FBQ konkretisiert: Es wird ein Tunnel

Von | 4. Februar 2011

Zukünftig kön­nen wir vom „Fehmarnbelttun­nel” spre­chen: Das däni­sche Parlament hat sich für die Unterseelösung ent­schie­den, nach­dem eine Brücke zuletzt immer teu­rer wur­de. Der Naturschutzbund (Nabu) sieht die Entscheidung als Teilerfolg, weil die schlimms­ten öko­lo­gi­schen Schäden damit ver­hin­dert wür­den. Ökonomisch hält der Nabu das Projekt den­noch für falsch. Für den Ausbau der Hinterlandanbindung — den Straßen und Schienen, die auf deut­scher Seite zum Tunnel füh­ren — rech­ne­te man mit Kosten in Höhe von bis zu 2,5 Milliarden Euro. NABU-Fehmarnbeltexperte Malte Siegert:

„Mit der Schuldenbremse in Bund und Ländern kann der Euro zukünf­tig nur ein Mal aus­ge­ge­ben wer­den. Andere wich­ti­ge Verkehrsprojekte wer­den wegen einer für Deutschland unwich­ti­gen Fehmarnbeltquerung auf Jahrzehnte nicht rea­li­siert wer­den kön­nen.”

Die wirt­schafts­po­li­ti­sche Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Regina Poersch, sieht die Entscheidung als Anzeichen für ein Planungsverfahren, das Einwände ernst nimmt. Zuletzt hat­te der SPD Fraktionsvorsitzende, Ralf Stegner, eine sol­che, öffent­li­che Debatte über die Fehmarnbeltquerung (FBQ) ange­regt:

„Dabei es geht mir aus­drück­lich nicht um die Frage des Für und Wider einer fes­ten Beltquerung. Die Frage wird nicht auf Landes- oder Kreisebene ent­schie­den. Es geht mir dar­um, dass die Interes­sen der Region bei der mög­li­chen Realisierung einer fes­ten Beltquerung nicht igno­riert wer­den!”

Die SPD-Parteispitze ist zur Zeit in Dänemark zu Besuch, „um zu ler­nen, wie die Dänen durch Transparenz die Bevölkerung für ein sol­ches Großprojekt hin­ter sich brin­gen.”

Die LINKE hält so ein Verfahren für ein „Feigenblatt”. Björn Thoroe for­der­te im Namen sei­ner Fraktion eine ergeb­nis­of­fe­ne Diskussion, stell­te aber fest:

DIE LINKE lehnt den Bau einer fes­ten Fehmarnbelt-Querung ab […]”

Diskussionen lös­te der­weil ein neu­es Gutachten zur Wirtschaftlichkeit der Fehmarnbeltquerung aus. Das Aktionsbündnis gegen eine fes­te Fehmarnbeltquerung hat­te es bei der Verkehrsberatungsfirma Vieregg-Rössler in Auftrag gege­ben. Vieregg-Rössler kam zu dem Schluss, dass das Projekt ein deut­li­ches Zuschussgeschäft wird: Nur 66 Cent wer­de man pro inves­tier­tem Euro zurück­be­kom­men. Der ver­kehrs­po­li­ti­sche Sprecher von Bündnis 90/​Die Grünen, Andreas Tietze, bezeich­ne­te die­ses Verhältnis als „jäm­mer­lich”.

Der CDU-Verkehrsexperte Hans-Jörn Arp kri­ti­sier­te dage­gen vor allem die baye­ri­sche Herkunft von Vieregg-Rössler:

„Ganz offen­sicht­lich muss­ten die Fehmarnbelt-Querung-Gegner bis nach München fah­ren, um die­ses Gutachten bestel­len zu kön­nen.”

Sachlicher fuhr er dann aber fort und bot das Gutachten des Bundesverkehrsministeriums auf:

„Das Bundesverkehrsministerium hat bei sei­nem Gutachten mit den für alle Verkehrsprojekte übli­chen Methoden gear­bei­tet. Es ist zu einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von 6,7 gekom­men.”

Das Aktionsbündnis wer­tet Arps „ver­ba­le Entgleisung” als Zustimmung zum Gutachten:

„Man kann dar­an able­sen, dass es dem Abgeordneten Arp an guten Argumenten man­gelt. Hätte er tat­säch­lich wel­che, wür­de er sich sach­li­cher mit dem Gutachten beschäf­ti­gen“

Weniger scharf ging es offen­bar vor ort auf einer Informationsveranstaltung zur Fehmarnbeltquerung in Burg/​Fehmarn zu. SH:Z.de berich­tet sogar von „Applaus für den Belt-Tunnel”. Die Befürchtungen eines Stuttgart 21 im Norden sind zumin­dest zur Zeit unbe­grün­det. Wenn der jetzt begin­nen­de Dialog trans­pa­rent und ehr­lich wei­ter­ge­führt wird, bie­tet er eine Chance die Bürgerinnen und Bürger mit­zu­neh­men und ihre Bedenken aus­zu­räu­men.

