicht gut auf­ge­ho­ben, wie wir seit Edward Snowden wis­sen. Man muss aber kein Hacker oder Geheimdienstler sein, um per „Rechtsklick — Speichern unter…” die Kinderfotos eines offen ein­seh­ba­ren Profils zu ergat­tern. Und auch wer Freundschaftseinladungen von Unbekannten annimmt (was bei Landtagsabgeordneten sicher­lich häu­fi­ger pas­siert, als bei Privatpersonen), soll­te zumin­dest eine wei­te­re Privatsphärenstufe ein­rich­ten. Denn bei Facebook ist es durch­aus mög­lich, Informationen vor flüch­ti­gen Bekanntschaften zu ver­ber­gen, selbst wenn die­se mit einem befreun­det sind. Einen Guide dazu bie­ten Facebook und mimi­ka­ma.

Genau die glei­che Schuld trifft übri­gens die „Freunde”. Jemanden erst über ein sozia­les Netzwerk die Handynummer mit­zu­tei­len, und dann eine auf die eige­ne Nummer gesen­de­ten PIN oben­drauf, zeugt von geball­ter Naivität. Kein Gesetz der Welt kann ver­hin­dern, dass so etwas pas­siert. Hierfür Bedarf es Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger durch Politik, Medien und Bildungseinrichtungen.

Weiterführende Links: 

Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz infor­miert Betroffene, wie sie wei­ter vor­ge­hen kön­nen:
https://www.datenschutzzentrum.de/faq/persoenlichkeitsrechte.htm

 

 

Von:

Ende 20, Politikwissenschaftler, Archäologe, Redakteur, Fotograf und Social Media Manager. Wohnt in Kiel, lebt im Internet, kommt aus Flensburg. Gehört keiner Partei an. Mag neben Politik und Medien alles was blinkt oder salzig schmeckt.

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