Nach der Entscheidung des Landverfassungsgericht vom 30. August 2010, dass bis zum 30. September 2012 Neuwahlen in Schleswig-Holstein stattfinden müssen, bereiten sich die Parteien auf den kommenden Wahlkampf vor. Zwar steht der endgültige Wahltermin noch nicht fest, trotzdem haben sich für das Amt des SPD-Spitzenkandidaten bereits vier Bewerber gefunden, die sich dem Votum der SPD-Basis stellen wollen. Neben dem SPD‐ Landes- und Fraktionsvorsitzenden Ralf Stegner und dem Kieler Oberbürgermeister Thorsten Albig treten Brigitte Fronzek, Bürgermeisterin von Elmshorn und der Kieler Mathias Stein zum Mitgliederentscheid an.
Nachdem Dieter Schnau aus Neukirchen (Nordfriesland) seine Bewerbung wieder zurückgezogen hat, bleiben von zunächst fünf Interessenten nur noch vier Kandidaten im Rennen. Diese werden sich in den kommenden Wochen und Monaten auf 15 Versammlungen in allen Kreisen und kreisfreien Städten in Schleswig‐Holstein den Parteimitgliedern und Interessierten vorstellen. Nach diesem Veranstaltungsmarathon soll eine Mitgliederbefragung folgen, die über die oder den zukünftigen Spitzenkandidaten abstimmt.
Als erster Kandidat hatte Torsten Albig am 3. September seine Kandidatur erklärt. Albig, ein Finanzpolitiker, begann seine Karriere in der Steuerverwaltung des Landes Schleswig‐Holstein. Eine weitere Station seiner beruflichen und politischen Karriere war Berlin, wo er von 1998 bis 2001 Pressesprecher und Leiter des Referats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Finanzministerium war. Nach einem kurzen Intermezzo als Konzernsprecher und Leiter der Presseabteilung der Dresdner Bank kehrt er in die Politik und nach Schleswig‐Holstein zurück und wurde 2002 Stadtrat und 2003 Stadtkämmerer der Landeshauptstadt Kiel. Im Februar 2006 ernannte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück Torsten Albig erneut zum Sprecher des Bundesfinanzministeriums. Vorläufiger Höhepunkt seiner politischen Karriere ist die Wahl zum Kieler Oberbürgermeister. Dort setzte er sich vor 18 Monaten im ersten Wahlgang gegen die Amtsinhaberin Angelika Volquartz (CDU) durch.
Im Gegensatz zu Albig setzt die Rechtsanwältin und Elmshorner Bürgermeisterin Brigitte Fronzek weniger auf bundespolitische denn auf 14 Jahre kommunalpolitische Erfahrung. Fronzek, die seit 1995 an der Spitze der Stadt steht, wurde 2007 mit 83,2% der abgegebenen Stimmen in ihrem Amt bestätigt. Weniger Erfolg hatte sie bei der Kandidatur zur Landrätin des Kreises Pinneberg, wo sich ihr Mitbewerber von der CDU durchsetzte. Als Spitzenkandidatin zur Landtagswahl will sie insbesondere im Bereich Bildung und bei der finanziellen Stärkung der Kommunen ihre Schwerpunkte setzen und hat in ersten Interviews bereits Infrastrukturprojekte wie die Fehmarn‐Belt‐Brücke und die Elb‐Querung bei Glückstadt zur Debatte gestellt.
Auf die längste Erfahrung als Politiker und „Landesdiener“ kann Ralf Stegner verweisen, der bereits 1990 zum Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in das Ministerium für Arbeit, Soziales, Jugend und Gesundheit berufen wurde. Es folgte 1996 die Ernennung zum Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Soziales, Jugend und Gesundheit unter der damaligen Ministerpräsidentin Heide Simonis. Zwei Jahre später übernahm er den Posten eines Staatssekretärs im Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur. Am 1. März 2005 folgte dann seine Ernennung zum Minister für Finanzen. Danach wurde Ralf Stegner Innenminister in der von Peter Harry Carstensen geführten großen Koalition. Nachdem er am 15. Januar von seinem Amt als Innenminister zurücktrat, konzentrierte Stegner sich auf seine Arbeit als Landes– und Fraktionschef der schleswig‐holsteinischen SPD. Nach der Wahlniederlage am 27. September 2009 wurde er als Fraktionsvorsitzender der SPD Oppositionsführer im Landtag.
Die Position des Außenseiters hat der vierzigjährige Mathias Stein aus Kiel. Über Stein, der als Personalrat bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion in Kiel arbeitet, ist bis jetzt wenig bekannt.
Am Sonntag, dem 16. Januar 2011, werden sich die vier Kandidaten auch den Kieler SPD‐ Mitgliedern und Bürgern auf einer öffentlichen Mitgliederversammlung vorstellen. Das weitere Verfahren sieht einen Mitgliederentscheid der ca. 20.000 SPD‐Mitglieder vor, der letztlich den Spitzenkandidaten der SPD für die vorgezogene Landtagswahl bestimmen wird. Bis dahin wird es einen spannenden Vorwahlkampf geben, denn noch ist ungewiss, welcher der vier Kandidaten sich am Ende durchsetzen wird, um gegen Christian von Boetticher (CDU) bei der kommenden Landtagswahl anzutreten.
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