Landesrechnungshof: Das Land soll sparsam sein - Nachfolgerdiskussion eröffnet

Von | 14. Mai 2012

Der Präsident des Landesrechnungshofs, Dr. Aloys Altmann, hat am Freitag (11. Mai 2011) sei­ne jähr­li­chen Bemerkungen vor­ge­stellt, in denen der Landesrechnungshof zu finan­zi­el­len Situation des Landes und zu der Frage, ob das Land spar­sam und wirt­schaft­lich mit unse­ren Steuergeldern umgeht, Stellung nimmt. Er fin­det, wenig über­ra­schend: „Oberstes Gebot von Landtag und Landesregierung muss die Sanierung des Haushalts sein. Dies ist und bleibt die wich­tigs­te Aufgabe der Politik in Schleswig-Holstein. Die neue Landesregierung muss viel­mehr zusätz­li­che Sparmaßnahmen ergrei­fen, um den wei­te­ren Defizitabbau ab 2013 sicher­zu­stel­len.

Altmann, der dem­nächst in den Ruhestand geht, lob­te die alte Landesregierung – Das Ziel, das struk­tu­rel­le Defizit 2011 um 10 % zu redu­zie­ren, wur­de erreicht – und gibt der neu­en mit auf den Weg, dass die gute kon­junk­tu­rel­le Lage nicht dar­über hin­weg­täu­schen dür­fe, dass das Land immer noch tief in den roten Zahlen ste­cke: Das struk­tu­rel­le Defizit lag Ende 2011 immer noch bei 963 Mio. €; die Schulden des Landes wer­den bis 2020 – dann greift das Neuverschuldungsverbot – vor­aus­sicht­lich noch auf 31 Mrd. € anwach­sen.

Der größ­te Brocken sind die Personalausgaben: jähr­lich 3,3 Mrd. €. Die Vorschläge des Landesrechnungshof sind eigent­lich banal, aber in der Praxis noch nie umge­setzt wor­den: Der Stellenabbau bis 2020 um mehr als 5.300 Stellen (das ent­spricht einem jähr­li­chen Gegenwert von 267 Millionen €) setzt vor­aus, dass Parlament und Regierung fest­le­gen, wel­che Kern- und Zukunftsaufgaben das Land künf­tig erfül­len soll — und wel­che Aufgaben weg­fal­len.

Besonders her­vor­ge­ho­ben haben die Prüfer in die­sem Jahr Bildungsthemen.
Der Unterrichtsausfall an öffent­li­chen Gymnasien ist ihrer Meinung nach unver­än­dert hoch. An den Gymnasien Schleswig-Holsteins lag die Ausfallquote im Schuljahr 2009/​10 bei 9,66 Prozent. Das Bildungsministerium rech­net anders — und gelangt zu einer Ausfallquote von 2,85 Prozent. Aus Sicht des LRH beson­ders ärger­lich: Ein erheb­li­cher Teil des Unterrichtsausfalls wer­de durch vor­her­seh­ba­re Ereignisse wie Zeugnisausgaben, münd­li­che Abitur oder Lehrerfortbildungen ver­ur­sacht. Die Prüfer war­nen vor alten Holzwegen. „Keinesfalls soll­te dem Unterrichtsausfall mit neu­en Stellen begeg­net wer­den. Ein sol­ches Verfahren hat in den ver­gan­ge­nen Jahren zu kei­nen mess­ba­ren Erfolgen geführt.
Das Klugsche Gymnasium 2012 (G8 und/​oder G9) wird (allein) aus der finan­zi­el­len Warte betrach­tet und schafft die Versetzung nicht: „Die Wiedereinführung von G9-Bildungsgängen an Gymnasien ver­ur­sacht zusätz­li­che Kosten. Um ein Mindestmaß an Wirtschaftlichkeit zu bewah­ren, dür­fen kei­ne par­al­le­len G8- und G9-Bildungsgänge mehr geneh­migt wer­den.“

Die Hochschulen hin­ge­gen wer­den den Bericht, jeden­falls in Teilen, vol­ler Freude zitie­ren: „Die schles­wig-hol­stei­ni­schen Hochschulen sind unter­fi­nan­ziert. Je nach Berechnung benö­ti­gen sie zwi­schen 16 und 32 Millionen Euro zusätz­lich für den lau­fen­den Betrieb. Gleichzeitig stei­gen die Anforderungen in Forschung und Lehre. Hierzu bedarf es eines stra­te­gi­schen Hochschulkonzepts des Landes.“

Nicht jede Steigerungsrate muss dazu füh­ren, dass der LRH Kürzungen anmahnt. Die Ausgaben der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung etwa stie­gen von 1999 bis 2010 von 345 Millionen Euro auf 569 Millionen Euro. Mit sol­chen Steigerungsraten ist die Eingliederungshilfe nach Auffassung des Landesrechnungshofs nicht mehr finan­zier­bar. Er pro­gnos­ti­ziert einen Anstieg bis 2020 auf 815 Millionen Euro. Auch für die Rechnungsprüfer ste­hen Mittelkürzungen aber nicht zur Debatte. Der Landesrechnungshof schlägt, sehr eigen­nüt­zig, ent­spre­chen­de Prüfungsrechte für sich vor. Die hat er, was kein Einzelfall ist, näm­lich augen­blick­lich nicht. Seiner Meinung nach könn­te Prüfungsrechte und die damit zur Verfügung ste­hen­de „Waffe“ der Veröffentlichung für mehr Transparenz sor­gen.

