Wie CARTA berichtet, sendet der Deutsche Bundestag sein Parlamentsfernsehen ohne Rechtsgrundlage „im rechtsfreien Raum”. Das hat Thomas Fuchs, Vorsitzender der Medienanstalt Schleswig-Holstein/Hamburg, heute Bundestagspräsident Norbert Lammert erklärt. Aus der zugehörigen Pressemitteilung der Landesmedienanstalten geht hervor, dass der Bundestag die nötige „rundfunkrechtliche Zulassung” nicht besitzt und diese auch nicht erteilt werden kann. Dieses widerspräche nach deren Einschätzung dem Gebot der Staatsferne, das juristischen Personen des öffentlichen Rechts solch eine Zulassung verwehre.
Als Begründung wird angeführt, dass die ehemals verschlüsselte Übertragung des Programms inzwischen unverschlüsselt erfolge. Darüber hinaus wurde das ursprünglich rein auf die Übertragung von Sitzungen beschränkte Programm inzwischen um redaktionelle Teile erweitert. Fuchs erklärte dazu: „Selbstverständlich muss auch der Bundestag wie alle anderen Institutionen die Möglichkeit haben, über seine Arbeit auf zeitgemäße Art und Weise zu informieren. Derzeit gibt es aber keine Rechtsgrundlage für ein so gestaltetes Parlamentsfernsehen.” (Hervorhebung: Landesblog)
Den letzten Satz interpretiere ich als juristischer Laie so, dass das ParlaTV des schleswig-holsteinischen Landtages nicht betroffen ist. Denn als nicht redaktionell begleitetes Programm werden hier ausschließlich die Sitzungen des Landtages und nicht einmal die der Ausschüsse übertragen. Aber vielleicht lässt sich jemand mit mehr medienrechtlicher Kompetenz in den Kommentaren zu einer Aussage hinreißen.
Ich würde es sehr bedauern, wenn ParlaTV als wichtiges Informationsangebot für politisch Interessierte eingeschränkt oder eingestellt werden müsste. Zwar überträgt beispielsweise der Offene Kanal Kiel (OKK) aus dem Landeshaus, doch das Angebot ist nicht vergleichbar. Denn der OKK überträgt oftmals lediglich Teile der Sitzungen. Immerhin ist er inzwischen über den Livestream im gesamten Land verfügbar. Einen vollwertigen Ersatz für ParlaTV sehe ich nicht.
Ist ParlaTV denn überhaupt Rundfunk? Oder bieten sie nur ein Informationsangebot zum individuellen Abruf im Internet an? „Rundfunk” ist Senden an alle ohne Abruf, und eben das ist ein Internetangebot ja nunmal genau nicht.
Das Bundestagsfernsehen wird hingegen tatsächlich per Satellit und Kabel als TV-Programm gesendet, was laut Pressemitteilung erst ein Problem zu sein scheint, seitdem dort nicht mehr über eine Verschlüsselung ebenfalls eine Schranke „Abruf” vorhanden ist.
Das sind gute und berechtige Fragen, die auch einmal medienrechtlich zu bewerten wären. Bei der Juristerei kommt man ja oft lediglich mit gesundem Menschenverstand nicht wirklich weiter…
@Markus: Der technische Weg (hier: Stream statt Satellit/Kabel) ist nicht das Entscheidende. Maßgeblich ist, ob ein Angebot an die Allgemeinheit gerichtet und ob es (nur) in Echtzeit zu empfangen ist. Beides trifft unproblematisch zu. Und es dürfte insbesondere auch nicht darauf ankommen, daß der Nutzer erst klicken muß: Auch den Fernseher muß erst jemand einschalten ;-)
Man wird die Abgrenzung also in der Tat inhaltlich vornehmen müssen…
Der erste Jurist wagt sich aus der Deckung. ;-)
Danke zunächst einmal für diese Aufklärung.