Neue Marke für Kiel – aus der Landeshauptstadt wird Sailing.City.

Von | 18. Januar 2016

Kiel hat eine neue Marke. Endlich, denn lan­ge war es still um den Markenprozess der Landeshauptstadt. Zumindest nach außen hin. Nun ist mit Kiels neu­er dyna­mi­schen Marke: „Kiel.Sailing.City.“ bzw. dem neu­en Logo für die Stadt Kiel der nächs­te Schritt getan. Ein ent­schei­den­der. Denn der Prozess Kiel als Marke wird nun kon­kret und die Stadt zeigt ihr neu­es Gesicht. Wie zu erwar­ten war, wird das neue Logo bereits sehr kon­tro­vers dis­ku­tiert. Zumindest das ist kei­ne Überraschung bei einer so radi­ka­len Neuerung des Erscheinungsbildes.

Ein radikaler Bruch mit dem alten Logo

Kiel_Logo_alt-300x73Das bis­he­ri­ge Logo ist ein klas­si­sches Stadtwappen wie es im Buche steht. Offiziell, for­mell, tra­di­tio­nell. Was dazu führt, dass mein ers­ter Gedanke ist „die Stadt Kiel“, aber nicht „mei­ne Stadt Kiel“. Durch den for­mel­len Charakter erzeugt es eine deut­li­che Distanz und Abgrenzung. Zudem sind Nesselblatt und gemau­er­tes Boot nicht gera­de selbst­er­klä­rend und auch nach etwas Wikipedia Recherche fehlt mir jede Identifikationsmöglichkeit.

 

Das neue Logo kommt deut­lich gefäl­li­ger und selbst­er­klä­ren­der daher. Die Farben sind nicht mehr aggres­siv rot, son­dern mari­tim, frisch und klar. Eine Entscheidung, die der nor­di­schen Entspanntheit sicher zupass kommt. (Ob die Stadtwerke Kiel bei ihrem Corporate Design ähn­li­che Gedanken gehabt haben?)

Frisches Design, klar und maritim

Der Name selbst ist in einem dunk­len, kräf­ti­gen Blau gehal­ten, was dem Logo einen star­ken Stand ver­leiht. Das gespie­gel­te „Kiel“ ergänzt sich nicht nur gut durch die hel­le und auf­merk­sam­keits­star­ke Kontrastfarbe. Es ist auch ein gelun­ge­nes Bild für die Stadt an der Wasserkante. Die Spiegelung selbst ver­ste­he ich auch als Andeutung der viel­schich­ti­gen Facetten der Stadt. Die abge­run­de­ten Ecken der Schrift ver­lei­hen dem Logo eine Dynamik, die nicht zuletzt an nor­di­sche Wind- und Wetter-Erlebnisse erin­nern.

Ein Logo – drei Worte – acht Punkte

Auf jedes Wort im Logo folgt ein Punkt. Eine Umsetzungsvariante, die sich zeit­wei­se gro­ßer Beliebtheit erfreu­te, um jedem ein­zel­nen Wort eine stär­ke­re Betonung zu ver­lei­hen. Das ist nach Aussage der Stadt auch hier die Intention. Grundsätzlich spricht auch nichts gegen die­se Umsetzung – außer dass sie mitt­ler­wei­le viel­leicht etwas über­stra­pa­ziert ist. In die­sem Fall ist es jeden­falls zu viel des Guten: Drei Wörter, drei Punkte. Mit den I-Punkten zusam­men gibt es sogar acht Punkte in einem Logo, das aus drei Worten besteht. Hier wäre weni­ger mehr gewe­sen.

Eine Frage, die sich erst auf den zwei­ten Blick auf­drängt ist, war­um das „e“ als ein­zi­ger Buchstabe im Logo nicht gespie­gelt ist. Die Antwort gibt die Landeshauptstadt selbst:

Ob man die­se Antwort befrie­di­gend fin­det, muss jeder selbst ent­schei­den.

Ein wei­te­res Element des neu­en Logos ist der Claim „Sailing. City.“, der sich durch die dezen­te­re Typo gut ins Logo ein­fügt. Für die Umsetzung sind gleich zwei Varianten vor­ge­se­hen. Einmal steht der Claim neben dem Logo:

Druck

Und ein­mal steht der Claim kom­pakt unter dem Logo:

 

Druck

Der Claim „Sailing. City.“ ist bereits län­ge­re Zeit im Einsatz – wenn auch pri­mär als Tourismusmarke – und löst den bis­he­ri­gen Claim bzw. Logozusatz „Landeshauptstadt“ ab. Es ist immer wie­der ein Streitpunkt, ob „Sailing. City.“ tat­säch­lich DER für Kiel pas­sen­de Claim ist. Ohne Frage ist der Segelsport ein Charakteristikum, das v.a. gegen­über ande­ren Städten eine gute Differenzierung ermög­licht und wich­ti­ge Merkmale der Stadt her­aus­stellt (Kieler Woche, Segelhäfen, -schu­len etc.). Auf der ande­ren Seite kann man anfra­gen, ob Segeln wirk­lich ein so cha­rak­te­ris­ti­scher Bestandteil für die Stadt als Ganzes ist? Wie vie­le Kieler segeln eigent­lich oder haben Bezug zum Segelsport? Sprich kann sich ein Großteil der Kieler mit „Sailing. City.“ iden­ti­fi­zie­ren?

