Die Abgeordneten und ihre Nebeneinkünfte

Von | 23. Oktober 2012

Nun ist die Diskussion um die Nebeneinkünfte der Abgeordneten auch in Schleswig-Holstein ange­kom­men: Die Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN Eka von Kalben warf der FDP vor, sie wür­de die Offenlegung der Nebeneinkommen bekämp­fen. Knapp zwei Stunden spä­ter kam die Antwort vom Vorsitzenden der FDP-Fraktion, Wolfgang Kubicki: Er bekämp­fe prin­zi­pi­ell nichts. Er sei Pazifist. Der FDP-Mann befürch­tet aber, dass die genaue Offenlegung, Selbstständige davon abhal­ten könn­te, sich für Mandate zu bewer­ben. Für den Bundestag exis­tie­ren seit ein paar Jahren Regeln, die dafür sor­gen, dass zumin­dest die unge­fäh­re Höhe der Einkünfte offen gelegt wer­den müs­sen. Das hat offen­bar noch kei­nen sicht­ba­ren Effekt auf die Zusammensetzung des Parlaments gehabt. Worum geht es eigent­lich?

Begonnen hat­te Alles mit dem Vorschlag von Peer Steinbrück als SPD-Kanzlerkandidaten. Von dem war seit lan­gem bekannt, dass er häu­fi­ger als ande­re Geld mit Vorträgen unter ande­rem bei Banken ver­dient. Bekannt war das, weil er ent­spre­chend der Regeln des Bundestag all die­se Einkünfte ange­ge­ben hat. Da kom­men zwei sehr unbe­lieb­te Dinge zusam­men: Banken und erfolg­rei­che Menschen, die auch noch Geld ver­die­nen. Einfach also, das zu skan­da­li­sie­ren. Nun soll also die Offenlegung auf Heller und Pfennig die Rettung sein. Aber was wür­de dadurch eigent­lich gewon­nen?

1972 zog ein jun­ger Sozialdemokrat in den Bundestag ein und mach­te sich sofort dar­an, „Abgeordneter neu­en Typs” zu wer­den. Man nann­te Norbert Gansel den glä­ser­nen Abgeordneten, unter ande­rem weil er alle sei­ne Einkünfte in Zeitungsanzeigen ver­öf­fent­lich­te. Er sagt: „Mir hat mei­ne Offenlegung erst die Unabhängigkeit gege­ben, die ein Abgeordneter braucht.”

Man darf die Wirkung nicht über­schät­zen: Es geht dar­um Verbindungen erkenn­bar zu machen oder eben erkenn­bar zu machen, dass man kei­ne Verbindungen hat. Man kann sehen, dass jemand im Aufsichtsrate einer Firma ist. Was man damit nicht erken­nen kann, ist Korruption. Ich glau­be nicht, dass jemand davon abge­hal­ten wird, Geld für Korruption anzu­neh­men, weil er es dann beim Bundestag ange­ben müss­te. Wer so kri­mi­nell ist, schreckt auch davor nicht zurück, es geheim zu hal­ten.

Welche Arten von Nebeneinkünften gibt es dann? Zwei Drittel der Abgeordneten hat gar kei­ne Nebeneinkünfte. Dann gibt es sol­che, die aus der Selbstständigkeit kom­men und die wei­ter betrei­ben, um nach der Abgeordnetenzeit nicht wie­der von vor­ne anfan­gen zu müs­sen. Dann  gibt sol­che, die Geld mit Vorträgen ver­die­nen. Und es gibt es die Abgeordneten, die in Aufsichtsräten und Vorständen sit­zen oder Firmen bera­ten. Bekannt ist auch, ob die Abgeordneten dafür viel oder wenig Geld bekom­men. Das ist schon inter­es­san­te Informationen für die Wählerinnen und Wähler — aber all die­se Sachen sind schon bekannt. Welche zusätz­li­che Erkenntnis erhofft man sich dar­aus, die genau­en Beträge zu ken­nen?

Letztlich hat Wolfgang Kubicki näm­lich nicht ganz unrecht, wenn er dar­auf hin­weist, dass er selbst recht erfolg­reich seit lan­gem immer wie­der gewählt wür­de — obwohl (oder weil?) er bekann­ter­ma­ßen Nebeneinkünfte in unbe­kann­ter Höhe habe.

4 Gedanken zu “Die Abgeordneten und ihre Nebeneinkünfte”:

    1. Steffen VoßSteffen Voß Post author

      Jaja, und die Piraten haben auf die Initiative der SPD reagiert, wel­che auf die Angriffe der CDU reagiert haben, wel­che auf den Vorschlag von Peer Steinbrück als Kanzlerkandidaten reagiert haben…

      Du hast den Artikel nicht gele­sen, gib’s zu ;-)

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  1. Melanie Richter

    Nähme man mal an, alle Abgeordneten müss­ten auf­grund eines ent­spre­chen­den Beschlusses alle Nebeneinkünfte offen legen, wür­de es ohne­hin jede Menge Ausnahmen auf­grund von Verschwiegenheitspflicht etc. geben, sodass das eine Drittel der­je­ni­gen, die Nebeneinkünfte haben, ver­mut­lich noch ein­mal enorm schrump­fen wür­de. Die Frage ist dann, wie reprä­sen­ta­tiv die Informationen über die Nebeneinkünfte noch wäre.

    Wenn es um Korruption bzw. auch um die Förderung erwünsch­ter Abstimmungsergebnisse für Lobbyisten geht, dann sehe ich das schon kri­ti­scher. Die Frage ist jedoch, wo ver­läuft da die Grenze und was ist tat­säch­lich nach­weis­bar. Auf jeden Fall emp­fin­de ich die Tatsache, dass Deutschland die UN-Konvention gegen Korruption bis­her nicht rati­fi­ziert hat, als sehr befremd­lich.

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