Der Konflikt zwischen dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz (ULD) und Facebook um den „Gefällt-Mir-Button“ und Fanseiten hat zu kontroversen Diskussionen bei Parteien, Institutionen, Verbänden und Experten, aber auch auf Seiten der Besucher/-innen und Nutzer-/innen von Facebook geführt.
Das Landesblog will nicht nur berichten, sondern auch Platz für Debatten sein. Ich habe deshalb alle Parteien sowie einige Verbände aus Schleswig-Holstein gebeten, uns ihre Sicht der Dinge zum Themenkomplex Facebook/Datenschutz im Landesblog darzustellen. Hier der Beitrag des IHK Schleswig-Holstein.
Weitere Artikel in der Debatte um Facebook finden Sie hier.
Die Autorin ist Rechtsreferentin Tina Möller aus der Abteilung Recht und Fair Play der IHK Schleswig-Holstein Stellung.
Die IHK Schleswig-Holstein erachtet Datenschutz als wichtig, kritisiert jedoch das Vorgehen des ULD aus verschiedener Sicht.
1) Die Rechtslage ist keineswegs so eindeutig, wie es der ULD in seinem Arbeitspapier und seinen Presseerklärungen mitteilt. Viele Grundannahmen, die der ULD trifft, sind unter Datenschutz-Rechtsexperten äußerst umstritten. Hinzu kommt, dass die bestehenden Gesetze sich nicht problemlos auf neue technische Entwicklungen anwenden lassen. Hier wäre der Dialog mit dem Gesetzgeber der richtige Weg, um Rechtssicherheit zu schaffen statt Unsicherheit zu verbreiten.
2) Auch die Art der Vorgehensweise des ULD ist rechtlich äußerst bedenklich, da eine behördliche Einrichtung zur sachlichen Darstellung in der Öffentlichkeit verpflichtet ist. Dass jedoch einzelne rechtliche Annahmen umstritten und juristisch nicht eindeutig sind, hat der ULD schlicht verschwiegen. Stattdessen wird eine bußgeldrechtliche Verantwortung für Fanpage-Betreiber und „Gefällt mir“-Button trotz ungeklärter Rechtslage unterstellt und hohe Bußgelder angedroht.
3) Der ULD erweckt den Eindruck, dass alle dort im Arbeitspapier beschriebenen Datenschutzverstöße automatisch ein Bußgeld nach sich ziehen. Selbst wenn man jeweils einen Datenschutzverstoß annehmen würde, ist der ULD nicht für jeden Fall berechtigt, ein Bußgeld zu verhängen. Die rechtliche Verantwortlichkeit im Sinne einer Ordnungswidrigkeit ist wesentlich eingeschränkter, als es der ULD vermittelt.
4) Bedenklich ist auch, dass der ULD seiner rechtlichen Überprüfung technische Annahmen zugrunde gelegt hat, die zwischenzeitlich von Facebook widerlegt wurden. Weder im Vorwege noch zum jetzigen Zeitpunkt hat sich der ULD gegenüber Facebook zu den technischen Einzelheiten gesprächsbereit gezeigt. Dass zwischenzeitlich ein Treffen zwischen beiden zustande kam, ist lediglich auf ein Drängen des Innen- und Rechtsausschusses zurückzuführen. Eine aktuelle Einladung von Facebook nach Irland, um Einblick in die technischen Abläufe zu gewähren, schlägt Herr Weichert kategorisch aus.
5) Eine Abstimmung zwischen allen Landesdatenschutzbeauftragten in Deutschland ist offenbar nicht erfolgt. Eine bundesweit einheitliche Vorgehensweise ist nicht erkennbar.
6) Für schleswig-holsteinische Unternehmen bedeutet dieses punktuelle Vorgehen des ULD enorme Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Firmen im Bundesgebiet. Insbesondere die sog. Facebook — Fanpages sind für viele unserer Mitgliedsunternehmen von großer Bedeutung. Sie bilden einen wichtigen Vertriebs- und Kommunikationskanal zu ihren Kunden und sind oft schon der einzige Kanal im Internet.
7) Die bestehenden Gesetzesgrundlagen lassen leider keine eindeutige Rechtseinschätzung in diesen neuen datenschutzrechtlichen Fragestellungen zu, weshalb hier in erster Linie der Gesetzgeber und nicht die Vollzugsbehörden gefragt ist. Die kritischen Rechtsfragen, die in Bezug auf Facebook diskutiert werden, sind gleichzeitig von grundsätzlicher Bedeutung und betreffen weitere aktuelle und mit Sicherheit auch zukünftig noch entstehende Angebote und zwar in ganz Deutschland bzw. Europa. An dieser Stelle ist Rechtssicherheit gefordert.
8 ) Die ausgelöste Unsicherheit beeinträchtigt ein notwendiges positives Innovationsklima in Bezug auf neue technische Entwicklungen bei uns im Lande.
Dieser Vormarsch hat für sehr viel Verunsicherung bei unseren Firmen im Lande gesorgt. Aus diesem Grund stellt sich die IHK Schleswig-Holstein vor ihre Mitgliedsunternehmen und fordert den ULD auf, eine Rechtsklärung mit der IHK beizuführen — stellvertretend für unsere Unternehmen in Schleswig-Holstein. Bislang betreibt die IHK zu Lübeck als Schwesterkammer in der IHK Schleswig-Holstein zwei Facebook-Fanpages. Unter anderem ist das Angebot „IHK-Ausbildungslotsen“ eine Plattform für alle Jugendliche, die sich über Ausbildung informieren wollen. Auch den „Like it“-Button planen die IHKs in Schleswig-Holstein auf ihrer gemeinsamen Internetseite www.ihk-schleswig-holstein.de einzusetzen.
Wir scheuen auch keine gerichtliche Auseinandersetzung, um Rechtssicherheit zu erlangen. Dabei stehen wir nicht auf der Seite von Facebook, sondern auf der Seite unserer Mitgliedsunternehmen.