Wieder einmal hat das Verwaltungsgericht in Schleswig festgestellt, dass es nicht zuständig ist für den Datenschutz bei Facebook. Die Kläger — drei Unternehmen aus Schleswig-Holstein — können aufatmen. Nachdem ihnen das Unabhängige Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) unter Androhung eines Bußgelds von 50.000 Euro die Nutzung von Facebook Fanseiten untersagt hatte, stellt das Gericht fest, dass nach dem Bundesdatenschutzgesetz nicht verantwortlich sei, wer weder tatsächlichen noch rechtlichen Einfluss auf die Datenverarbeitung habe. Dementsprechend fehle es an einer Verantwortlichkeit der Fanpage-Betreiber. Facebook stelle die technische Infrastruktur zur Verfügung. Der Seitenbetreiber könne lediglich seine Inhalte einstellen, habe aber auf den Datenverkehr zwischen dem Nutzer und Facebook keinen Einfluss.
Das ist nun der dritte Fall, den das ULD vor dem Schleswiger Gericht in Facebook-Fragen verliert und es gibt nicht wenige, die den Landesdatenschutzbeauftragten Dr. Thilo Weichert für seinen Kampf gegen Windmühlen belächeln. Doch was bleibt dem obersten Datenschützer von Schleswig-Holstein übrig? Soll er behaupten, dass Facebook deutschem Datenschutz entspräche? Er würde seinen Job vernachlässigen, wenn er nicht auf dieses Problem reagieren würde. Denn dass Facebook deutschem Recht widerspricht, hat das Gericht heute noch einmal eindeutig festgestellt. Nur sei durch die irische Niederlassung von Facebook der irische Datenschützer zuständig. Der irische Datenschutz gilt im europäischen Vergleich wiederum als relativ freizügig gegenüber Unternehmensinteressen.
Wenn man Weichert etwas zugute halten möchte, dann sollte man ihm anrechnen, mit Nachdruck auf das Fehlen eines europäischen Datenschutzes hinzuweisen. Nicht zuletzt die vollständige Überwachung des transatlantischen Internetverkehrs durch den britischen Geheimdienst macht klar, dass der Datenschutz international geregelt werden muss. Ein starker, europäischer Datenschutz wäre dazu ein wichtiger Beitrag. Die Augen richten sich damit einmal mehr auf die Verhandlungen zur europäische Datenschutz-Grundverordnung. Klar kann man das Internet nicht von Kiel aus regulieren. Aber warum aus Dublin?
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Für mich ist das Ganze auch relativ klar, Du schreibst „Dementsprechend fehle es an einer Verantwortlichkeit der Fanpage-Betreiber. Facebook stelle die technische Infrastruktur zur Verfügung. ”
Wenn denn also nur der Hersteller für eine Nutzung verantwortlich ist und man das auf andere Fälle übertragen würde:
* Der Waffenhersteller wäre verantwortlich, aber nicht der Mörder
* Für Autounfälle ist der Autohersteller evrantwortlich, aber nicht der Fahrer
* …
denn zwar stellt Facebook die Technik, aber es ist ja der Fanpage-Betreiber, der sich dessen Technik bedient oder nicht. Wenn ich eine Blogsoftware installiere und benutze. Sind dann die Programmierer dafür verantwortlich, wenn diese nicht deutschem Datenschutzrecht entspricht — oder ist es nicht an mir, die richtige Software auszuwählen?
Ich finde die Argumentation des Verwaltungsgerichts sehr problematisch, weil daraus Präzedenzfälle entstehen können — wie auch z.B. das man beliebig viel Schadsoftware in den Umlauf bringen könnte — programmiert haben es ja andere?
Letztlich bleibt im Internet ja nur die Möglichkeit: „Den Letzten beissen die Hunde”. Ich glaube bei Facebook ist das Problem, dass das so eine gigantische Welle ist und so viele Unerfahrene und nicht-netzaffine dieses Portal nutzen, dass alle denken Facebook wäre ein unverzichtbarer Teil „des Internets” — und damit jenseits aller Regeln. Das das zum Teil auch seitens der Regierung propagiert wird führt zu der seltsame Situation, das heutzutage der Staat oft für den „rechtsfreien Raum” Internet plädiert, wo er noch vor 10 Jahren genau das Gegenteil praktizierte — alles und jedes sollte reguliert werden — selbst Telefone einstecken durften zuhause nur Techniker der Deutschen Bundespost. Was für ein Wandel.
Nein. Der Autofahrer wäre natürlich für den Unfall zuständig — der Fanpage-Betreiber darf ja auch nicht mit der Seite machen, was er will. Der Betreiber hat Einfluss auf die Inhalte. Wenn er jemanden beleidigt, dann ist er dafür verantwortlich. Ich bin für das verantwortlich, was ich mit einem Gegenstand mache. Ich bin nicht dafür verantwortlich, wie der Hersteller etwas hergestellt hat.
Wenn aber bekannt ist, dass ein Dienst gegen Recht verstößt, finde ich es auch nicht nachvollziehbar, dass man dann nicht dafür verantwortlich ist, dass man ihn trotzdem nutzt. Aber dank der Auffassung des VG Schleswig dürften damit Nutzer von Video-Streaming-Diensten aus der Verantwortung sein. Es ist ja nicht deren Problem, dass die Anbieter keine Lizenzen für die Filme haben.