Die NPD im Kreistag Herzogtum Lauenburg - ein Bericht

Von | 16. Dezember 2010

102 Kandidatinnen und Kandidaten der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) stell­ten sich am 25. Mai 2008, dem Tag der Kommunalwahl, den Bürgerinnen und Bürgern aus den Kreisen Nordfriesland, Ostholstein, Herzogtum Lauenburg und der kreis­frei­en Landeshauptstadt Kiel zur Wahl. Im Herzogtum Lauenburg (2,1%) und in Kiel (1,7%) schafft die NPD den Einzug in den Kreistag, bzw. in die Ratsversammlung, und sitzt seit­dem mit jeweils einem Vertreter in den bei­den Kommunalparlamenten.

Seit mehr als zwei­ein­halb Jahren sitzt zwei Reihen schräg hin­ter mir der Kreistagsabgeordnete Kay Oelke, NPD. Zweieinhalb Jahre weni­ger Worte, weni­ger Anträge und noch weni­ger poli­ti­scher Vernunft der selbst­er­nann­ten „natio­na­len Opposition“. Doch begin­nen wir von vor­ne: 

1.670 der 80.732 Wählerinnen und Wähler im Kreis Herzogtum Lauenburg mach­ten ihr Kreuz bei der NPD. In allen 27 Wahlkreisen konn­te die NPD Kandidatinnen und Kandidaten auf­bie­ten. Auch wur­de eine neun­köp­fi­ge Liste auf­ge­stellt.

Durch die Liste zog so ab dem 1. Juni 2008 der ehe­ma­li­ge Vorsitzende der SCHILL-Partei Schleswig-Holstein, Kay Oelke, Jahrgang 1959, in den lau­en­bur­gi­schen Kreistag ein.
Ein NPD-Kreistags“kollege“ war für die ande­ren Parteien im Kreistag (CDU, SPD, GRÜNE, FDP und LINKE) bis dato ein Novum. Diese ver­stän­dig­ten sich dar­auf, dass alle NPD-Anträge mit allen Stimmen der Demokraten abge­lehnt wer­den, und dass jeweils nur eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter gegen den NPD-Antrag spricht.
Schön war hier die Einmütigkeit der oft­mals in der Sache strei­ten­den demo­kra­ti­schen Parteien.
Die Ablehnung gegen­über dem NPD-Mann im Kreistag ist groß, nicht nur bei mir. Ob es das bewuss­te Wegdrehen bei sei­ner Vereidigung oder das Klönen mit dem Tischnachbarn wäh­rend sei­ner Reden ist: Kay Oelke merkt, dass er unbe­liebt ist. Zwar ver­such­te er immer wie­der, gera­de in Ausschusssitzungen, mit Abgeordneten ande­rer Parteien in Kontakt zu kom­men, doch nur weni­ge gaben ihm zur Begrüßung die Hand oder woll­ten mit ihm Kontakt haben.

Der ers­te inhalt­li­che Antrag der NPD stand noch im Jahr 2008 auf der Tagesordnung. Die Landesregierung sol­le auf­ge­for­dert wer­den „schnell und unbü­ro­kra­tisch“ mehr Lehrer ins Herzogtum Lauenburg zu ent­sen­den. Drei wei­te­re kur­ze Anträge zu den Themen Hartz IV und der Veröffentlichung der Entschädigungen der Kreistagsabgeordneten folg­ten bis in den Frühjahr 2010.

Wenn man Oelke und sein Abstimmungsverhalten beob­ach­tet, merkt man, dass die NPD inhalt­lich ent­we­der gar kei­ne kom­mu­nal­po­li­ti­sche Meinung hat oder dass er sich nicht gut auf die Sitzungen vor­be­rei­tet.

