Armageddon in Büdelsdorf? - Die jüngste Facebook-Party

Von | 8. August 2011

Im Landesblog habe ich es ein­fach: Wenn Sommerpause ist und die Stallwachen in den Landtagsfraktionen müh­se­lig nach Dingen im Stall suchen, auf die sich auf­zu­pas­sen loh­nen könn­te – dann schrei­be ich halt nichts. Die Leser wol­len das bit­te mit Genugtuung zur Kenntnis neh­men. Denn.

Denn bered­tes Schweigen ist deut­lich bes­ser als hek­tisch hei­ße Luft aus­zu­sto­ßen pus­ten und dabei nicht nur en pas­sant die Rechte von Bürgern zu miss­ach­ten.

In der ver­gan­ge­nen Woche berich­tet die shz über das bedau­er­li­che Schicksal eines Mannes aus Büdelsdorf, der zu einer Facebook-Party ein­ge­la­den hat­te und zum Zeitpunkt des Artikels auf­grund sei­nes Gesundheitszustandes auf rich­ter­li­che Anordnung hin „in die Psychiatrie” ein­ge­wie­sen wor­den war. 

Obwohl die Richtlinien zum Pressekodex recht ver­ständ­lich besa­gen, dass „psy­chi­sche Erkrankungen oder Schäden (…) in die Geheimsphäre des Betroffenen” fal­len, wis­sen wir seit­dem:

  • wie der jun­ge Mann mit Vornamen heißt,
  • wie viel Promille Alkohol sich in sei­nem Blut befan­den,
  • dass dort auch Drogen fest­ge­stellt wur­den,
  • in wel­cher Straße er wohnt
  • und – falls das in der 10.000-Einwohner-Stadt nahe Rendsburg nicht aus­reicht, um ihn zu iden­ti­fi­zie­ren — wie das Haus aus­sieht, in dem er wohnt.
  • Und weil der jun­ge Mann zu einer Facebook-Party ein­ge­la­den hat­te und nicht jeder bei Facebook ist – muss­te in die Bildunterschrift auch noch das Datum der Party.

Wie heißt es noch­mal in den Richtlinien: „Mit Rücksicht auf ihn und sei­ne Angehörigen soll die Presse in sol­chen Fällen auf Namensnennung und Bild ver­zich­ten (…)”. Das muss man ja nicht immer alles so eng sehen, schließ­lich plan­te der Mann mit der Facebook-Party ja das Sommerloch-Äquivalent eines Kapitalverbrechens.

Dank der Presseberichterstattung wuss­te ja nun jeder, was nicht statt­fin­den soll­te. Um den vor­ge­zo­ge­nen Weltuntergang in Büdelsdorf zu ver­hin­dern, waren dann auch 80 Polizisten vor Ort, wie die Kieler Nachrichten heu­te berich­ten. Um eine Party zu ver­hin­dern, die nicht statt­fand: Ganze 25 Platzverweise sprach die geball­te Ordnungmacht laut des Zeitungsberichtes aus, davon eini­ge auch an neu­gie­ri­ge Autofahrer, die wohl erst dank der Presseberichterstattung „immer wie­der” an dem Grundstück vor­bei­fuh­ren. Wo bleibt das Positive? Hier: Pfefferspray muss­te anschei­nend nicht ein­ge­setzt wer­den, auch Wasserwerfer waren wohl nicht vor Ort.

Könnten wir uns jetzt bit­te den eigent­li­chen Themen zuwen­den und auf­hö­ren, die Landesmeisterschaften im Niveaulimbo aus­zu­tra­gen? Ich hät­te sonst näm­lich eine wenigs­tens eben­so bescheu­er­te Idee, wem man die Kosten des Polizeieinsatzes aufs Auge drü­cken könn­te.

Von:

Swen Wacker, 49, im Herzen Kieler, wohnt in Lüneburg, arbeitet in Hamburg.

Ein Gedanke zu “Armageddon in Büdelsdorf? - Die jüngste Facebook-Party”:

  1. Dietmar Wagner

    Schön, wenn man für sich ein Lob ver­bu­chen kann, weil man nichts geschrie­ben hat. Ich hat­te näm­lich auch nach­ge­dacht, ob wir das Thema auf http://www.kielblognews.de ver­fol­gen soll­ten. Und hab mich dage­gen ent­schei­den. Puh…

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