Viel wich­ti­ger ist die Frage, ob der Segelsport nach außen hin ein attrak­ti­ves und rele­van­tes Merkmal ist. Z.B. für den Bereich Tourismus, aber auch für Menschen, die poten­ti­ell nach Kiel zie­hen möch­ten. Oder für die­je­ni­gen, die nach einem Studium ent­schei­den müs­sen, ob sie in Kiel blei­ben oder weg­zie­hen.

„Sailing. City.“ – als Zuspitzung von „Dynamik und Balance am Meer“?

Was in die­sem Kontext noch mehr ver­wun­dert, ist der vage Zusammenhang zwi­schen dem Markenkern „Dynamik und Balance am Meer“ und dem Claim „Sailing. City.“. Der Claim ist eine deut­li­che Zuspitzung des Markenkerns und macht damit einen radi­ka­len Schritt. Dagegen lässt sich schwer etwas sagen, da ein brauch­ba­rer Markenkern bzw. Claim von Verdichtung und Fokussierung lebt.

Im Markenprozess wur­de der Claim „Sailing. City.“ bereits unter­sucht und dis­ku­tiert. Dort heißt es in den Empfehlungen im Markenbooklet von 2012 auf Seite 22 „Von sei­nen Bildelementen und der mari­ti­men Farbigkeit befreit, kann der Claim „Kiel Sailing. City.“ durch­aus für mehr ste­hen als nur das Segeln: Teamspirit, Forschergeist, Umweltfreundlichkeit, Aufbruchstimmung, Dynamik, Gelassenheit, eine Kultur des Entdeckens.“

Wie all die­se Assoziationen in der Marke mit­trans­por­tiert wer­den sol­len, bleibt bis jetzt offen. Der Claim in Verbindung mit dem Logo gibt die­se viel­fäl­ti­gen Aspekte jeden­falls nicht her. Im Gegenteil, er redu­ziert den Fokus auf das Thema „Segeln“.

Hinzu kommt, dass das Logo durch die rein typo­gra­phi­sche Umsetzung und ohne Bildelemente eher nüch­tern und tro­cken daher kommt. Die Markenverantwortlichen müs­sen also bei der wei­te­ren Umsetzung dar­auf ach­ten, dass das Corporate Design durch eine pas­sen­de Bildsprache ergänzt wird.

Schlussbemerkung

Als ich 2010 nach Kiel gezo­gen bin, war die Selbstdarstellung der Stadt für mich wenig aus­sa­ge­kräf­tig. Das Logo pass­te zu den for­mel­len Unterlagen aus dem Rathaus, aber weni­ger zu „mei­ner“ Stadt. Zudem hat sich mir nicht erschlos­sen war­um es mit „KIEL.SAILING CITY“ eine wei­te­re, sepa­ra­te Marke gab, die sich so gar nicht in das sons­ti­ge Erscheinungsbild der Stadt ein­fügt. War das nur die Marke für „die da drau­ßen“? Und die Kieler haben intern ihr eige­nes Logo?

Die gro­ße Chance der neu­en Kiel-Marke besteht aus mei­ner Sicht auch, aber nicht pri­mär im neu­en gra­fi­schen Erscheinungsbild. Sie liegt v.a. in der über­grei­fen­den Nutzung der Marke. Nur wenn sich die Stadt nach außen hin ein­heit­lich posi­tio­niert und auch optisch zu erken­nen gibt, wird eine star­ke Marke mit hohem Wiedererkennungswert geschaf­fen. Und es wird eine Marke geschaf­fen, die mit posi­ti­ven Assoziationen in den Köpfen hän­gen bleibt. Bleibt abzu­war­ten, wie die­se Umsetzung kon­kret aus­sieht und ob es gelingt, die­se Marke als über­grei­fen­des Identifikationsmerkmal zu eta­blie­ren.

Die Fotos /​ Logos wur­den freund­li­cher­wei­se von der Stadt Kiel für die­sen Beitrag zur Verfügung gestellt. Dieser Beitrag erschien zuerst auf www.markenprofil.com

Ein Gedanke zu “Neue Marke für Kiel – aus der Landeshauptstadt wird Sailing.City.”:

  1. Frank Ulrich

    Oberbürgermeister Ulf Kämpfer hat noch im Spätsommer 2015 vor Kieler Unternehmen deut­lich gemacht, dass ihm die Aussage „Kiel Sailing City” für die Stadt im Rahmen der Neufindung der Dachmarke nicht weit genug geht — die Arbeitswelt und der Aspekt der Forschungs- und Verwaltungsstadt kämen ihm dabei zu kurz. Recht hat­te er, dach­te ich bei der Veranstaltung. Offensichtlich fehl­te ihm der Mut, sich hier von dem vor­ge­ge­be­nen und ein­fa­chen Weg abzu­set­zen. Vielleicht auch des­halb sein gequäl­tes Lächeln auf dem Foto!

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