Enthaltung über Enthaltung, Stillschweigen aus der letz­ten Reihe, und (in mei­nen Augen) sinn­lo­se Anfragen zu Themen wie muni­ti­ons­be­las­te­te Flächen im Kreis oder das ver­meint­li­che Verbot des Tragens von Lonsdale- und Thor-Steinar-Kleidung in Schulen — das ist sie, die selbst­er­nann­te „natio­na­le Opposition“.

Die letz­te Anfrage jedoch lässt sich auf die NPD-Kontakte zu frei­en Nationalisten zurück­füh­ren. Zu den ers­ten Kreistagssitzungen brach­te Oelke unter ande­rem den wegen Volksverhetzung ver­ur­teil­ten NPD-Kader Thomas Wulff mit, der ihm von hin­ten zuflüs­ter­te. Doch auch dafür fand sich eine Lösung: Die Kreistagsbestuhlung in der Aula der Lauenburgischen Gelehrtenschule wur­de für kom­men­de Sitzungen etwas nach vor­ne gezo­gen.

Wahrscheinlich ist es Wulffs Kontakten zu ver­dan­ken, dass die NPD im Herzogtum Lauenburg immer öfter gemein­sa­me Sache mit den frei­en Nationalisten macht. Ob Infostände oder das Verteilen von Flugblättern; im Lauenburgischen arbei­ten die sich oft bie­der geben­de NPD und Kameradschaften zusam­men.

Im Sommer 2010, knapp zwei Jahre nach­dem die NPD in den Kreistag ein­zog, ließ sich Kay Oelke eine Homepage für sei­ne Kreistagsarbeit erstel­len. Mit www.kreistag-herzogtum-lauenburg.de war schnell eine pas­sen­de Domain gefun­den. Allerdings muss­te Oelke die­se nach weni­gen Wochen auf drin­gen­des Anraten des Kreises löschen las­sen, da die­se Domain „unzu­läs­si­ge Namensanmaßung“ sei. Nun fin­det man sei­ne Internetseite unter einer Domain der KPV, der Kommunalpolitischen Vereinigung der NPD. Hier sind eini­ge Berichte über eine „Dummheitsoffensive der SPD“ oder einem Skandal im Innenausschuss zu lesen. Außerdem fin­det man dort sei­ne oben erwähn­ten Anträge und Anfragen.  Nur gut, dass sich laut Besucherzähler noch nicht mal 900 Leute auf die Internetseite ver­irrt haben.

Den Ausschlag für die­sen Artikel gab die Dezember-Sitzung des lau­en­bur­gi­schen Kreistages. Ich twit­ter­te iro­nisch von einer Sternstunde der natio­na­len Opposition, doch eigent­lich war es ein Aufzeigen der Demokratieverachtung durch den NPD-Abgeordneten.
Zur Haushaltsberatung brach­te Oelke einen Antrag ein, die Ausgaben für Migrations- und Integrationsförderung auf Null zu kür­zen. Deutsches Steuergeld nur für deut­sche Bürger?
Die im Wahlkampf und in der Öffentlichkeit oft so bie­de­re NPD im Lauenburgischen hat­te sich öffent­lich ent­tarnt. Hinter der Fassade, dem gemä­ßig­ten Aussehen und den schein­bar harm­lo­sen Anträgen steckt Menschenverachtung. Danke für die­se Erkenntnis, Herr Oelke.

Was bleibt zu hof­fen? Erst ein­mal ist fest­zu­hal­ten, dass Kreisverwaltung und Kreistag gut reagiert haben. Der Personalrat sam­mel­te nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses vie­le Unterschriften unter den Angestellten und Beamten des Kreises, um die Ablehnung der Verwaltung gegen den Einzug der NPD kennt­lich zu machen. Die demo­kra­ti­schen Parteien im Kreistag form­ten ohne zu Zögern eine klei­ne Allianz gegen Kay Oelke und sei­ne Anträge.
Nur so schafft man es, Undemokraten auf­lau­fen zu las­sen und ihnen kein Spielfeld zur Veröffentlichung ihrer Propaganda zu geben.

