Der Konflikt zwischen dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz (ULD) und Facebook um den „Gefällt-Mir-Button“ und Fanseiten hat zu kontroversen Diskussionen bei Parteien, Institutionen, Verbänden und Experten, aber auch auf Seiten der Besucher/-innen und Nutzer-/innen von Facebook geführt.
Das Landesblog will nicht nur berichten, sondern auch Platz für Debatten sein. Ich habe deshalb alle Parteien sowie einige Verbände aus Schleswig-Holstein gebeten, uns ihre Sicht der Dinge zum Themenkomplex Facebook/Datenschutz im Landesblog darzustellen. Hier der Beitrag des SSW Schleswig-Holstein.
Weitere Artikel zu der Debatte um Facebook finden Sie hier.
Anke Spoorendonk ist Vorsitzende der SSW-Fraktion im Kieler Landtag. Der SSW vertritt die Interessen der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein.
Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz ist die zuständige Aufsichtsbehörde für den Datenschutz in Schleswig-Holstein. Laut § 38 des Landesdatenschutzgesetzes nimmt das ULD seine Aufgaben in Unabhängigkeit war. Nach der Änderung des Landesdatenschutzgesetzes im September dieses Jahres ist das ULD damit auch nicht mehr dem Innenministerium unterstellt, sondern gemäß EuGH-Rechtsprechung völlig unabhängig.
Die Unabhängigkeit des ULD muss aus Sicht des SSW berücksichtigt werden, wenn man sich zum Streit zwischen Datenschutzzentrum und Facebook äußert. Das ULD arbeitet nämlich unabhängig und lässt sich — wie wir am Streit mit Facebook sehen können — auch nicht einschüchtern. Das ist erst einmal gut so.
Ohne Frage hat das ULD mit der Reichweitenanalyse gegen Facebook und der Androhung von Bußgeldern gegen schleswig-holsteinische Homepage-Betreiber für einen Paukenschlag gesorgt. Allerdings muss in dem Streit differenziert werden zwischen der Auseinandersetzung zwischen ULD und Facebook und ULD und schleswig-holsteinischen Unternehmen.
Facebook hat sich in Sachen Datenschutz und vor allem auch der Kritik an ihrer intransparenten Datenverarbeitung bisher wenig gesprächsbereit gezeigt. Durch den Paukenschlag des ULD ist es immerhin zu ersten Gesprächen gekommen. Diese haben aber noch nicht dazu führen können, dass der Datenschutzbeauftragte Schleswig-Holsteins seine Kritik an Facebook zurück genommen hat. Die Datenschützer von Bund und Ländern haben sich der Kritik Thilo Weicherts angeschlossen und ebenfalls öffentliche Homepage-Betreiber zu einem zurückhaltenden Umgang mit sozialen Netzwerken wie Facebook aufgefordert. Es ist also nicht so, dass das ULD in seiner Kritik völlig isoliert dasteht.
Die Kritik von Herrn Weichert hat dazu geführt, dass schleswig-holsteinische Unternehmen und Behörden den „Like-It“-Button von ihrer Homepage genommen haben. Dies zeugt davon, dass das ULD ernst genommen wird und nicht nur die Nutzer eine Verantwortung dafür tragen, welche Informationen sie über sich im Internet preisgeben, sondern auch die Unternehmen eine Verantwortung dafür tragen, an wen ihre Daten übermittelt werden.
Der SSW vertritt die Meinung, dass der Datenschutz in sozialen Netzwerken verbessert werden muss. Keiner von uns kann behaupten, dass er anhand von Facebooks Geschäftsbedingungen in vollem Umfang verstanden hat, was mit den eingegebenen Daten passiert. Geschweige denn, dass wir genau wissen, welche Daten über uns gespeichert werden, die wir gar nicht eingeben. Der österreichische Student Max Schrems hat mit der Anforderung seiner gesammelten Daten bei Facebook interessante Ergebnisse dazu bekommen. Demnach speichert Facebook nicht nur die von ihm angegebenen Daten seines Profils, sondern darüber hinaus auch alle gelöschten Daten und auch Informationen, die Facebook durch Datenkombinationen erhält.
Aus Sicht des SSW können wir nur mit Datenschutz die informationelle Selbstbestimmung als hohes Gut der Informationsgesellschaft aufrecht erhalten. Informationelle Selbstbestimmung läuft auf Kommunikation hinaus, die selbstbestimmt ist und diese nicht verhindert. Selbstbestimmte Kommunikation kann allerdings nur möglich sein, wenn der/die Betroffene weiß, welche Rechte er/sie hat und diese auch wahrnehmen kann. Die Datenverarbeitung muss also transparent sein und das ist sie bei Facebook derzeit nicht. Darüber hinaus muss die Selbstbestimmung in der Hand der Nutzerinnen und Nutzer bleiben. Diese müssen bestimmen können, welche Daten über sie im Netz zu finden sind oder nicht. Und wir brauchen ein Recht auf digitales Vergessen. Wenn eine Nutzerin oder ein Nutzer ihre/seine Daten löscht, müssen diese auch weg sein.
Aus Sicht des SSW ist die mediale Auseinandersetzung zwischen ULD und Homepage-Betreibern, die den „Like-It“-Button nicht runternehmen wollen — hier insbesondere die Staatskanzlei — völlig unsinnig. Wir können nicht einen Landesdatenschutzbeauftragten demokratisch wählen und ihm den Auftrag geben, nicht nur in Sachen Datenschutz zu beraten, sondern auch Beanstandungen auszusprechen, um ihn anschließend in aller Öffentlichkeit zu erklären, dass man seine Arbeit nicht ernst nimmt und sie ignoriert. So geht man nicht mit einem Beauftragten des Landes um — schon gar nicht, wenn man der Ministerpräsident des Landes ist. Hier geht die Landesregierung mit sehr schlechtem Beispiel in Sachen moderne Datenschutzpolitik voran.
Wenn das ULD mit seinem Paukenschlag gegen Facebook einem modernen Datenschutz und einer klaren Rechtsprechung zur Verantwortlichkeit näher kommt, kann dies aus Sicht des SSW nur begrüßt werden. Es ist gut und richtig, dass wir einen Datenschutzbeauftragten haben, der informationshungrigen Konzernen genau auf die Finger schaut. Dabei handelt das ULD unabhängig und ohne Einmischung der Politik. Und das ist auch gut so.
Der SSW hat im Übrigen auf den aktuellen Konflikt damit reagiert, dass wir eine bereits erstellte Facebook-Fanpage der Partei vorerst nicht online gestellt haben.