Der Konflikt zwischen dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz (ULD) und Facebook um den „Gefällt-Mir-Button“ und Fanseiten hat zu kontroversen Diskussionen bei Parteien, Institutionen, Verbänden und Experten, aber auch auf Seiten der Besucher/-innen und Nutzer-/innen von Facebook geführt.
Das Landesblog will nicht nur berichten, sondern auch Platz für Debatten sein. Ich habe deshalb alle Parteien sowie einige Verbände aus Schleswig-Holstein gebeten, uns ihre Sicht der Dinge zum Themenkomplex Facebook/Datenschutz im Landesblog darzustellen. Hier der Beitrag der SPD Schleswig-Holstein.
Weitere Artikel in der Debatte um Facebook finden sie hier.
Amin Hamadmad ist Pressesprecher des SPD Landesverbandes. Er twittert unter SPD_Amin. Steffen Voß ist Social-Media-Referent der SPD Schleswig-Holstein, er bloggt auch ab und an im Landesblog, vornehmlich aber hier.
Facebook ist ein Phänomen, das die Gesellschaft auf viele verschiedene Weise herausfordert. Dabei ist das gar nicht nur das übliche „alte Offline-Welt vs. Online”, sondern Facebook stellt auch vieles auf den Kopf, was wir über das Internet geglaubt oder gehofft haben – zum Beispiel die starke Zentralisierung und Festlegung auf nur einen Anbieter. „Too big to fail“ – derzeit ist facebook nicht wegzudenken, ernstzunehmende Konkurrenz noch nicht sichtbar. Mit der daraus resultierenden Macht für Einzelne müssen wir lernen umzugehen – auch und vor allem diejenigen, die Hoffnungen auf mehr Transparenz und gesellschaftliche Teilhabe über das Internet hegen.
Facebook ist in der aktuellen Diskussion um den Datenschutz nur ein Platzhalter für alle möglichen Firmen — von Twitter über Youtube bis hin zu Amazon. Auch dort werden fleißig Daten gesammelt und genutzt. Facebook ist ohne Frage das extremste Beispiel, an dem man viele Fragen durch deklinieren kann.
Greifen wir die Frage „Datenschutz — ja oder nein” heraus: Es geht bei der Diskussion, die die ULD entfacht, nicht um das, was Menschen bei Facebook veröffentlichen. Das ist keine Frage des Datenschutzes, sondern der Medienkompetenz. Es geht im Wesentlichen um die Daten, die Facebook unter anderem dadurch sammelt, dass Webseiten-BetreiberInnen in aller Welt Facebooks Widgets einbauen. Wir gehen davon aus, dass die meisten Deutschen nicht wollen, dass Informationen über sie gesammelt, sortiert, gebündelt und verknüpft werden. Nicht vom Staat und nicht von Unternehmen. Erst recht nicht in der Weise, wie Facebook dies tut.
Wir haben Deutsche und Europäische Datenschutzbestimmungen. Gesetze, die den Willen der Bevölkerung über das, was mit ihren Daten geschehen darf, zum Ausdruck bringen. An dieses Recht müssen sich in Europa und Deutschland agierenden Unternehmen halten. Es gibt auch die zweite Seite – die des Partners bzw. der NutzerInnen der vom Unternehmen gestellten Infrastruktur. Diese Seite in der Diskussion nun in den Fokus zu stellen, ist nicht zielführend und lenkt vom eigentlichen Problem ab: Der Nichtdurchsetzung geltenden Rechts durch staatliche Institutionen.
Ein erster guter Ansatz dies zu ändern ist, nationalstaatliche Rahmen auf der technischen Ebene klarer zu fassen. Ein gutes Projekt dazu hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen
Der internationale Charakter des Internets mindert die Gestaltungs- und Regulierungsmöglichkeiten des demokratischen Nationalstaates. Ein Grund mehr, sich der internationalen, bzw. europäischen Ebene zuzuwenden.
Es gäbe durchaus Hebel, um Facebook zu zwingen, europäischem Recht zu entsprechen, denn Facebook will in Europa Geld verdienen. Und es will, dass sich deutsche Geschäftspartner an geschlossene Verträge halten. Einfluss auf die Vertragsgestaltung zu nehmen, ist also ein Schlüssel zur Lösung. Wenn die Unternehmen in Deutschland ein so großes Interesse an der weiteren Nutzung von Facebook haben, sollte man auch nach dem Einsatz ihrer unbestrittenen Marktmacht zur Beeinflussung der Unternehmensstrategie von Facebook in Sachen Datenschutz fragen. Auch und gerade hier Verbündete zu suchen, wäre eine gute Strategie für die Politik. Unternehmen, die bei Facebook aktiv sind, mit Strafzahlungen zu konfrontieren könnte in diesem Zusammenhang kontraproduktiv sein.
Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert, was gerade unter dem Schlagwort „Europe versus Facebook“ stattfindet. Die im ersten Moment etwas spontan wirkende Aktion eines Studenten aus Österreich hat sich mittlerweile zu einem ernst zu nehmenden Projekt entwickelt. Facebook – mit europäischen Niedrigsteuersatz-Sitz in Irland – dort wegen der Nichteinhaltung der europäischen Datenschutzrichtlinie anzuzeig
Wünschenswert wäre mehr Interesse des Europäischen Parlaments, der Bundesregierung und auch der Länder und ihren Datenschützern an den Vorgängen in Irland, stellen sie doch wahrscheinlich einen der wenigen effektiven Hebel zur Verpflichtung eines großen amerikanischen Unternehmens auf die europäische Datenschutzrichtlinie dar.