Eine Fünftklässlerin in den USA | Foto: woodleywonderworks - CC BY 2.0
Deutschlands Schüler belegen den letzten Platz bei der ICILS 2013 Studie (International Computer and Information Literacy Study). Die Studie vergleicht international die Nutzung neuer Technologien im Zusammenhang mit dem Erwerb von computer- und informationsbezogenen Kompetenzen. Spitzenreiter beim digitalen Lernen sind Kanada, Australien und Dänemark. Im Rahmen der Studie wurden die Häufigkeit der Computernutzung in der Schule, die Nutzungsformen und Einsatzmöglichkeiten sowie die schulische Förderung computer- und informationsbezogener Kompetenzen untersucht. In Deutschland nahmen 150 Schulen aus allen Bundesländern teil. Im Folgenden sollen Erklärungsansätze für das schlechte Abschneiden gefunden und Ansätze der schleswig-holsteinischen Bildungspolitik für die Behebung der Defizite dargestellt werden.
Ausstattung der Schulen
In Deutschland teilen sich durchschnittlich elf Schüler einen Computer, was auch schon im Jahr 2006 der Fall war, was zeigt, dass sich in diesem Bereich keine Verbesserungen ergeben haben. In Schleswig-Holstein sind die IT-Ausstattungen der Schulen sehr unterschiedlich, da diese solche Anschaffungen aus ihrem Haushaltsbudget bestreiten müssen, aus dem ebenfalls Schulbücher, Schulmöbel und anderes bezahlt wird. Je nachdem welche Priorität Schulen der Anschaffung von Computern, interaktiven Whiteboards, Tablets und entsprechender Software beimessen, sind die Schulen ausgestattet.
Die meisten Schulen verfügen seit dem Jahr 2000 über einen Internetanschluss im Rahmen der Angebote Telekom@School, die seit Kurzem auf 16 Mbit/s Anbindung aufgerüstet wurden. Geht man einmal von einer Schule mit 500 Schülern aus, die über zwei PC-Räume verfügt, sind zeitgleich etwa 50 Rechner mit dem Internet verbunden. Dazu kommen noch die Rechner, die in der Verwaltung und im Lehrerzimmer genutzt werden, sodass die Surfgeschwindigkeit eher gering ist.
Wartung der Geräte
Überlegungen in Bezug auf die Anschaffung von oben genannten Geräten, geht immer auch mit der Sorge um die Wartung einher. Die wenigsten Schulen verfügen über eine geplante Infrastruktur für ein internes Netzwerk oder WLAN-Verfügbarkeit in allen Räumen. Abgesehen von der Infrastruktur sind die Computer in den PC-Räumen oft auch nicht mehr die neuesten und werden von vielen unterschiedlichen Schülern genutzt. Das zieht einen erheblichen Wartungsaufwand nach sich, der jedoch nicht von einem IT-Administrator mit entsprechenden Fachkomptenzen erledigt wird, sondern von einer ambitionierten Lehrkraft, die sich privat entsprechende Fachkenntnisse angeeignet hat.
Eine kleine Anfrage der Piratenfraktion ergab, dass die zeitliche Vergütung der administrierenden Lehrkraft durch die Schulleitung geregelt wird, was zur Folge hat, dass sie im Durchschnitt eine Stunde pro Woche weniger unterrichtet und sich stattdessen um alle anfallenden IT-Probleme kümmert. Bei steigender Ausstattung steigt logischerweise auch der Administrationsaufwand, sodass eigentlich für größere Schulen eigene fachlich ausgebildete Administratoren nötig wären, um die IT-Infrastruktur am Laufen zu halten.
Einbindung in den Unterrichtsalltag
In Schleswig-Holstein regelt die Kontigentstundentafel für die verschiedenen Schularten, wie viele Stunden eines Faches in welchen Klassenstufen in welchem Umfang erteilt werden sollen. Für Informatik oder informationstechnische Grundbildung sind keine Stundensätze explizit vorgesehen. Stattdessen besagt der Erlass:
„Über die informationstechnische Grundbildung hinaus kann die Schule Angewandte Informatik als Unterrichtsfach in einem Fachbereich ihrer Wahl anbieten, sofern qualifizierte Lehrkäfte zur Verfügung stehen. der Unterricht wird anwendungsorientiert und unter Einbeziehung weiterer Fächer (z.B. in Form Angewandter Naturwissenschaften und Technik, Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) realisiert.”
