Amerikanische Anti-Fracking-Aktivisten / https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.de
Dieser Tage übertrumpfen sich gerade Politik und Organisationen damit, wer am meisten gegen Fracking ist. Bundesumweltministerin Hendricks (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Gabriel (SPD) wollen das „unkonventionelle Fracking” verbieten. Umweltminister Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) geht das nicht weit genug. Und auch Campact darf da nicht fehlen, wo viele Leute aufgebracht sind. Eigentlich gibt es niemanden, der dazu keine Meinung hat und eigentlich sind alle dagegen. Aber um was geht es da eigentlich?
Es gab mal eine Zeit, da war „Erdgas” so eine Art Öko-Energie. Man konnte ab und zu Autos sehen, auf dem ein Aufkleber sagte: „Ich fahr mit Erdgas”. 1995 zum Beispiel stellten die Basler Verkehrs-Betriebe ihre Bus-Flotte auf Erdgas um. Und „Der Gemeinderat” berichtet, dass Deutschlandweit ca. 1500 solcher Busse im Einsatz sind: „Der Ausstoß von Stickoxid, Ruß und anderen Partikeln werde bei Erdgas nahezu vermieden, heißt es in einem Gutachten der Unternehmensberatung Pricewaterhouse-Coopers (PwC), das für die Energieversorgungsinitiative Erdgas mobil ‚die nachhaltigen wirtschaftlichen Aspekte der Umrüstung auf den alternativen Erdgas-Antrieb’ beleuchtet.”
Warum ist die Erdgasförderung jahrzehntelang in Deutschland gar kein Thema und sogar ein positiv besetztes Thema gewesen. Und warum ist es das nicht mehr? Henning Baethke von shz.de erklärt:
„Beim Fracking wird mit Chemikalien versetztes Wasser mit hohem Druck in die Erde gepresst, um den Weg für Bohrungen freizumachen. Während beim seit Jahrzehnten üblichen Fracken nach konventionellen Öl- und Gasvorkommen nur senkrecht tief nach unten gebohrt wird, ist das Fördern von unkonventionellen Schiefergasen aufwendiger und erfordert auch waagerechte Bohrungen und mehr Energie und Chemie. Gegner befürchten dadurch Gefahren fürs Trink- und Grundwasser.”
Aha! Man bohrt jetzt auch waagerecht. Das ist natürlich schlimm. Naja, gut, da steht auch noch etwas von Chemikalien und wir haben alle diese Videos von brennenden Wasserhähnen in Fracking-Gebieten gesehen. Das will natürlich tatsächlich niemand. Aber warum brennt mein Wasser zu Hause nicht, wenn hier schon so lange Gas gefördert wird?
Konventionelles Fracking
Soweit ich das verstehe gibt es konventionelle und unkonventionelle Gaslagerstätten. Konventionell sind grob gesagt unterirdische Gasblasen. Da reicht es mehr oder weniger, wenn man ganz mechanisch die Blase ansticht. Wenn man dann Wasser in den Hohlraum laufen lässt, entweicht das Gas nach oben — Hydraulic Fracturing aka „Fracking”. Das ist wohl die Art, wie man sich klassische Gasförderung vorstellt und wie es wohl bisher auch schon seit 1961 in Deutschland vor allem in Niedersachsen gemacht wird.
Dabei wird wohl auch Chemie genutzt. Aber wesentlich weniger. Ich bin dafür ja nun auch kein Spezialist. Aber wenn ich mich recht an die Schule erinnere, bedeutet „Chemie” nicht immer gleich „tödlicher Cocktail”.
Unkonventionelles Fracking
Bei unkonventionellen Lagerstätten ist das Gas im Gestein gebunden. Das muss man erst mit diesem Chemiecocktail lösen, um es dann erst fördern zu können. In diese Filmen mit den brennenden Wasserhähnen brennt dann auch nicht das Wasser. Da die Leute da sehr ländlich leben, beziehen sie das Wasser direkt aus einem eigenen Brunnen. Durch das Fracking wird das Gas aus dem Gestein gelöst und dringt in die Brunnen ein und steigt dann weiter in den Wasserleitungen auf. In dem Video hier brennt offensichtlich nicht das Wasser, sondern das Gas in den Momenten, in denen Gas statt Wasser aus der Leitung kommt.
Beim Fracking in unkonventionellen Lagerstätten wird aber offenbar mit Chemikalien gearbeitet, die tatsächlich ziemlich giftig sind. Und nicht nur in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland ist es sinnvoll das nicht zuzulassen.
Die SPD hatte in ihrem Wahlprogramm geschrieben:
„Es fehlen noch viele und grundlegende Informationen, um die Auswirkungen und Risiken der Fracking-Technologie zu beurteilen. Wir setzen uns für einen Verzicht des Einsatzes von Fracking ein, bis alle Risiken für Gesundheit und Umwelt bewertet und ausgeschlossen wurden. Dieses Moratorium soll so lange gelten, bis Fracking-Methoden ohne den Einsatz giftiger Chemikalien, die zu einer schädlichen Veränderung des Grund- und Trinkwassers führen, zur Verfügung stehen.”
Und auch bei der CDU stand im Wahlprogramm:
„Im Hinblick auf eine Gewinnung von Gas durch das sogenannte Fracking ist für CDU und CSU klar: Gefahren für die Menschen und unser Trinkwasser müssen dabei aus geschlossen werden. Die Sicherheit hat für die Union absoluten Vorrang. Eine Gasgewinnung mittels gesundheitsgefährdender Chemikalien lehnen wir ab.”
Und so steht im Koalitionsvertrag der Großen Koalition auch: „Den Einsatz umwelttoxischer Substanzen bei der Anwendung der Fracking-Technologie zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Erdgaslagerstätten lehnen wir ab.” Man wolle aber an dem Thema forschen lassen, ob sich nicht noch ein verträglicherer Weg fände. Jetzt ist ein Gesetz auf dem Weg, dass unkonventionelles Fracking mindestens mit 2021 prinzipiell verbietet.
Man kann natürlich Erdgas grundsätzlich kritisieren, weil es keine erneuerbare Energieform ist. Und deswegen sollte man auch nicht allzu viel Kraft darauf verschwenden, doch noch Wege zu finden, auch das letzte Gas aus den Steinen zu waschen. Aber die Hysterie, mit der die Diskussion über Fracking in Deutschland geführt wird, ist ihrem Stand eigentlich nicht angemessen.
Siehe auch
- Süddeutsche Zeitung: Gutes Fracking, Böses Fracking
10 Gedanken zu “Alle gegen Fracking”: