Blick über den Gartenzaun

Von | 20. Februar 2011

Was sagen Autoren des Landesblog zum Hamburger Ergebnis? Eine klei­ne Umfrage per Mail am Sonntagabend mit der Bitte um ein, zwei Sätze. Das schaff­te natür­lich kei­ner von uns :-)

Ulf Kämpfer: Aberwitzige Abstürze und Zuwächse bei ein­zel­nen Parteien sind wir ja gewohnt. Aber wann hat es jemals eine 2/3-Mehrheit links der Mitte gege­ben? Das ist wirk­lich ein Novum. Auch wenn die Verhältnisse in HH sehr spe­zi­ell sind, ist das auch ein Fingerzeig in Richtung SH, dass die SPD mit einem die Mitte im Auge behal­ten­den Wahlkampf (und Spitzenkandidat) gro­ßen Erfolg haben kann.

Volker Thomas: Die Parteien drän­geln sich in der Mitte. Nur Programme, die sich an libe­ra­len und an sozia­ler Ausgewogenheit ohne radi­ka­le Experimente ori­en­tier­ten Milieus ori­en­tie­ren, wer­den als erfolg­reich ange­se­hen. Offenkundig zu Recht. Auch wenn SPD-Fraktions- und Parteivorsitzender Ralf Stegner jetzt den rie­si­gen Erfolg der SPD fei­ert, der Erfolg von Olaf Scholz ist kein Rückenwind für ihn. Eher noch für den CDU-Fraktionsvorsitzenden Christian von Boetticher. Wohl nicht ohne Hintergedanken weist er dar­auf hin, dass Christoph Ahlhaus nicht genug Zeit gehabt habe, um die Wählerinnen und Wähler von sei­nen Stärken zu über­zeu­gen. Ein deut­li­cher Wink an den Ministerpräsidenten, jetzt zügig das Feld für ihn zu räu­men.

Oliver Fink: Das star­ke Ergebnis der SPD zeigt, dass eine Anbiederung an die Linke ein Fehler ist und sich eine Politik der Mitte für die SPD lohnt. Deshalb wird das nächs­te Wochenende zei­gen, ob die schles­wig-hol­stei­ni­sche SPD auf Erfolg oder auf Ralf Stegner setzt. Zwei wei­te­re Dinge sind bemer­kens­wert: Die aus­schließ­lich umfra­ge­ba­sier­te Aufkündigung der Regierung durch die Grünen hat sich wohl zum Glück nicht gerech­net und die FDP ist lan­ge nicht so tot, wie die ver­öf­fent­lich­te Meinung Glauben mach­te. Ausgerechnet auf dem tra­di­tio­nell schwie­ri­gen Hamburger Pflaster scheint sie zu reüs­sie­ren.

Swen Wacker: Ich habe nicht mehr damit gerech­net, dass es noch abso­lu­te Mehrheiten bei Landtagswahlen geben wird. Dennoch macht das Wiedererstarken der FDP (wenn auch auf nied­ri­gem Niveau) und der Wiedereinzug der Linken zwei­er­lei deut­lich: Zum einen sind wir auf dem Weg in eine Mehrparteienlandschaft, die fünf, sechs Parteien bewoh­nen kön­nen. Zum ande­ren wird es in der poli­ti­schen Mitte nicht eng, wenn vie­le Parteien mit eigen­stän­di­gem Profil dort nach Stimmen fischen. Ich glau­be, es ist das kla­re Bekenntnis Olaf Scholz’ zu einer bür­ger­lich-auf­ge­klär­ten Mitte, sei­ne ohne ritua­li­sie­ren­de oder per­so­na­li­sie­ren­de Auseinandersetzung aus­kom­men­de Art, prag­ma­ti­sche Politik zu machen, die der SPD zum Sieg ver­half. Das soll­te der SPD in Schleswig-Holstein zu den­ken geben.

Und was mei­nen Sie, unse­re Leser?

Von:

Swen Wacker, 49, im Herzen Kieler, wohnt in Lüneburg, arbeitet in Hamburg.

10 Gedanken zu “Blick über den Gartenzaun”:

  1. Gisela Teuchert-Benker

    Ich gra­tu­lie­re der Hamburger SPD von Herzen zu ihrem gran­dio­sen Wahlsieg!
    Das wol­len wir bei uns in Schleswig-Holstein auch haben.
    Dazu gehört für mich unter ande­rem ein gutes Miteinander, wirt­schaft­li­che Vernunft, sozia­ler Zusammenhalt, end­lich Schulfrieden, Beitragsfreiheit für Kindertagesstätten, Mindestlöhne, Chance auf Bildung für alle. Und ein guter Spitzenkandidat! Dr. Ralf Stegner.

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  2. KielKontrovers

    Ein Ergebnis, dass man so in etwas erwar­tet hat­te. Was mir gefällt ist, dass die GRÜNEN mit ihrer Anbiederungsstrategie und dem geziel­ten Koalitionsbruch Baden gegan­gen sind. Sind sie doch schon län­ger dabei jeden Mist mit­zu­ma­chen (wie das Kraftwerk Moorburg). Politisch wird sich in Hamburg gar nichts ändern, denn dazu unter­schei­den sich SPD und CDU viel zu wenig. Die SPD wird die Baupolitik wie bis­her fort­füh­ren und wird genau so gegen Widerstände von „Recht auf Stadt” (http://www.rechtaufstadt.net/) kämp­fen. Scholz wird sich nicht gegen Pläne der Wirtschaft stem­men. S.a. Das Wort zum (Wahl)Sonntag: http://www.planten.de/2011/02/20/hamburg-isebek-wort-zum-wahlsonntag/

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    1. Oliver Fink

      Habe mir das Wort zum Wahlsonntag mal durch­ge­le­sen. Die Hamburger IHK scheint ja echt auf Zack zu sein. Auch wenn ich nicht jeden ihrer ver­zerrt dar­ge­stell­ten Punkte tei­le (bspws. Haltung zur direk­ten Demokratie), sind da vie­le inter­es­san­te Sachen bei. Gute Wahl von Scholz, mit dem Präses zusam­men­zu­ar­bei­ten. Wird sich für Hamburg aus­zah­len…

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  3. Pingback: Ralf Stegners Blog

  4. Yves-Christian Stübe

    Den Enschätzungen von Oliver Finck, Ulf Kämpfer und Swen Wacker ist aus mei­ner Sicht wenig hin­zu­zu­fü­gen.

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  5. Jörg Hamer

    Ich mei­ne: Vorsicht mit den Schnellschüssen. Bei dem einen oder ande­ren hört sich das doch eher so an, als wenn der Wunsch Vater des Gedanken ist. Der Erfolg von Olaf Scholz als Rückenwind für Christian v. Bötticher? Die FDP reüs­siert? Das ist doch lächer­lich! Richtig scheint mir nur die Feststellung: Die Verhältnisse in Hamburg sind sehr spe­zi­ell. Und wir wer­den erle­ben, bzw. erle­ben das ja schon seit eini­gen Jahren, dass kei­ne Wahl wie die ande­re ist.

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    1. Swen Wacker

      Wir sind ja nicht allein mit die­sen „Schnellschüssen”. Auch a href=„http://www.ralf-stegner.de/index.php?sp=de&id=5&aid=311”>Ralf Stegner hält die Verhältnisse in Hamburg offen­bar für nicht sehr spe­zi­ell und fin­det, das Wahlergebnis in Hamburg bedeu­te „Rückenwind für die SPD – auch für die Neuwahl des schles­wig-hol­stei­ni­schen Landtages”. Aber im Ernst: Natürlich ist jede Wahl sehr spe­zi­ell und Produkt aktu­el­ler Stimmungen. Dennoch sind m.E. lan­ge Läufe erkenn­bar: Das 2 1/2-Parteiensystem (2 gro­ße Parteien: CDU und SPD, FDP als Zünglein) ist pas­sé. Der Wähler hat mehr Neigung, sei­ne Parteienpräferenz zu wech­seln. Das links/­rechts-Schema wird obso­let.

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  6. Mathias Penz

    Irgendwie ist das schon span­nend, so nach der Wahl, die für die SPD einen gran­dio­sen Erfolg dar­stellt. Natürlich muss man schau­en, wie sich die Politik nun in Hamburg ändert. Ein neu­er Steuermann, zumal mit abso­lu­ter Mehrheit, wird schon auch einen ande­ren Kurs ein­schla­gen. Man darf jedoch auch nicht ver­ges­sen, dass Hamburg nicht stell­ver­tre­tend für den Bund ste­hen kann. Hamburg ist spe­zi­ell, da stim­me ich dem Vorredner zu.

    Zwei Dinge fin­de ich jedoch bemer­kens­wert:

    - wie­der ein­mal ist Stegner, der ers­te, der auf der Welle des Erfolges eines ande­ren mit schwim­men möch­te ->  — schö­nes Foto, nicht­wahr?

    - Die FDP glaubt durch eine ein­zi­ge Wahl, bei der die CDU einen erd­rutsch­ar­ti­gen Misserfolg ein­ste­cken muss­te „wie­der erstarkt zu sein”, nur weil sie dann doch noch ein paar Prozent mehr erreicht hat, als vor­aus­ge­se­hen. Sind die­se paar Prozent nicht eher das Resultat „ver­irr­ter” und ent­täusch­ter CDU-Wähler?

    Für Schleswig-Holstein hof­fe ich auf bal­di­ge Neuwahlen, eine SPD geführ­te Landesregierung mit einem „Scholz-ähn­li­chem” Ministerpräsidenten (nicht Stegner!)

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    1. Oliver Fink

      Für das Ergebnis der FDP sind zwei Dinge zu betrach­ten:

      1. Du hast völ­lig Recht, dass die FDP sicher­lich eben­so wie die SPD von ent­täusch­ten CDU-Wählern pro­fi­tiert hat.

      2. Die FDP hat in den letz­ten Jahren in einem Umfeld deut­lich güns­ti­ge­rer Umfragen zwei­mal den Einzug in die Hamburger Bürgerschaft ver­patzt. Insofern ist es schon erstaun­lich, dass die FDP aus­ge­rech­net bei Gegenwind von der Bundesebene nun sicher über die 5 % kommt.

      Insgesamt ist in der Tat nicht ein­deu­tig fest­zu­stel­len, ob der Wiedereinzug eine gene­rel­le Trendwende ist, wel­che Rolle das neue Hamburger Wahlrecht spielt, ob die Frustration der CDU-Wähler ent­schei­dend war oder ob ein­fach eine sym­pa­thi­sche Kandidatin den Erfolg gebracht hat. Vermutlich von allem etwas.

      Ich war den­noch von den Ergebnissen der SPD und der FDP glei­cher­ma­ßen über­rascht. Weder mit der abso­lu­ten Mehrheit der SPD noch mit einem Erfolg dere FDP hat­te ich auch nur annä­hernd gerech­net.

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      1. Mathias Penz

        Kann man so sehen, ich glau­be aber dass die „ent­täusch­ten CDU-Wähler”, die sich für die SPD ent­schie­den haben, bewusst den Wandel woll­ten. Die ande­ren „ent­täusch­ten CDU-Wähler”, wähl­ten die FDP, weil es ver­mut­lich für sie das gerin­ge­re Übel war…

        Der Erfolg der SPD ist sicher bemer­kens­wert. Eine abso­lu­te Mehrheit ist in heu­ti­ger Zeit schon eine Leistung, aber man muss auch sagen, dass der CDU-Kandidat sich eher wie der Elefant im Porzellan-Laden ver­hal­ten hat.

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