Mehr Lehrerstellen: schlägt die FDP die CDU im Hase-und-Igel-Spiel?

Von | 20. November 2011

Der Landesparteitag der FDP hat sich am Wochenende für eine gerin­ge­re Reduzierung der Lehrerstellen aus­ge­spro­chen. 300 Lehrerstellen sol­len nicht gestri­chen wer­den. Der  bis­lang von der Regierungskoalition geplant Einsparungskorridor soll ver­än­dert wer­den. „Unter Einhaltung des Konsolidierungspfades“ sei das eine „Stärkung des Bildungsbereiches“. Dieser Beschluss über­rascht nicht.

Eine gro­ße Mehrheit der etwa 200 Delegierten nahm einen kurz­fris­tig vom Landesfachausschusses Bildung ein­ge­brach­ten Dringlichkeitsantrag an. Zur Begründung hieß es, der „im Rahmen der Eurokrise erheb­lich gesun­ke­ne Zinssatz habe für das Land Schleswig-Holstein zusätz­li­che Einsparungen in Höhe von rund 40 Millionen Euro erbracht“. Der ver­ein­bar­ten Konsolidierungspfad wer­de damit nicht ver­las­sen.

Das ist natür­lich Quatsch. Jeder weiß, dass die aktu­el­le Höhe des Zinssatzes in die­sen beweg­ten Zeiten kaum län­ger als einen Monat im Voraus kal­ku­liert wer­den kann. Steigt er doch – und das hat die Regierungskoalition nicht nur ein­mal betont – dann ist der ver­meint­li­che Zinsgewinn per­du, die Kosten der Planstellen aber immer noch da. Es ist also ein Vabanquespiel: Die aktu­el­le Situation lässt es mög­lich erschei­nen, das Ziel, die Nettoneuverschuldung schon vor 2020 auf Null zu redu­zie­ren, schon frü­her zu errei­chen – trotz der 50 Millionen-Geschenke, die die Landesregierung erst letz­te Woche mach­te. Vorsorge für „man-weiß-ja-nie“ wird so aber nicht gemacht. Schwankungen in den Zinsen und Steuereinnahmen dür­fen nicht pas­sie­ren. Und wenn sie doch pas­sie­ren, dann sind sie „höhe­re Gewalt“, „kon­junk­tu­rell bedingt“, „für den Fortbestand Europas unver­zicht­bar“, „ver­fas­sungs­recht­lich gebo­ten“, ein­fach nur „ver­nünf­tig“ oder – wenn alles nicht hilft – das typi­sche Teufelswerk der Sozialdemokraten, die eh noch nie mit Geld umge­hen konn­ten. Mit Nachhaltigkeit hat das alles nichts mehr zu tun. Wohl aber mit Wahlkampf und Taktik.

Zum einen kann man gera­de auf Bundesebene von der Bundeskanzlerin ler­nen, wie man ande­ren Parteien deren Schwerpunkte weg­nimmt. Warum soll das nicht auch mit Kritikpunkten klap­pen, mag man­cher den­ken.

Zum ande­ren machen Umfragen regel­mä­ßig deut­lich, dass die Wähler auf die Frage, was wich­tig ist, artig mit „Finanzielle Solidität“ ant­wor­ten. Das heißt aber noch lan­ge nicht, dass das auch ent­schei­dend für die Wahlentscheidung ist.  Fragt man sie näm­lich, was rele­vant für ihre Wahlentscheidung ist, dann ran­giert Finanzpolitik eher wei­ter hin­ten.

Und nicht zuletzt ist eine Koalition auch immer ein Hase- und Igel-Spiel. Wer ist der Erste mit der guten Nachricht? Letzte Woche hör­te man auf in der Kantine des Landtages schon ab und an von Gerüchten, dass man mit Blick auf den Mai auch zei­gen müs­se, dass die har­te Finanzpolitik der Koalition Früchte tra­gen. Und an die­sen müss­ten bit­te die Wählerinnen und Wähler Bürgerinnen und Bürger par­ti­zi­pie­ren und nicht nur die Finanzpolitiker.

Peter Harry Carstensen ver­schob am Samstag den Schwarzen Peter an sei­nen Parteifreund Rainer Wiegard: „Wir wer­den dar­über im Koalitionsausschuss reden, dass letz­te Wort hat dann der Finanzminister”. Das lässt zwei Deutungen zu:

  • Er weiß, dass er nichts dage­gen machen kann ‚denn die Koalition braucht ange­sichts der Umfragewerte nichts weni­ger als einen hand­fes­ten Streit.
  • Oder die Liberalen habe gute Ohren und der CDU ein Thema weg­ge­nom­men. Dafür spricht man­ches.

Ob es nüt­zen wird? Ob Eltern, Lehrerverbände und wahl­be­rech­tig­te Schüler jetzt ihr Herz für Herrn Dr. Klug ent­de­cken? Das weiß kei­ner. Es ist aber unwahr­schein­lich. Wahlentscheidungen sind in Schleswig-Holstein längst noch nicht gefal­len. Einzelne Entscheidungen kön­nen über Jahre gewach­se­ne Stimmungen kaum ändern. Kontinuität, gera­de kla­re Linie, gehalt­ner Kurs bewir­ken auf Dauer mehr.

Von:

Swen Wacker, 49, im Herzen Kieler, wohnt in Lüneburg, arbeitet in Hamburg.

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