Wer glaubt, dass der LRH das gern kri­ti­sier­te „Beauftragtenunwesen“ pau­schal über­nimmt, der täuscht sich. Auch die Finanzwächter schla­gen mal einen vor. Die IT-Organisation des Landes ist ihrer Meinung nach nicht (mehr) zeit­ge­mäß. Abhilfe könn­te unter ande­rem ein Beauftragter für die Landes-IT, der die IT-Strategie des Landes ver­ant­wor­tet, schaf­fen.

Ambivalent für die Finanzen des Landes ist auch sei­ne Forderung, die steu­er­li­chen Privilegien für Betriebe der öffent­li­chen Hand zu über­prü­fen. Aus Sicht des LRH muss der Staat, wenn er wie ein pri­va­ter Unternehmer han­delt, auch in glei­cher Weise besteu­ert wer­den. Das ist sicher gerecht, führt natür­lich aber auch zu Mehrausgaben.

Der gesamt Bericht und die Presseerklärung dazu lie­gen hier bereit.

Nachfolgerdiskussion beginnt

Natürlich schos­sen auf den Fluren gleich die Gerüchte ins Kraut, wer wohl Altmanns Nachfolger wer­de kön­ne: Der Inhaber wer­de tra­di­tio­nell von der par­la­men­ta­ri­schen Opposition vor­ge­schla­gen: Und wenn das zum Beispiel der Abgeordnete Rainer Wiegard wäre, ein aus­ge­wie­sen erfolg­rei­cher Finanzpolitiker mit star­ken Drang zur Konsolidierung der Landesfinanzen, dann rücke ja Jost de Jager ehren­voll in den Landtag nach …

Dazu ein paar Sachinformationen.

Die Präsidenten des LRH wer­den augen­schein­lich nicht tra­di­tio­nell von der Opposition gestellt.
Die Verstrickungen des Dr. Karl Marbach (1953 bis 1974 Präsident des LRH) las­sen in mir Zweifel auf­kom­men, dass er der SPD ange­hört haben könn­te oder nahe stand. Dr. Reinhold Borzikowsky, von 1974 bis 1978 Präsident des LRH, war zuvor Landrat im Kreis Nordfriesland und dann Staatssekretär in den Kabinetten der Ministerpräsidenten Dr. Lemke und Dr. Stoltenberg. Sein Nachfolger Dr. Wolfgang Böning (1978 bis 1989), zunächst Richter im Landesdienst, gehör­te von 1970 bis 1978 als Staatssekretär CDU-geführ­ten Landesregierungen an. Auch sol­che Vita legen SPD-Nähe nicht nahe. Dr. Gernot Korthals (1991 bis 2003) war zuvor (auf Ticket der CDU) Landrat in Schleswig-Flensburg. Mit Dr. Aloys Altmann wur­de 2004 ein Sozialdemokrat Präsident des LRH. Lediglich Herr Dr. Korthals (unter der SPD-Allein-Regierung) und Herr Dr. Altmann (zur Zeit der gro­ßen Koalition unter MP Carstensen) wichen von der Regel ab.  

Der Präsident des Landesrechnungshofs war noch nie zuvor Minister.
Hält man sich die Lebensläufe sei­ner Vorgänger – die von mir nicht genann­ten Lebensläufe von Alfred Rausch (1947 – 48, zuvor immer Beamter) und Dr. Heinrich Clasen (1951 bis 1952, zuvor Bürgermeister in Husum und Landrat in Nordfriesland) bestä­ti­gen dies – vor Augen, dann kommt man unwei­ger­lich zu dem Schluss, Herr Wiegard wäre über­qua­li­fi­ziert.

Und schließ­lich liegt es nicht nahe, dass eine neue Regierung es durch eige­nes Zutun Jost de Jager ermög­licht, in den Landtag zurück­zu­keh­ren.

Deshalb wird man Kandidaten wohl nicht im Landtag suchen.

Von:

Swen Wacker, 49, im Herzen Kieler, wohnt in Lüneburg, arbeitet in Hamburg.

Ein Gedanke zu “Landesrechnungshof: Das Land soll sparsam sein - Nachfolgerdiskussion eröffnet”:

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