Im Mai 2013, bei den nächs­ten Kommunalwahlen, heißt es dann Daumen drü­cken und wäh­len gehen. Auf dass die NPD nicht wie­der in schles­wig-hol­stei­ni­sche Parlamente ein­zieht.
Und wenn sie doch wie­der in Parlamente ein­zieht? Dann muss man ihr das Leben auf demo­kra­ti­sche Weise schwer machen, muss ihre Praktiken hin­ter­fra­gen und immer wach­sam sein. Küsst die Faschisten

Gastautor Lennart Fey (22), ist Mitglied der SPD-Fraktion im Kreistages Herzogtum Lauenburg

Von:

Gastautor Lennart Fey (23), ist Mitglied der SPD-Fraktion im Kreistages Herzogtum Lauenburg

9 Gedanken zu “Die NPD im Kreistag Herzogtum Lauenburg - ein Bericht”:

    1. Martin Schmielau

      Sehr geehr­ter Herr Thilo Pfennig,

      ich per­sön­lich emp­fin­de das schon als sehr bos­haft, mich in rechts­ra­di­ka­le Ecke drän­gen zu wol­len! Das ent­spricht wer­der mei­ner per­sön­lich Einstellung, noch mei­nen Politschem Verständnis!
      Mich per­sön­lich haben Sie nie gefragt, wie die Verbindung zur Schill-Partei zustan­de kam. Und sicher­lich wer­den Sie dies auch nie tun, war­um auch?! Es ist ja so schön ein­fach die 9 Jahre alte PM nach zu- „plap­pern”. Das Sie kei­ne Anhänger der Partei DIE LINKE sind, ist im Kieler Umkreis ja mehr als bekannt. Aber bit­te de for­mie­ren Sie kei­ne Personen, ohne den Hintergrund zu kennen…dafür gibt es eine ganz tol­le Zeitung Namens „BILD
      Schade das Sie nicht auf den wich­ti­gen Inhalt die­ses wich­ti­gen Themas ein­ge­hen.

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      1. Thilo P.

        Warum soll­te ich mich für Ihre Begegnung mit der Schill-Partei inter­es­sie­ren. Die Verbindung als sol­ches spricht ja schon für sich. Und wenn Sie das hier unbedngt los­wer­den wol­len, so steht ihnen dagen auch nichts im Weg.

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  1. Patrick Ziebke

    Wegdrehen bei der Vereidigung, Palaver wäh­rend der Reden und grund­sätz­li­ches Stimmen gegen NPD-Anträge egal wel­chen Inhaltes? Dass ist eher arm­se­lig als ziel­füh­ren­der Kampf gegen Rechtsextremismus. Solch ein Verhalten wird doch kei­nen der 1.670 NPD-Wähler dazu anre­gen, ihr Wahlverhalten zu über­den­ken. Aber genau das muss doch das Ziel von Demokraten sein. Ich gehe sogar einen Schritt wei­ter und sage: Es wird viel­leicht eini­ge Leute noch in ihrer schrä­gen Denke bestär­ken. Zumindest ist es argu­men­ta­tiv von Seiten der Rechtsextrem gut zu ver­wen­den.
    Dabei wäre es so ein­fach, die kru­den Anträge argu­me­na­tiv zu zer­pflü­cken und somit ganz ein­fach zu zei­gen, was für ein Unsinn da ein­ge­bracht wird. Es ist doch voll­kom­men egal, ob Kay Oelke merkt, dass er bei allen ande­ren unbe­liebt ist.
    Die Schlussfolgerung, man schaf­fe es so, die Undemokraten auf­lau­fen zu las­sen und ihnen kein Spielfeld für Propaganda zu las­sen, hal­te ich für falsch und dar­über hin­aus für gefähr­lich. 1.670 Stimmen haben bewie­sen, dass der Kreistag dazu nicht nötig war und auch wei­ter­hin nicht sein wird. Er wäre aber die Chance für Demokraten, die NPD inhalt­lich zu stel­len und so zumin­dest einen Teil der 1.670 Wähler wie­der in ein demo­ra­ti­sches Spektrum zu holen. Mit dem Wegdrehen bei der Vereidigung und Palaver wäh­rend der Reden wird man das nicht schaf­fen.