Es liegt also an der Entscheidung der Schule, ob es für die Schüler entsprechende Angebote gibt oder nicht.
Aus- und Fortbildung für Lehrer
In Schleswig-Holstein unterrichten knapp 25.000 Lehrer an Grund- und Gemeinschaftsschulen, Gymnasien und berufsbildenden Schulen. Davon haben 307 eine Unterrichtsgenehmigung für das Fach Informatik, wobei nur 73 das Fach tatsächlich studiert und damit die entsprechende Fakultas haben.
In einer kleinen Anfrage des Abgeordneten Uli König (Piraten), aus der diese Zahlen stammen, wurde ebenfalls angefragt, welche Qualifizierungsangebote für Lehrkräfte vorgesehen sind, damit sie computer- und informationsbezogene Kompetenzen der Schüler erweitern können. Hier verweist die Landesregierung auf das IQSH (Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein), das für die Aus- und Fortbildung von Lehrern im Schuldienst verantwortlich ist.
Schaut man sich die Fortbildungsangebote des IQSH in diesem Bereich an, sind für den Rest dieses Schuljahres lediglich neun Angebote zu finden, die teilweise sehr spezifische Nischenthemen bedienen, wie die Veranstaltung „Einführung und Vertiefung in IPv6”.
Kurz: Sowohl in der universitären als auch der Lehreraus- und Weiterbildung an den Schulen, spielt das Thema computer- und informationsbezogene Kompetenzen keine große Rolle.
Unterrichtsinhalte
In Bezug auf die Themen, die bei der Vermittlung der computer- und informationsbezogenen Kompetenzen eine Rolle spielen, kann man zwei große Bereiche einteilen:
- Kompetenzen, die sich auf den Umgang mit Programmen beziehen, die Schüler vor allem auch für spätere Berufsausbildungen benötigen, dazu zählen beispielsweise der Umgang mit Textverarbeitungs-, Tabellenkalkulations- und Präsentationsprogrammen sowie ein grundlegendens Verständnis von Dateistrukturen und die Benennung von Ordnern und Dateien, damit man sie auch wiederfindet.
- Kompetenzen im Umgang mit dem Internet als Informationsquelle und Teil des täglichen Lebens. Hier geht es um Recherche und Aufbereitung von Informationen, korrekte Quellenangaben und Zitierweisen sowie die Nutzung von sozialen Netzwerken mit allen Chancen und Herausforderungen, die diese bieten.
Vor allem bei letzterem sind die Entwicklungen sehr schnelllebig, sodass Materialien von vor zwei oder drei Jahren eigentlich schon wieder obsolet sind, weil aktuell ganz andere Netzwerke und Kommunikationskanäle genutzt werden, als das bei der Erstellung der Materialien der Fall war.
Viele Lehrkräfte sind sozialen Netzwerken gegenüber sehr skeptisch und sehen diese vor allem als Ablenkungsfaktor für die Schüler und erkennen darin noch zu wenig die Chancen, die diese für den Unterrichtsalltag bieten. Oft sind sie selbst nicht in diesen Netzwerken unterwegs und beziehen ihre Informationen vor allem aus den Mainstreammedien, die häufig tendenziös über die Gefahren, die diese mit sich bringen, berichten. Eine objektive, schülerorientierte Annährerung an diese Themen fällt ihnen deshalb oft eher schwer, weshalb sie solche Themen im Unterricht lieber meiden.
Fazit
Die aufgelisteten Erklärungsansätze für das schlechte Abschneiden Deutschlands in Bezug auf die Vermittlung von computer- und informationsbezogenen Kompetenzen bei Schülern sind sicher nur einige und könnten noch erweitert werden. Deutlich wird aber in jedem Fall, dass es einen großen Verbesserungsbedarf gibt, der uns die nächsten Jahre beschäftigen wird und entsprechende finanzielle und personelle Ressourcen benötigt.
Neben anderen Großbaustellen an Schulen, wie die Entwicklung passender Konzepte für die Schulen, Inklusion und die adäquate Abdeckung der Unterrichtsversorgung im Allgemeinen, kommt dieses Großprojekt für Schulen und Lehrkräfte obendrauf, was eine qualitativ hochwertige und nachhaltige Umsetzung eher erschwert.
Links
- Zeit Online: Peinliches Studienergebnis für Deutschland
3 Gedanken zu “Schlusslicht bei der Computernutzung in der Schule - Ein Erklärungsversuch”: