Warum Kommunalpolitik? Oliver Fink von der FDP erklärt…

Von | 13. Oktober 2012

In die­ser Woche ist Oliver Fink von der FDP dran zu erklä­ren, war­um er sich die Abende in Sitzungen um die Ohren schlägt. Oliver ist mit 44 Jahren zwar älter als Lennart Fey und Joscha John zusam­men, in der Kommunalpolitik aber trotz­dem einer der Jüngeren.

Landesblog: Seit wann inter­es­sierst Du Dich für Kommunalpolitik?

Oliver Fink: „Ich bin seit Oktober 2003 Mitglied der FDP. In klei­nen Parteien ist es nicht unüb­lich, dass Neuzugänge bei Bereitschaft sehr schnell in die Parteiarbeit ein­ge­bun­den wer­den, wenn sie bereit dazu sind. So wur­de ich dann im Dezember des­sel­ben Jahres als Beisitzer in den Ortsvorstand gewählt. Im Laufe der Ratsperiode 2003 – 2008 habe ich dann den ein­zi­gen Ratsvertreter mei­ner Partei als bür­ger­li­ches Mitglied im Sozialausschuss unter­stützt.”

Um was geht es bei Kommunalpolitik?

„Die Themen der Kommunalpolitik sind erstaun­lich viel­fäl­tig. Ich bezie­he mich dabei auf die Ebene einer Mittelstadt wie Eckernförde:

Wie sieht die Ausgestaltung der Kinderbetreuung aus? Wie groß ist die Anzahl der Betreuungsplätze der Kinder unter 3 Jahren? Welche Gruppengrößen wer­den ange­strebt? Wie sieht die die Unterstützung von Tagespflegekräften (aka „Tagesmüttern”) aus? Wie wer­den städ­ti­sche Betreuungseinrichtungen und die frei­er Träger im Vergleich behan­delt?

Welche Schulen an wel­chen Orten möch­te die Stadt im Rahmen sin­ken­der Schülerzahlen erhal­ten? Welche Schulen wer­den geschlos­sen? Wie kann eine Nachnutzung gestal­tet wer­den? Welche Angebot wer­den hin­sicht­lich Ganztagsbetreuung und Schulsozialarbeit vor­ge­hal­ten?

Welche kul­tu­rel­len Veranstaltungen und Projekte sol­len auf wel­che Weise geför­dert wer­den? Welche sind nicht dar­stell­bar? In wel­chem Maße sol­len Veranstaltungen in pri­va­ter Verantwortung unter­stützt oder geför­dert wer­den? Wo lie­gen Schwerpunkte der Kulturarbeit?

Wie wer­den der flie­ßen­de und der ruhen­de Verkehr orga­ni­siert? Welche Stellung besit­zen Autos, Fußgänger und Radfahrer im Verkehr? Werden Straßen aus­ge­baut oder ver­kehrs­be­ru­higt?

Wie kann eine Stadt sich ent­wi­ckeln und dabei doch ihre Struktur und ihr Wesen behal­ten? An wel­cher Stelle muss mit Bebauungsplänen regelnd ein­ge­grif­fen wer­den? Wo ist das nicht mög­lich oder auch gar nicht gewünscht? Auf wel­che Weise kommt es bei der Stadtentwicklung zu einem Ausgleich zwi­schen dem Erhalt des Stadtbildes, dem Denkmalschutz, der wirt­schaft­li­chen Entwicklung, der sozia­len Entwicklung von Quartieren und pri­va­ten Interessen?

Wie kann sich die Stadt hin­sicht­lich des Wohnraums ent­wi­ckeln? Wie kann güns­ti­ger Wohnraum gera­de für jun­ge Familien (Miete und Eigentum) geschaf­fen wer­den, um der Alterung der Bürgerschaft ent­ge­gen zu wir­ken? Auf wel­che Weise wird die Umsetzung der Barrierefreiheit auf öffent­li­chem Eigentum umge­setzt – wie kön­nen Private eben­falls dazu moti­viert wer­den?

Welche Ziele ver­fol­gen Gesellschaften mit städ­ti­scher Beteiligung? Setzen sie dabei die Ziele der Stadt um? Werden sie in betriebs­wirt­schaft­li­cher Hinsicht ord­nungs­ge­mäß geführt?

Wie geht die Stadt mit dem ihr zur Verfügung ste­hen­den Geld um? Können Schulden redu­ziert oder gar Rücklagen ange­legt wer­den? Wie kön­nen Einnahmen erhöht oder Ausgaben gesenkt wer­den – und wel­che Auswirkungen hat das? Wie kön­nen die Pflichtaufgaben der Stadt, die weit über 90 Prozent des Haushalts aus­ma­chen, mög­lichst effi­zi­ent umge­setzt wer­den? Wie kann eine nöti­ge Haushaltskonsolidierung mög­lichst ver­träg­lich umge­setzt wer­den? Welche Aufgaben muss eine Stadt in eige­ner Regie betrei­ben, wel­che beauf­tragt sie bes­ser bei Anderen?”

Was ist so span­nend an Kommunalpolitik?

„Kommunalpolitik ist span­nend, weil man direkt die Lebensverhältnisse der Menschen dort mit­ge­stal­ten kann, wo man lebt. Dabei geht es um alle wesent­li­chen Fragen des Zusammenlebens. Diese Einschätzung gilt zumin­dest für die Städte und Gemeinden.

Die Kreisebene sehe ich hin­ge­gen mehr als aus­füh­ren­de und umset­zen­de Körperschaft für Landes- und Bundesgesetze. In mei­nen Augen ist hier der Gestaltungsspielraum deut­lich gerin­ger.”

Und was war Dein span­nends­tes Erlebnis? 

„Für mich per­sön­lich am auf­re­gends­ten war mit Sicherheit die Kommunalwahl 2008, weil es mei­ne ers­te Wahl war. Ich war dabei gleich Spitzenkandidat mei­ner Partei und muss­te die Wahl maß­geb­lich mit orga­ni­sie­ren. Die Einarbeitung als Fraktionsvorsitzender war span­nend und ich habe außer­or­dent­lich viel gelernt.

Generell hält die täg­li­che Arbeit in der Ratsversammlung und ihren Ausschüssen immer wie­der unzäh­li­ge span­nen­den Momente, Höhepunkte – aber auch Enttäuschungen – bereit. Schwer fand ich es, wüten­den Eltern und Lehrern zu erklä­ren, wes­halb ihre Schule ver­legt oder gar geschlos­sen wer­den muss. Besonders gefreut haben mich die Einführung der Schulsozialarbeit und dass es der gesam­ten Stadt gelun­gen ist, den Beschluss der kreis­ei­ge­nen Krankenhausgesellschaft zu kip­pen, die Geburtsstation zu schlie­ßen. ”

Was muss­test Du tun, um von Deiner Partei auf­ge­stellt zu wer­den? 

„Wenn man bereit ist, zuzu­hö­ren, kon­struk­tiv mit­zu­ar­bei­ten und sich mit Engagement ein­zu­brin­gen, dann erle­be ich in allen Parteien, dass man gern in die Arbeit ein­ge­bun­den wird. In mei­nem Fall war es so, dass der bis­he­ri­ge Ratsvertreter aus per­sön­li­chen Gründen nicht wie­der antre­ten woll­te und irgend­wie alles auf mei­ne Person zuge­lau­fen zu sein scheint. Es wird dabei auch wohl einen Zusammenhang mit dem zeit­li­chen Einsatz und der inhalt­li­chen Arbeit gege­ben zu haben. Generell ist das Angebot der Personen, die über­haupt den nöti­gen Aufwand trei­ben oder bereit sind, sich mit Positionen, die nicht immer freund­lich von Presse und Öffentlichkeit beglei­tet wer­den, nach außen zu prä­sen­tie­ren, in allen Parteien – freund­lich for­mu­liert – sehr über­schau­bar. Das ist nicht unver­ständ­lich, weil man schon ein dickes Fell benö­tigt, um das (Miss-)Verhältnis zwi­schen Anerkennung und Kritik aus­zu­hal­ten.”