Neben der kon­kre­ten Gestaltung der Hinterlandanbindung auf deut­scher Seite, müs­sen gleich­zei­tig eini­ge Fragen auf poli­ti­scher Ebene geklärt wer­den:

  1. Wie wird die Hinterlandanbindung finan­ziert? Weder in Land noch Bund gibt es dafür einen Plan.
  2. Was tun wir, wenn die Hinterlandanbindung zu teu­er wird? Der Staatsvertrag zwingt das Land zwar zur Umsetzung — Es kann aber nach­ver­han­delt wer­den, wenn die Kosten stei­gen.
  3. Wie ste­hen die Dänen zu Kostensteigerungen?

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5 Gedanken zu “FBQ konkretisiert: Es wird ein Tunnel”:

  1. Mathias Penz

    Ich bin ehrl­li­cher­wei­se zwie­ge­spal­ten, was eine fes­te Beltquerung angeht. Zum einen emp­fin­de ich die­ses Projekt als eine gro­ße wirt­schaft­li­che Chance für Schleswig-Holstein. Sicherlich wer­den wir mit einer enor­men Menge Durchgangsverkehr im Transit zwi­schen Deutschland und Skandinavien haben, aber es wird auch in der Region neue Arbeitsplätze geben.

    Auf der ande­ren Seite traue­re ich schon jetzt der Fährlinie nach. Ich erin­ne­re mich noch gut an die Zeit als wir unse­re Dänemark-Reisen über Faaborg-Gelting antra­ten und dort die Fährlinie nut­zen. Heute ist die Linie ein­ge­stellt. Für mich war schon die Fahrt nach Gelting auf dem Weg zur Fähre mit Urlaub gleich zu set­zen. Der Fährbetrieb hat­te sei­nen ganz eige­nen Charm und war ein schö­ner Gegenpol zur Hektik des Alltages.

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  2. Oliver Fink

    Zwei Fragen stel­len sich mir, für die ich bis­her weder schlüs­si­ge posi­ti­ve noch nega­ti­ve Antworten erhal­ten habe:

    1. Welche neu­en Arbeitskräfte aus wel­chen Branchen wer­den abseh­bar wo genau und wes­halb ent­ste­hen?

    2. Falls die­se neu­en Arbeitsplätze ent­ste­hen: Fallen dafür bestehen­de Arbeitsplätze weg und sind sie wirk­lich „neu”, oder ver­la­gern sie sich ledig­lich von ande­ren Standorten (im Lande)?

    Bisher sind mir vor allem die Befürworter viel zu blu­mig und unkon­kret geblie­ben. Die Entscheidungen für Investitionen die­ser Größenordnung soll­ten aller­dings ratio­nal und nicht nach dem Prinzip Hoffnung getrof­fen wer­den.

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    1. Steffen

      Das seri­ös zu pro­gnos­ti­zie­ren, ist nicht leicht. Leichter kann man Wort-Case-Szenarien ent­wer­fen — die ja nicht seri­ös sein müs­sen. Und im schlimms­ten Fall ent­ste­hen nur Jobs wäh­rend der Bauphase. Und danach machen Autobahn und Schienen mit­ten durch die Ostseebäder den Tourismus kaputt.

      Dass Pendler die Gegend bele­ben wer­den, glau­be ich nicht. Die Tunnelmaut wird AFAIK nur wenig güns­ti­ger als die Fähre — täg­lich kann man sich das nicht leis­ten.

      Soweit ich weiß soll­te sich ursprüng­lich die Wirtschaft an der FBQ betei­li­gen. Das ist aber über­haupt nicht pas­siert. Nur die IHK Lübeck hät­te die ger­ne. Diejenigen, die die IHK ver­tritt, ver­spre­chen sich von der fes­ten Dänemarkroute offen­bar wenig.

      Schweden und Dänemark bekom­men halt eine kür­ze­re Route zum Rest von Europa. Für die ist das inter­es­sant. Deutschland bekommt eine kür­ze­re Route nach Dänemark und Schweden. Für mich klingt das mehr nach Tourismus. Tourismus, der nicht in SH statt­fin­det.

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      1. Oliver Fink

        Ich sage ja auch nicht, dass das leicht ist. Aber bei pro­gnos­ti­zier­ten 0,8 bis 2,5 Mrd. Euro allein für die Hinterlandanbindung erwar­te ich ein­fach mehr als unver­bind­li­ches Phantasieren über mög­li­che neue Arbeitsplätze. Ich fin­de die­sen Anspruch auch nicht über­zo­gen.

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        1. Steffen Voß

          Finde ich auch nicht über­zo­gen. Irgendwer wird damit zwi­schen 0,8 und 2,5 Mrd Euro ver­die­nen. So funk­tio­niert Markwirtschaft im 21. Jahrhundert. ;-)

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