Der Landesparteitag der FDP hat sich am Wochenende für eine geringere Reduzierung der Lehrerstellen ausgesprochen. 300 Lehrerstellen sollen nicht gestrichen werden. Der bislang von der Regierungskoalition geplant Einsparungskorridor soll verändert werden. „Unter Einhaltung des Konsolidierungspfades“ sei das eine „Stärkung des Bildungsbereiches“. Dieser Beschluss überrascht nicht.
Eine große Mehrheit der etwa 200 Delegierten nahm einen kurzfristig vom Landesfachausschusses Bildung eingebrachten Dringlichkeitsantrag an. Zur Begründung hieß es, der „im Rahmen der Eurokrise erheblich gesunkene Zinssatz habe für das Land Schleswig-Holstein zusätzliche Einsparungen in Höhe von rund 40 Millionen Euro erbracht“. Der vereinbarten Konsolidierungspfad werde damit nicht verlassen.
Das ist natürlich Quatsch. Jeder weiß, dass die aktuelle Höhe des Zinssatzes in diesen bewegten Zeiten kaum länger als einen Monat im Voraus kalkuliert werden kann. Steigt er doch – und das hat die Regierungskoalition nicht nur einmal betont – dann ist der vermeintliche Zinsgewinn perdu, die Kosten der Planstellen aber immer noch da. Es ist also ein Vabanquespiel: Die aktuelle Situation lässt es möglich erscheinen, das Ziel, die Nettoneuverschuldung schon vor 2020 auf Null zu reduzieren, schon früher zu erreichen – trotz der 50 Millionen-Geschenke, die die Landesregierung erst letzte Woche machte. Vorsorge für „man-weiß-ja-nie“ wird so aber nicht gemacht. Schwankungen in den Zinsen und Steuereinnahmen dürfen nicht passieren. Und wenn sie doch passieren, dann sind sie „höhere Gewalt“, „konjunkturell bedingt“, „für den Fortbestand Europas unverzichtbar“, „verfassungsrechtlich geboten“, einfach nur „vernünftig“ oder – wenn alles nicht hilft – das typische Teufelswerk der Sozialdemokraten, die eh noch nie mit Geld umgehen konnten. Mit Nachhaltigkeit hat das alles nichts mehr zu tun. Wohl aber mit Wahlkampf und Taktik.
Zum einen kann man gerade auf Bundesebene von der Bundeskanzlerin lernen, wie man anderen Parteien deren Schwerpunkte wegnimmt. Warum soll das nicht auch mit Kritikpunkten klappen, mag mancher denken.
Zum anderen machen Umfragen regelmäßig deutlich, dass die Wähler auf die Frage, was wichtig ist, artig mit „Finanzielle Solidität“ antworten. Das heißt aber noch lange nicht, dass das auch entscheidend für die Wahlentscheidung ist. Fragt man sie nämlich, was relevant für ihre Wahlentscheidung ist, dann rangiert Finanzpolitik eher weiter hinten.
Und nicht zuletzt ist eine Koalition auch immer ein Hase- und Igel-Spiel. Wer ist der Erste mit der guten Nachricht? Letzte Woche hörte man auf in der Kantine des Landtages schon ab und an von Gerüchten, dass man mit Blick auf den Mai auch zeigen müsse, dass die harte Finanzpolitik der Koalition Früchte tragen. Und an diesen müssten bitte die Wählerinnen und Wähler Bürgerinnen und Bürger partizipieren und nicht nur die Finanzpolitiker.
Peter Harry Carstensen verschob am Samstag den Schwarzen Peter an seinen Parteifreund Rainer Wiegard: „Wir werden darüber im Koalitionsausschuss reden, dass letzte Wort hat dann der Finanzminister”. Das lässt zwei Deutungen zu:
- Er weiß, dass er nichts dagegen machen kann ‚denn die Koalition braucht angesichts der Umfragewerte nichts weniger als einen handfesten Streit.
- Oder die Liberalen habe gute Ohren und der CDU ein Thema weggenommen. Dafür spricht manches.
Ob es nützen wird? Ob Eltern, Lehrerverbände und wahlberechtigte Schüler jetzt ihr Herz für Herrn Dr. Klug entdecken? Das weiß keiner. Es ist aber unwahrscheinlich. Wahlentscheidungen sind in Schleswig-Holstein längst noch nicht gefallen. Einzelne Entscheidungen können über Jahre gewachsene Stimmungen kaum ändern. Kontinuität, gerade klare Linie, gehaltner Kurs bewirken auf Dauer mehr.