Bist Du jetzt einer von „den Politikern”?

Wenn man so will: Ja. Ich den­ke aber, dass es schon einen gewich­ti­gen Unterschied macht, ob man in sei­ner Freizeit mit mehr oder weni­ger gro­ßem, pri­va­ten Einsatz Politik macht – oder ob man damit sein Geld ver­dient. Erstaunlich fin­de ich, dass die­ser Umstand weder in der Berichterstattung noch bei den meis­ten Bürgern bekannt zu sein scheint. Viele Mitbürger gehen davon aus, dass alle Politiker mit ihrer Arbeit nen­nens­wert Geld ver­die­nen.

Ist Kommunalpolitik nur eine Karrierestufe — Teil der „Ochsentour” oder ist das etwas, was man auch ohne grö­ße­re Ambitionen macht?

„Kommunalpolitik kann bei­des sein: eine Stufe auf der Karriereleiter oder auch etwas, das für sich allein einen Wert besitzt. Ambitionen zumin­dest inhalt­li­cher Art soll­te man schon auf­brin­gen, dass für das per­sön­li­che poli­ti­sche Fortkommen ist kei­ne Voraussetzung. Es muss aller­dings auch nicht in jedem Fall schäd­lich sein.

Zumindest in einer Mittelstadt wie Eckernförde kann man von Kommunalpolitik weder leben noch davon reich wer­den. Das ist auch in Ordnung so. In grö­ße­ren Städten wie Kiel oder Lübeck kann das womög­lich schon anders aus­se­hen. Da mögen aller­dings auch die Aufgaben umfang­rei­cher sein. Da kann es dann – wie auch auf Kreisebene – bezahl­tes Büropersonal oder gar haupt- oder neben­be­ruf­li­che Geschäftsführer geben.”

Was sind die Probleme von Kommunalpolitik heu­te? 

„Generell haben alle Parteien damit zu kämp­fen, dass ihr Personal altert. Dieses ist zum einen der Alterung der Gesellschaft an sich geschul­det, aber auch der Tatsache, dass die Anzahl der akti­ven Mitstreiter, die mit­ten im Leben ste­hen, doch im all­ge­mei­nen eher nied­rig liegt. Gründe dafür sind wohl die stei­gen­den beruf­li­chen Anforderungen sowie eine grö­ße­re Mobilität. Gleichzeitig ist die Bereitschaft, sich ehren­amt­lich zu enga­gie­ren, rück­läu­fig. Dieses Phänomen betrifft ja auch ande­re Vereine und Organisationen. Insofern haben in der Regel alle Parteien schon damit zu kämp­fen, für Wahlen genü­gend enga­gier­tes und qua­li­fi­zier­tes Personal zu fin­den.

Die Bürger enga­gie­ren sich des­halb den­noch, aber in der Regel immer häu­fi­ger aus­schließ­lich für Themen, bei denen sie kon­kret per­sön­lich betrof­fen sind – dann auch meist sehr hef­tig. Das ist übri­gens auch einer der Gründe, wes­halb sich eini­ge ein kom­mu­nal­po­li­ti­sches Amt nicht antun möch­ten.

Rezepte, wie man damit umgeht, gibt es nicht. Auch wenn ich neue Verfahren zur Bürgerbeteiligung wich­tig fin­de, mache ich mir wenig Hoffnung, dass sie die­ses Problem grund­sätz­lich lösen. Die kom­mu­na­le Selbstverwaltung umfasst eben, wie der Teilbegriff „ver­wal­tung” schon anzeigt, auch vie­le lang­wei­li­ge – aber gleich­zei­tig wich­ti­ge – Themen.”

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