Der NDR hat eine neue Umfrage veröffentlicht: Danach liegen SPD und CDU gleichauf.
Gemeinhin nimmt man an, dass Wahlkampferfolge in den Ländern von der Bekanntheit und Beliebtheit der Spitzenkandidaten abhängen. Ende September 2011 berichtete der NDR, 45 Prozent der Befragten würden Torsten Albig (SPD) zum Ministerpräsidenten wählen, 27 Prozent den damals frisch erkorenen Jost de Jager (CDU) (wenn es denn eine Direktwahl gäbe, je 12 Prozent wollten keinen von beiden oder schauen RTL II wissen nicht, was sie wollen). Heute würde de Jager 29 Prozent wählen, Albig bliebe bei 45 Prozent. Damit hat de Jager minimal aufgeholt, Albig konnte seinen Vorsprung nicht ausbauen.
Der veröffentlichte Eindruck ist, dass die bisherigen Kampagnen der beiden Kontrahenten eher unglücklich verliefen. Die CDU verpatze den Kampagnen-Wahlkampfauftakt durch einen grün gefärbten Schal und in den letzten Tagen warf der Kandidat durch die faktische Ausrufung des Tabu-Bereiches Polizei den bisherig vorurteilslosen Sparkurs der Regierung Carstensen über den Haufen. Auch Torsten Albigs eher präsidial-unverbindlichen Auftritte wurden in der veröffentlichten Meinung häufig als wenig effizient eingeschätzt, dafür die Zahl der Fettnäpfe bei der Nennung konkreter Zahlen oder Ziele eher hoch. An den Umfrageergebnissen kann man das nicht ablesen. Es scheint auch nicht so, dass bei der Personenfrage parteipolitische Bundestendenzen durchschlagen. Dafür ist der Unterschied zu groß.
Ginge es nach den Wählern, dann wäre die Wunschkoalition rot-grün. 28 Prozent (minus(!) 4 Prozent) der Befragten sprechen sich für diese Koalition aus. Im Kommen ist in der Wählergunst die große Koalition: 22 Prozent (plus(!) 5 Prozent) goutieren eine Regierung aus CDU und SPD. Schwarz-grün ist mit schlappen 6 Prozent nichts, was die Wähler interessiert. Selbst die angesichts der Prognose der FDP unmöglich erscheinende Fortsetzung der jetzigen Koalition aus CDU und FDP wünschen sich mehr Wähler: 9 Prozent. Es scheint, als ob den Grünen eine klare Aussage zugunsten der SPD nicht schmerzen würde. Ganz im Gegenteil.
Vergleichen wir die jüngsten Umfrageergebnisse in Schleswig-Holstein, dann hat sich wenig verändert: CDU und SPD liegen Kopf an Kopf, die Grünen folgen mit deutlichem Abstand dahinter. FDP und Linke sind stabil draußen, die Piraten dürfen immerhin zittern. Aus dem Lager der sonstigen droht keine Überraschung.
Update: ärgerlich finde ich einen kleinen aber durchaus feinen und leider sinnentstellenden Fehler bei der Wiedergabe beim NDR. Dort steht „Die wichtigsten politischen Themen in Schleswig-Holstein sind …”. Tatsächlich hat Infratest-dimap aber gefragt: „Welche politischen Themen sind für Ihre Entscheidung derzeit ausschlaggebend”. Ich glaube nämlich, dass wir Bürger gut unterscheiden können zwischen „Ja ja, das Thema ist wichtig” und „Und das ist das Thema, das für mir ausschlaggebend ist”.
Und für die Strategen: Wenn ich als Wahlkämpfer weiß, dass letzteres die Antwort ist, kann ich mich viel mehr darauf verlassen, dass das Thema auch im Wahlkampf besetzt werden sollte, um Wählerstimmen zu aktivieren. Also: Schul- und Bildungspolitik, Finanz- und Wirtschaftskrise, Umwelt- und Klimapolitik und Wirtschaft sind TOP-Themen. Innere Sicherheit nicht; oder wurde nach diesem Thema einfach nicht gefragt? Das wäre ärgerlich, weil das eines der wenigen Themenfelder ist, in denen ein Land gestaltend tätig werden kann.
