"Hein, wir sind autark!"

Von | 8. Juli 2014
Windkraftanlagen

Windkraftanlagen und Blauer Himmel. / CC-BY

Erinnert ihr Euch an den Film „Am Tag, als Bobby Ewing starb”? Der spielt 1986 in der Umgebung des Atomkraftwerks in Brokdorf. Und dort gibt es die­se Szene, in der die Landkommune ein win­zi­ges Windrad errich­tet, eine Glühbirne glimmt und jemand ruft „Hein, wir sind aut­ark!”. In die­sem Jahr soll­ten wir das alle rufen. Denn in die­sem Jahr wer­den wir in Schleswig-Holstein das ers­te Mal kom­plett mit erneu­er­ba­rer Energie ver­sor­gen kön­nen — zumin­dest beim Strom. 1986 hät­te damit nie­mand gerech­net.

Ende Mai bereits ver­kün­de­te Energiewendeminister Robert Habeck (Die Grünen) die gute Nachricht: „Wenn das Windjahr min­des­tens durch­schnitt­lich wird, kön­nen wir mit den 2014 instal­lier­ten Anlagen die 100 Prozent-Marke errei­chen. Dann sind wir im Strombereich zumin­dest rech­ne­risch voll mit erneu­er­ba­rer Energie ver­sorgt.”

In Kiel kriegt man das oft gar nicht so mit, wo die­se Energiewende eigent­lich statt­fin­det, aber wer ein­mal die Westküste hoch fährt, kann sie live erle­ben. Nicht nur die Windkraftanlagen, son­dern auch die nagel­neu­en, voll­kom­men lee­ren Scheunen mit den Solardächern, schie­ßen über­all aus dem Boden. Über 2600 Windkraftanlagen ste­hen mitt­ler­wei­le im gan­zen Land. Ende der 1980er waren das viel­leicht 200 — mit äußerst gerin­ger Leistung.

Zwei Dinge sind dann pas­siert: Zum einen ist mit Günther Jansen (SPD) jemand Energieminister gewor­den, der schon in den 1970ern gegen Atomkraft demons­triert hat. „Die Windenergie kann in der Landwirtschaft ein neu­es und zukunfts­träch­ti­ges Standbein sein,” sag­te Energieminister Günther Jansen 1991 dem SPIEGEL. Und er gab das Ziel aus, bis zum Jahr 2010 20 Prozent des Eigenbedarfes aus dem Wind zu gewin­nen. Dass das mach­bar wäre, hat damals kaum jemand gedacht. 2001 war das Ziel bereits erreicht. Denn zum ande­ren hat 1991 die Regierung von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) gesetz­lich gere­gelt, dass die Stromanbieter den Windstrom abneh­men muss­ten. Damit konn­te man auch Windkraftanlagen bau­en, die nicht nur der Selbstversorgung dien­ten. Das Erneuerbare Energiengesetz (EEG) der Regierung Gerhard Schröder (SPD) hat das 2000 fort­ge­führt und den Betreibern von Windkraftanlagen höhe­re Strompreise zuge­si­chert. Windkraftanlagen wur­den damit siche­re Geldanlagen. Und mitt­ler­wei­le ist die Energiewende sogar ein „Grundkonsens” in Schleswig-Holstein.

Ende Juni wur­de das neue EEG im Bundestags beschlos­sen. Es soll den Ausbau der Erneuerbaren Energien stär­ker steu­ern und den Strompreis brem­sen. Gleichzeitig soll der Anteil Erneuerbarer Energien bis 2025 von heu­te bun­des­weit 25 Prozent auf 40 bis 45 Prozent stei­gen. Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Habeck meint, dass Schleswig-Holstein in den nächs­ten zehn Jahren den Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch auf min­des­tens 300 Prozent stei­gert. Ob das Gesetz eine Steuerung bewirkt, oder ob es die Energiewende schlicht „aus­bremst”, wie es Habecks Parteifreund und Chef der Grünen Bundestagsfraktion Anton Hofreiter befürch­tet, müs­sen wir wohl abwar­ten.

In der Zwischenzeit freu ich mich aber über die gute Nachricht — zeigt die­ses Beispiel doch auch, dass visio­nä­re Politik die Dinge durch­aus zum Guten ändern kann.

Lesetipp

  • Klaus Rave und Bernhard Richter —  „Im Aufwind : Schleswig-Holsteins Beitrag zur Entwicklung der Windenergie” 2008, Wachholtz Verlag, Neumünster, ISBN 978 – 3-529 – 05429-7

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