Unterrichtsausfall ist an vielen Schulen in Schleswig-Holstein ein wichtiges Thema und auch der Bildungsausschuss hat sich in seiner letzten Sitzung der Problematik angenommen. Die Unterrichtsausfälle an Schulen werden über ein Informations- und Steuerungssystem namens ODIS erfasst, welches jedoch das Problem an sich nicht löst und die Bedarfe nur in begrenztem Maße abbildet. So kann damit beispielsweise nicht erfasst werden, in welchen Klassenstufen und Fächern Unterricht ausfällt, was durchaus interessant ist, wenn es sich um prüfungsrelevante Fächer in Abschlussklassen handelt und nicht um den Textilunterricht in der Mittelstufe. Dazu ist eine Anpassung von ODIS erforderlich und ebenso der an den Schulen verwendeten Softwarelösungen, die zur Verwaltung von Schülern, Lehrern, Lehrerstunden, Stunden- und Vertretungsplänen und ähnlichem genutzt werden. Dafür gibt es in Schleswig-Holstein keine einheitliche Lösung, sondern Schulen greifen auf ganz unterschiedliche Programme zurück, die mehr oder weniger gut miteinander und ODIS harmonieren.
Doch auch wenn der Unterrichtsausfall transparent und verlässlich erfasst werden kann, ist er noch nicht behoben. Für die Schulen vor Ort treten ganz unterschiedliche Szenarien auf, die Ausfälle nach sich ziehen können, so müssen beispielsweise Lehrkräfte für Fortbildungen ausgeplant werden, die nur während der Unterrichtszeit angeboten werden oder den Ausfall von Nachmittagsunterricht an Ganztagsschulen betreffen. Des Weiteren treten Unterrichtsausfälle durch Langzeiterkrankungen von Lehrkräften auf sowie kurzzeitige Ausfälle durch akute Erkrankungen. Während Prüfungen stattfinden, in denen mehrere Lehrkräfte mit nur wenigen Schülern interagieren, können andere Klassen nicht adäquat betreut werden und es treten andere organisatorisch bedingte Ausfälle auf. Während letzere Fälle entsprechend planbar sind, bringt vor allem die Erkrankung von Kollegen den Stundenplaner der Schulen in Not, denn für kurzfristig erkrankte Lehrkräfte gibt es keinerlei Ersatz und entweder das Kollegium muss die Vertretung des Unterrichts in den betroffenen Klassen mit tragen oder der Unterricht entfällt. Erst bei Krankschreibungen über eine Zeitraum von drei Wochen darf die Schule fünfzig Prozent, der durch das Fehlen dieser Lehrkraft entfallenden Stunden, mit einer Vertretungslehrkraft von extern besetzen. Dieser Zeitraum wurde jedoch heraufgesetzt. Noch vor Kurzem trat diese Regelung schon nach zwei Wochen in Kraft. Erschwert wird hier die Planung durch den Fakt, dass die Krankschreibung dann vom ersten Tag über drei Wochen oder länger vom Arzt ausgestellt werden muss, lautet sie auf eine Woche, dann noch einmal vier Tage und wird so weiter häppchenweise verlängert, geht die Schule in Sachen Vertretungslehrkraft leer aus.
In letzter Zeit stellt aber auch das ein gravierendes Problem dar, denn es sind mittlerweile einfach keine Lehrkräfte auf dem Markt, die nicht in einer vertraglichen Beschäftigung stecken. So griff man einige Zeit auf Erstexaminierte zurück, die auf einen Referendariatsplatz warten, was in Schleswig-Holstein durchaus etwas länger dauern kann, weil die Warteschlangen sehr lang und die Ansprüche auf eine gute Durchschnittsnote im 1. Staatsexamen bzw. Masterabschluss sehr hoch sind. Mittlerweile ist aber auch dieser Pool leer und so finden sich immer häufiger Lehramtsstundenten ohne Abschluss oder ambitionierte Quereinsteiger in Vertretungsstellen wieder. Zum Einen muss ein solcher Kandidat aber erst einmal gefunden werden und zum Anderen stellt eine solche Vertretungssituation die Kollegien vor neue Herausforderungen, denn die Neulinge in einem komplexen System müssen entsprechend eingewiesen und unterstützt werden, zumal sie oft über keine oder kaum Erfahrungen in der Praxis verfügen.
Wenn es sich hier um Vertretungseinsätze in Abschlussklassen oder zu Zeugniszeiten handelt, kann das bei aller Kollegialität für die Vertretungskräfte ungeahnte Herausforderungen mit sich bringen. Doch dann sind immer noch nur fünfzig Prozent der eigentlich durch die erkrankte Lehrkraft zu erteilenden Stunden versorgt, der Rest muss ausfallen. Bereits im Oktober 2012 forderte Heike Franzen von der CDU: „1. Der Anspruch auf eine Ersatzlehrkraft gilt bereits ab dem ersten Tag zu 100%. 2. Zur Finanzierung der Ersatzlehrkräfte sind den Schulämtern die entsprechenden Mittel zur Verfügung zu stellen. Damit sollen Lehrkräfte eingestellt werden, die über das Schuljahr hinweg kurzfristig für Vertretungsunterricht zur Verfügung stehen.”
Von Seiten der Schulen würde das absolut begrüßt werden, denn die Belastungen für alle Beteiligten sind enorm. Wenn man mit Schülern aus betroffenen Abschlussklassen ins Gespräch kommt, wird sehr schnell deutlich, dass häufiger Unterrichtsausfall große Ängste in Bezug auf das gute Absolvieren der im April anstehenden schriftlichen Abschlussprüfungen auslöst, wenn die Klassen in den letzten Monaten gar keinen oder durch verschiedene Vertretungskräfte erteilten Mathe-, Deutsch- oder Englischunterricht hatten.
Die Ergebnisse im Protokoll des Bildungsausschusses machen nicht gerade Hoffnung, dass die derzeitige Situation sich in absehbarer Zeit entspannt, doch immerhin soll am 31. Januar weiter diskutiert werden. Wie sind eure eigenen Erfahrungen mit Unterrichtsausfall in eurem Umfeld? Weiterhin stellt sich mir die Frage, warum Eltern- und Schülerverbände scheinbar so wenig unternehmen, um eine Verbesserung der derzeitigen Zustände voranzutreiben?
Die ODIS-Quelle, die Sie nennt datiert auf 2003. Aus welcher Quelle stammt diese Information?
> ‚So kann damit beispielsweise nicht erfasst werden, in welchen Klassenstufen und Fächern Unterricht ausfällt,…’
Die Quelle dafür sind Gespräche mit denen, die damit arbeiten und ein Blick über die Schulter derselben.
Diese Quellen sollen Sie auch nennen:
http://www.landesrechnungshof-sh.de/file/bemerkungen_2012_tz12.pdf
Der LRH formuliert dies:
> ‚Der LRH zeigt Möglichkeiten auf, den Unterrichtsausfall zu reduzieren.
Neue Stellen sind dazu nicht erforderlich.’
Er führt den von ihm ermittelten tatsächlich gegenüber dem veröffentlichten Ausfall auf ‚Definition zum Wochenstundensoll’ zurück — und stellt dies fest:
> ‚Keinesfalls muss dem Unterrichtsausfall mit neuen Stellen begegnet werden.’
Sicherlich gibt es noch unzählige weitere Quellen, die man zu diesem Thema heranziehen kann. Wir freuen uns immer über Gastartikel, in denen andere Sichtweisen eines Themas dargelegt werden. Also falls Sie Lust haben … :)