Bislang war es üblich, dass der NDR in den letzten Monaten vor der Wahl monatlich eine Umfrage veröffentlicht. Zum Schluss dann in halbmonatlichen Abständen. Denkbar wären außerdem noch Umfragen der Lübecker Nachrichten und des ZDF im April. Der sh:z hat schon eine Umfrage gemacht, die Kieler Nachrichten haben in den letzten Jahren keine Umfragen finanziert.
Betrachtet man den Umfragezeitraum, so könnte man mutmaßen, dass die Aktionen der FDP in den letzten Tagen in Schleswig-Holstein damit zusammen hingen, sich erhoffen zu können, durch landespolitische Medienpräsenz Stimmen zu erhaschen. Wenns das war, dann hat es nichts gebracht. Die drei vor dem Komma ist nicht sonderlich motivierend.
Nicht hinreichend zu trennen ist die Motivlage der Wählerinnen und Wähler: Werden sie tatsächlich (schon) geleitet von landespolitischen Erwägungen oder stehen (noch) bundespolitische Präferenzen in Vordergrund?
Institut | Auftrag-geber | Befragte | Zeitraum | Datum | CDU | SPD | Grüne | FDP | Linke | SSW | Piraten | andere |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
FG Wahlen | ZDF | ca. 1.000 | 23.04. — 26.04. | 27.04.12 | 31% | 31% | 12,5% | 7% | 2,5% | 4% | 9% | 3% |
Infratest dimap | NDR | ca. 1.000 | 24.04. — 26.04. | 26.04.12 | 30% | 32% | 13% | 6% | 2,5% | 4,5% | 9% | 3% |
Infratest dimap | NDR | ca. 1.000 | 12.04. — 17.04. | 19.04.12 | 31% | 32% | 13% | 5% | 2% | 4% | 10% | 3% |
Infratest dimap | NDR | ca. 1.000 | 10.04. — 11.04. | 12.04.12 | 32% | 32% | 12% | 4% | 3% | 4% | 11% | 2% |
Infratest dimap | NDR | ca. 1.000 | 29.03. 2012 | 29.03.12 | 34% | 32% | 15% | 4% | 4% | 4% | 5% | 2% |
Infratest dimap | FDP Bundes-verband | ca. 1.000 | 09.03. – 13.03 | 16.03.12 | 34% | 33% | 15% | 4% | 3% | 4% | 5% | 2% |
Forsa | CDU Landes-verband | ? | 01.03. 2012? | n. v. (Quellen: HA, KN) | 35% | 35% | 13% | 2% | 3% | 4% | 5% | 3% |
Infratest dimap | NDR | 1.000 | 13.02 — 16.02. | 17.02.12 | 33% | 33% | 16% | 3% | 3% | 3% | 5% | 4% |
Emnid | FDP Bundes-verband | 1.000 | 17.01. – 19.01. | 20.01.12 | 34% | 32% | 15% | 4% | 3% | 3% | 7% | 2% |
Forsa | sh:z | 1.002 | 15.11. – 17.11. | 18.11.11 | 33% | 32% | 17% | 3% | 3% | 3% | 6% | 3% |
Infratest dimap | NDR | 1.000 | 26.09. – 27.09. | 28.09.11 | 30% | 34% | 21% | 3% | 2% | 3% | 4% | 3% |
Landtags-Wahl 2009 | 27.09.09 | 31,5% | 25,4% | 12,4% | 14,9% | 6,0% | 4,3% | 1,8% | 3,5% |
Quelle der Zahlenwerte: Wahlrecht.de Hinweis: Die Tabelle wird auch nach Erscheinen des Artikel regelmäßig aktualisiert.
Interessant an der Umfrage finde ich, dass in den vorherigen drei Umfragen der Abstand zwischen schwarzgelb und rotgrün stetig kleiner wurde, von anfangs 22 auf nur noch 9 Prozentpunkte Vorsprung für rotgrün. Nun ist dieser Trend nicht nur gestoppt, sondern umgekehrt worden: Er ist wieder auf 13 Prozentpunkte gewachsen.