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    1. Thilo P.

      Inhaltlich kann man rechts­ra­di­ka­le nicht wirk­lich stel­len. Denn sie wer­den nie gewählt, weil sie die bes­se­ren Argumente haben. Ich wür­de eher sagen, das Problem ist, dass Teile ihrer Argumente von soig. Demokraten zu ernst genom­men wer­den — sie­he Sarrazin-Debatte — und dann stellt sich die Frage war­um die SPD wäh­len wenn es auch das Original gibt? Inhaltlich kann man gegen­über Rechtsradikalen nur ver­lie­ren, wenn man Rassismus und Faschismus als adäqua­te Politik auf­wer­tet.

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  2. Lennart Fey Post author

    Hallo Patrick,

    viel­leicht habe ich es Artikel nicht ver­deut­licht: Jeweils ein demo­kra­ti­scher Abgeordneter spricht gegen Oelkes Anträge und stellt ihn so inhalt­lich.

    Das Wegdrehen bei der Vereidigung oder das lei­se Gemurmel bei sei­nen Reden sind eben Zeichen, dass wir sei­ne Meinung nicht tei­len.

    Das grund­sätz­li­che Stimmen gegen sei­ne Anträge hal­te ich übri­gens für sehr wich­tig, denn wenn er noch so gute Anträge ein­brin­gen wür­de (was er nicht tut) und wir die­se mit­stim­men wür­den, dann wäre es nor­mal, dass ein Nazi im Kreistag sitzt. Zur Normalität darf dies aber nicht wer­den.

    Lennart

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  3. Rüdiger Knust

    Sehr geehr­ter Herr Fey.
    das „Wegdrehen” bei der Vereidigung hat doch nichts damit zu tun, daß man die Meinung des poli­ti­schen Gegners nicht teilt, son­dern ist eine Mißachtung par­la­men­ta­ri­scher Gepflogenheiten. Ich fin­de es ist ein Skandal, daß die Nachfolgepartei der SED in Kreis- und Landtagen Einzug gehal­ten hat und von der SPD als nor­ma­le Partei behan­delt und als Koalitionspartner in Betracht gezo­gen wird. Mitglieder die­ser Partei fei­ern z.T. noch immer Stalins Geburtstag, ver­höh­nen die Opfer der SED-Diktatur und recht­fer­ti­gen Mauermorde und Schießbefehl.

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    1. Thilo P.

      Skandalös ist wohl eher die NPD und die SED in einen Topf zu wer­fen. Bei aller Kritik. Alleine was z.B. den Schießebefehl angeht, so hat Frau Merkel inzwi­schen teil­wei­se in einer Woche mehr Tote an den EU-Außengrenzen mit­zu­ver­ant­wor­ten als in der gesam­ten DDR-Geschichte durch Schüsse gestor­ben sind. Achtung muß erst ver­dient wer­den. Wer Menschen nach Rassen ein­teilt hat sicher nicht unse­re Achtung ver­dient.

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  4. Thomas H.

    Dieser Kommentar wur­de von mir gelöscht, da er nicht wei­ter beleg­te Behauptungen über eine Person bzw Umstände ent­hielt, die nicht Gegenstand des Artikel ist. Ich kann nicht aus­schlie­ßen, dass mit den Behauptungen Persönlichkeitsrechte Dritter ver­letzt wer­den oder der Kommentar aus ande­ren Gründen recht­lich angreif­bar ist (sie­he auch unse­re Hinweise im Impressum).

    Swen Wacker

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