Am 3. September erklärte der Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig, er wolle die schleswig-holsteinische SPD als Spitzenkandidaten in die nächste Landtagswahl führen. Der Partei- und Fraktionsvorsitzende Ralf Stegner, bis dahin als Kandidat faktisch schon gesetzt, warf wenig später seinen Hut in den Ring. Aus der vermeintlichen Not machte die SPD eine Tugend und entwarf ein „offenes und faires Verfahren” für die Wahl der nächsten Spitzenkandidatin oder des nächsten Spitzenkandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten. Die Bewerber sollten sich in allen Kreisverbänden der Partei in öffentlichen Veranstaltungen vorstellen. Die Elmshorner Bürgermeisterin Brigitte Fronzek und der bis dahin nur wenigen bekannte Kieler Gewerkschaftler Mathias Stein gesellten sich hinzu. 16 Termine, alle wurden live im Internet übertragen und können noch heute angeschaut werden, lockten 5.000 Besucher, das sind mehr als 300 je Veranstaltung, in Säle, deren Größe sonst locker für einen Landesparteitag gereicht hätte. Für die SPD, die in dieser Zeit sogar neue Mitglieder hinzugewann, hat sich der Aufwand, der immerhin 30.000 Euro kostete, also gelohnt.
Nun folgt Teil der zwei der Kandidatenfindung. Heute haben die meisten der etwa 20.000 SPD-Mitglieder im Land zwischen den Meeren Briefwahlunterlagen in ihrem Briefkasten gefunden. Die Mehrzahl der Beobachter geht von einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Ralf Stegner und Torsten Albig aus. Brigitte Fronzek und Mathias Stein haben sich auf den Veranstaltungen ordentlich präsentiert, auf denen gelegentlich von den Besuchern abgegebenen Meinungsbildern aber so gut wie keine Rolle gespielt.
Die Kreisverbände der SPD, wie etwa der in Rendsburg-Eckernförde, versuchen, ihre Mitglieder mit Informationen zu versorgen. Manche örtliche Parteiorganisationen haben sich schon für den einen oder anderen Kandidaten positioniert.
Die beiden Spitzenkandidaten versuchen durch eigene Angebote, ihre Anhänger zur Wahl zu mobilisieren.
Für Ralf Stegner wurde eine eigene Webseite eingerichtet, auf der seine Unterstützer seit einigen Tage mitteilen können, warum sie ihn als Spitzenkandidat der SPD in Schleswig-Holstein bei der nächsten Landtagswahl sehen wollen und warum er das Zeug zu einem guten Ministerpräsidenten habe.
Für Torsten Albig hat sich auf Facebook eine Unterstützergruppe gebildet, der alle beitreten können, die ihn als Spitzenkandidaten für die SPD in Schleswig-Holstein haben wollen und finden, dass er für den Fortschritt eintritt und keiner Ideologie hinterherläuft.
Auch für Mathias Stein gibt es eine Unterstützergruppe bei Facebook.
Nachtrag 18.02: Auch für Brigitte Fronzek gibt es eine Seite bei Facebook.
Die Briefwahl wird am 26. Februar ausgezählt werden. Nur der Gewinner der Mitgliederbefragung soll auf dem Landesparteitag im April für die Spitzenkandidatur antreten.
Ich bin kein SPD-Mitglied, wüsste allerdings, wem ich meine Stimme geben würde. Die Partei wird eine Menge Dampf brauchen in nächster Zeit, und den hat nur einer der Kandidaten. Bin froh, wenn das Thema durch ist und sie sich auf das große Ziel konzentrieren können.
In der Albigs Unterstützergruppe bei Facebook wurden Leute ohne ihr wissen eingruppiert. Ein fragwürdiges Verfahren, oder?
Es ist durchaus unschön, aber bei Facebook nicht unüblich, dass man ohne eigenes Zutun Gruppen zugeordnet werden kann. Das ist mir auch schon passiert. Die Formulierung „ohne ihr Wissen” finde ich dennoch nicht ganz korrekt, denn man erhält immerhin eine eMail, wenn man in eine Gruppe aufgenommen wird und kann sich selbst dort wieder abmelden. Insofern wäre die Formulierung „ungefragt” besser gewesen.
Ob man dieses Verfahren als „fragwürdig”, „unschön”, „unglücklich” oder „bei Facebook üblich” eingruppiert, muss jeder selbst wissen. Ich selbst finde es in der aktuellen Phase zumindest unglücklich, so zu verfahren.
Es könnte auch „unerfahren” sein. Bei allen anderen Funktionen bei Facebook kann man Leute ja nur „einladen” oder „empfehlen” — da muss man immer zustimmen. Eigentlich merkwürdig, dass das bei dieser Art Gruppen nicht so ist.
In der Tat, auch das wäre möglich…