Die heutige Bürgermeisterwahl in Husum hat es ins Bayerische Fernsehen geschafft! Report München berichtete Anfang Mai über das spezielle Kandidatenfindungsverfahren der Husumer: Tatsächlich gab es zu Anfang nur einen Kandidaten. Der war war der bisherige Hauptamtsleiter und der wurde von SPD, FDP und SSW unterstützt. Die Befähigung und Eignung für die Spitze der Stadtverwaltung ist also leicht nachzuweisen. Wenn es aber nur einen Kandidaten gibt — wozu sollten die Husumerinnen und Husumer dann heute zur Wahl gehen? Die Aktion „Husum sucht den Bürgermeister” sollte Abhilfe schaffen.
Der Husumer Wirtschaftskreis hat sich wohl auch gedacht, dass ein Bewerber keine echte Wahl darstellt und eine bundesweite Anzeigenkampagne geschaltet. Es bewarben sich Jobsuchende aus ganz Deutschland. 29 Bewerber haben geantwortet und sich zum Teil in ihren Schreiben „auf ein Vorstellungsgespräch gefreut”. Viele davon waren offenbar wenig geeignet für die Leitung einer Verwaltung. Drei von ihnen gehen in die Wahl.
Letztlich gehen SPD, FDP und SSW mit dem Hauptamtsleiter, die CDU mit einem längjährigen Kommunalpolitiker, die GRÜNEN mit einem Abteilungsleiter aus Lübeck ins Rennen. Unabhängig treten ein ehemaliger CDU-Fraktionsvorsitzender, ein Arbeitsloser und ein Manager aus Hamburg an — der hebt im ZEIT Interview sogar hervor, dass sein Vorteil wäre, dass er sich nicht mit Verwaltung auskenne — er käme aus der Industrie. Nur der GRÜNE Kandidat hatte es als externer Bewerber geschafft eine der Parteien zu überzeugen.
Problem 1: Vermischung von Wirtschaft und Politik
Wenn sich die Wirtschaft so direkt in demokratische Prozesse einmischt und ihre finanzielle Macht dafür einsetzt, einen gefälligeren Kandidaten zu finden, diskreditiert sie dadurch nicht nur den bisherigen Kandidaten, sondern gibt den neuen Kandidaten auch noch zusätzliche Publicity. Wenn einer von denen gewählt wird, steht der immer im Verdacht Strohmann der Wirtschaft zu sein. Ein Verdacht, den auch ein Bericht der WELT am Ende nahelegt.
Einer der unabhängigen Kandidaten ist Holger Eichhorn. Er hat bereits als Fraktionsvorsitzender der CDU gearbeitet und war schon einmal von 1990 bis 1994 zweiter Bürgermeister in Husum. Er sagte dem Online-Magazin eventmal.de:
„Als Husumer Bürger sehe ich die Aktion des Wirtschaftskreises als eine unzulässige Einmischung in die kommunale Selbstverwaltung an. Hier wurden Grenzen überschritten, die nicht hätten überschritten werden dürfen. Aus den vielen, vielen Gesprächen zu diesem Thema habe ich den Eindruck mitgenommen, das die HusumerInnen sowohl die Stadt als auch das Bürgermeisteramt als beschädigt ansehen.”
Problem 2: Wenige Kandidaten stellen sich zu Wahlen
Das anderes Problem sind die wenigen, geeigneten Bewerber. Wirklich reizvoll sind diese Jobs als Konkursverwalter der Kommune nicht. Und wer etwas für seinen Lebenslauf tun will, sollte vielleicht lieber kein politisches Amt anstreben. Einer der Husumer Bürger in der BR-Reportage meint, die Parteien müsste mal dafür sorgen, dass das attraktiver wird. Wenn man sich aber überlegt, dass die Parteien in Husum alle zusammen vielleicht 80 wirklich aktive, ehrenamtliche und oft bereits mehrfach eingebundene Mitglieder haben, dann fragt man sich wie eine Bürgermeisterwahl zum Beispiel mit professioneller, kommerzieller Unterhaltung mithalten könnte. Demokratie ist nur im Vergleich mit anderen Staatsformen attraktiv — wenn man aber gleichzeitig zusehen könnte, wie sich Stefan Raab im chinesischen Gemüsetopf einen Schneehang herunterrutschen lässt, wirkt sie fad und grau.
Problem 3: Die Menschen nutzen ihr demokratisches Recht nicht
Ein großer Bewerberkreis bedeutet keine große Wahlbeteiligung: In Flensburg hat es im letzten Herbst auch ohne Werbung neun (9!) Kandidaten gegeben und nur 27,8% der Flensburger sind wählen gegangen. Dort ergab sich eher der Eindruck, Bürgermeister wäre ein x-beliebiger Job, den jeder machen könne. Eine doppelte Diskreditierung des jetztigen Amtsinhabers.
„Die einen stellen sich nicht mehr zu Wahl und die anderen gehen nicht mehr wählen — ein interessantes System,” sagte Urban Priol einmal in „Neues aus der Anstalt”.
Kandidaten
- Uwe Schmitz (parteilos, unterstützt von SPD, FDP und SSW)
- Alfred Mordhorst (CDU, unterstützt von der CDU)
- Jens Johannsen (parteilos, unterstützt von den GRÜNEN)
- Holger Eichhorn (CDU)
- Martin Hanisch
- Zbigniew Wojenko
Links
Ergebnis: 43,0% Schmitz, 14,5% Hanisch, 14,1% Mordhorst, 14% Eichhorn, 13,2% Johannsen, 0,9% Wojenko, 0,5% Hargel — Über den letzten Kandidaten findet sich übrigens nirgends eine Info.
In die Stichwahl am 19. Juni gehen also Uwe Schmitz und Martin Hanisch.