Wissenswertes aus dem Amtsblatt für Schleswig-Holstein

Von | 11. Januar 2011

Demokratie ist nicht immer span­nend. Zu den wich­ti­gen, aber unspek­ta­ku­lä­ren Dingen des demo­kra­ti­schen Alltages gehört es z.B., dass die Vorschriften, die für Behörden oder ande­re staat­li­che Stellen bin­dend sind, öffent­lich zugäng­lich sind.

Neben Gesetzen, und Verordnungen gibt es Erlasse, Bekanntmachungen, Richtlinien und ande­re Verwaltungsvorschriften, die alle dem Zweck die­nen, die Entscheidungen von Behörden zu ver­ein­heit­li­chen, damit gleich gela­ger­te Sachverhalte über­all im Lande von den Behörden und Ämtern auch gleich beschie­den wer­den. Es liegt in der Natur der Sache, dass sol­che Veröffentlichungen wie in Blei gegos­se­ne Wüsten daher­kom­men, höchs­te Anforderungen an die Lesekompetenz stel­len und schein­bar zu weit über 99 Prozent aus Regelungen bestehen, von denen man nicht glaubt, dass so etwas über­haupt gere­gelt wird.

Deshalb kommt es regel­mä­ßig auch zu Initiativen, Vorschriften doch bit­te aus­zu­mis­ten — als ob die sonst irgend­wem das Brot weg­fres­sen wür­den. Selbst Verfallsdaten wie auf Milchtüten (zuge­ge­ben: mit län­ge­rem Haltbarkeitsdatum) bekom­men sie mitt­ler­wei­le. So rich­tig span­nend macht das die Lektüre der Amtsblätter, gemein­sa­men Ministerialblätter oder Anzeiger aber auch nicht. Selbst wenn Wikileaks im Amtsblatt bri­san­te Dokumente ver­öf­fent­li­chen wür­de: es wür­de nie­mand bemer­ken, sagt der Kollegenspott — „liest ja doch kei­ner“.

Ob das ab und an wohl auch den­je­ni­gen so geht, die die Blätter ver­öf­fent­li­chen? Besonders wenn das letz­te Amtsblatt des Jahres zwi­schen Weihnachten und Neujahr zur Veröffentlichung ansteht und man eigent­lich im Urlaub sein möch­te? Das Blatt unter­schei­det sich zwar von allen ande­ren durch den auf der Titelseite pran­gen­den Brief des jeweils amtie­ren­den Ministerpräsident an die „lie­ben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, denen zum anste­hen­den Jahreswechsel ein gutes und erfolg­rei­ches Jahr 20nn gewünscht wird. Aber dann wird es wie­der nor­mal hek­tisch: auf dem letz­ten Drücker wer­den noch die letz­ten Vorschriften des Jahres ver­öf­fent­licht. Da kann es schon mal pas­sie­ren, dass zwi­schen den „Richtlinien zur Förderung des Feuerwehrwesen (§ 31 FAG)“ und den „Richtlinien über die Förderung von Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen Freier Träger nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz“ ein Freudscher Verschreiber gelingt:

Ausriss aus dem Amtsblatt für SH 2010 vom 27. Dezember 2010, S. 1160

Ausriss aus dem Amtsblatt für Schleswig-Holstein 2010, Ausgabe vom 27. Dezember 2010, S. 1160

Womit immer­hin geklärt ist, dass das Amtsblatt gele­sen wird.

Von:

Swen Wacker, 49, im Herzen Kieler, wohnt in Lüneburg, arbeitet in Hamburg.

2 Gedanken zu “Wissenswertes aus dem Amtsblatt für Schleswig-Holstein”:

  1. Stecki

    Kriminalitätsvergütung ist ein ganz neu­es Geschäftsmodell für böse Buben. Sozusagen das Leistungsschutzrecht der Gaunerbranche…

    Reply

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