In einem offenen Brief haben die Vorsitzenden des Schleswig-Holsteinischer Richterverband und der Neue Richtervereinigung Schleswig-Holstein sowie der Erste Sprecher des Anwalt- und Notarverbandes den Innenminister des Landes Schleswig-Holstein, Klaus Schlie, aufgefordert, sich in der morgigen Landtagsdebatte von seinem Vorgehen gegenüber einer Elmshorner Richterin unmissverständlich zu distanzieren.
Die Richterin hatte einen Polizisten, der Pfefferspray eingesetzt hatte, zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Innenminister hatte ihr daraufhin in einem Brief vorgehalten, die Folgen ihrer Entscheidung seien „nicht unproblematisch” und sie zu einer gemeinsamen Nachtfahrt mit Polizisten eingeladen. Der Brief war unter voller Namensnennung der Richterin innerhalb der Landespolizei veröffentlicht worden. In einer Sitzung im Innen- und Rechtsausschuss des Landtages (das Landesblog berichtete) hatte Schlie sein Vorgehen verteidigt.
Dieses Verhalten des Ministers ist für die drei Verbände, die sich politisch sonst nicht immer grün sind (die Neue Richtervereinigung Schleswig-Holstein ist eher links, der Schleswig-Holsteinischer Richterverband eher konservativ ausgerichtet) „nicht hinnehmbar“. Sie sehen einen „tiefen Dissens“ mit den organisierten Richtern, Staatsanwälten und Rechtsanwälten und fühlten sich deshalb — erstmals in der Geschichte der drei Verbände — „genötigt“, ein Mitglied der Landesregierung geschlossen zu kritisieren.
Nach Auffassung der Juristenverbände unterschlage Schlies Darstellung, dass der Polizeibeamte nach Abschluss eines Ermittlungsverfahrens und entsprechender Anklage sowie auf Antrag der Staatsanwaltschaft nach der öffentlichen Beweisaufnahme verurteilt wurde. Dem Leser werde vielmehr suggeriert, „das Urteil beruhe allein auf der falschen Einschätzung einer Richterin, die Nachholbedarf in Sachen ‚polizeilicher Arbeit‘ habe“. Der, zudem unter Umgehung aller Dienstwege versandte, Brief setze die Richterin als Person „zielgerichtet der öffentlichen Kritik aus“ und überschreite „das Maß der Kritik, die selbstverständlich in einem Rechtsstaat an der Arbeit der Gerichte zulässig“ sei.
Justizminister Emil Schmalfuß hatte das Verhalten seines Kabinettskollegen in einem Brief an diesen deutlich kritisiert und für „unangebracht“ gehalten. In einer Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses war der Kieler Innenminister von der Opposition scharf kritisiert worden, während sich die Rückendeckung aus den Reihen der die Regierung tragenden Fraktion deutlich in Grenzen hielt.
Der justizpolitische Sprecher der Bündnis-Grünen, Thorsten Fürter, erwartet von Ministerpräsident Carstensen morgen (28.06.) vor dem Landtag „ein deutliches Wort“. Es dürfe „keinen Zweifel geben, dass die Landesregierung die Gewaltenteilung in unserem Land“ akzeptiere.
Pingback: Alle gegen Schlie « RechtZwoNull.de