Neu: regelmäßiger Newsletter zu Gedenkstätten und Erinnerungsorten in Schleswig-Holstein

Von | 29. Juni 2012
Logo der Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten

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Als ich ein klei­ner Junge war, in den 1970er Jahren, gin­gen Männer mit zer­stüm­mel­ten Gesichtern oder feh­len­den Gliedmaßen in grau­en Mänteln, die mal zwei Reihen mit Knöpfen gehabt haben muss­ten, schwei­gend durch unse­re Straßen. Das war das, was ich vom Krieg sah. Mein Vater, 1935 gebo­ren, konn­te erzäh­len wie es ist, wenn man aus­ge­bombt wur­de. Von sei­ner Mutter hör­te ich erst­mals die Worte „Faschisten“ und „Nazis“. Sie konn­te die Geschichte aus eige­nem Erleben erzäh­len. So war ich auf­ge­klärt, aus ers­ter Hand, als „die Sache“, ziem­lich knapp, spä­ter dann im Geschichtsunterricht dran kam.

Wenn heu­te ein Kollege mit 65 Jahren sei­nen Ausstand gibt, dann hat er den zwei­ten Weltkrieg nicht mal theo­re­tisch mit­er­lebt. Er ist nach­ge­bo­ren. Als am 06.12.2011, aus Anlass des 70. Jahrestages der Deportation der Juden aus Schleswig-Holstein die 90-Jährige Professorin Miriam Gillis-Carlebach aus Israel im Kieler Landtag über ihr Leben sprach, da ahn­te auch der Letzte, dass die Ära der Zeitzeugen zuen­de gehen wird.

Was bleibt, ist die Aufgabe, Informationen und Dokumente zu erhal­ten und zu archi­vie­ren, sie wis­sen­schaft­lich auf­zu­ar­bei­ten und sowohl die Informationen wie auch die Forschungsergebnisse öffent­lich zu doku­men­tie­ren.

De Bildungsarbeit für Jugendliche oder für Erwachsene geht jedoch auch neue Wege. Um eine Erinnerungskultur zu eta­blie­ren, erhal­ten – neben Denkmälern und Gedenktagen – Gedenkstätten eine wach­sen­de Rolle.

Mit der zuneh­men­den Distanz zur Nachkriegszeit wird deut­lich, dass es auch eine Nachgeschichte des Nationalsozialismus in Deutschland gibt. Schleswig-Holstein mit­ten­drin: Das Wort von der „Renazifizierung“, dass der CDU-Innenminister Pagel präg­te; fällt einem ein. Namen wie Heyde/​Sawade, Hinrich Lohse, Hans-Adolf Asbach, Hans-Werner Otto, Ernst Ehlers, Carl Clauberg klin­gen im Kopf. Jüngst erschie­nen klu­ge Bücher wie das von Frank Trende über die Neulandhalle „Neuland war das Zauberwort“ oder des Landebloggers Knud Andresen, der über die Schleswig-Holsteins Identitäten: Die Geschichtspolitik des SHHB (1947 – 2005) pro­mo­vier­te.

Im Februar tra­fen sich Vertreter der Gedenkstätten in Schleswig-Holstein zur 7. Landesgedenkstättentagung in Bad Malente. Ich berich­te­te im Landesblog dar­über. Schleswig-Holstein hat Nachholbedarf bei den Gedenkstätten.

Die neue Landesregierung hat sich viel vor­ge­nom­men in Sachen Gedenkstätten. Im Koaltionsvertrag heißt es unter ande­rem:

„Wir wol­len … ein Gedenkstättenkonzept erar­bei­ten, um uns auf die­ser Grundlage um die Einwerbung von Bundesmitteln zu bemü­hen.“

An ande­rer Stelle heißt es:

„Wir brau­chen eine leben­di­ge und star­ke Erinnerungskultur. Die Gedenkstätten für die Opfer und Verfolgten des Naziregimes wer­den wir stär­ken und aus­bau­en. Zudem stre­ben wir eine wis­sen­schaft­li­che Aufarbeitung der struk­tu­rel­len und per­so­nel­len Kontinuität nach dem Dritten Reich in Schleswig-Holstein, ins­be­son­de­re im Landtag, an.“

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Gestern erschien erst­mals der „Newsletter Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Schleswig-Holstein“. 55 Seiten umfasst die ers­te Ausgabe, die „ein wei­te­rer Schritt im Prozess der Vernetzung und Weiterentwicklung der schles­wig-hol­stei­ni­schen Gedenkstättenlandschaft“ sein soll. Die Organisation, Redaktion und Gestaltung des künf­tig alle drei Monate erschei­nen­den Periodikums liegt in der Hand von Dr. Harald Schmid, wis­sen­schaft­li­chem Mitarbeiter der Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten.

Der Newsletter kann hier her­un­ter­ge­la­den wer­den. Überhaupt ist die Seite http://www.gedenkstaetten-sh.de/ für inter­es­sier­te Bürger immer einen Besuch wert.

Von:

Swen Wacker, 49, im Herzen Kieler, wohnt in Lüneburg, arbeitet in Hamburg.

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