1. Kieler Mini-Medienkompetenz-Messe

Von | 13. Februar 2011

Über das Thema “Medienkompetenz” wird viel dis­ku­tiert. Fast immer kommt man zu dem Schluss, dass in die­sem Bereich noch zu wenig getan wird. Auch hier im Landesblog gab es vor eini­ger Zeit schon einen Artikel dazu. Nachdem es vor eini­ger Zeit im Landeshaus einen Medienkompetenztag gab, steht nun die 1. Kieler Mini-Medienkompetenz-Messe an. Die Veranstaltung, die am Samstag den 19. Februar ab 13 Uhr im Rathaus (Zugang über Rathauseingang Waisenhofstraße) statt­fin­det, rich­tet sich an Eltern, Lehrkräfte und päd­ago­gi­sche Fachkräfte. Ziel der Messe ist es, die Medienkompetenz der­je­ni­gen zu stär­ken, deren Aufgabe es ist, Kinder und Jugendliche zu schüt­zen und zu erzie­hen.

Deshalb wer­den auch ver­schie­de­ne Bereiche des kind­lich-jugend­li­chen Medienkonsums ange­spro­chen, wie bei­spiels­wei­se Computerspiele, Fernsehkonsum, Umgang mit sozia­len Netzwerken, E-Mobbing und Internetfallen. An ver­schie­de­nen Ständen prä­sen­tie­ren sich Initiativen aus Schleswig-Holstein, die als Multiplikatoren fun­gie­ren und unter­schied­li­che Projekte zur Förderung der Medienkompetenz anbie­ten. Außerdem wird es Impulsreferate zu den oben genann­ten Themen geben. Ausführlichere Informationen zum Ablauf der Messe gibt es auf der offi­zi­el­len Unterwebseite der Stadt Kiel und auf einem Flyer.

Da es ein Thema von offen­sicht­lich hohem gesell­schaft­li­chen Interesse ist, nahm ich die Ankündigung der 1. Kieler Mini-Medienkompetenz-Messe zum Anlass, eini­ges genau­er zu hin­ter­fra­gen. Uta Niedner vom Amt für Schule, Kinder- und Jugendeinrichtungen der Stadt Kiel ist eine der Initiatorinnen der besag­ten Messe. Sie ließ sich gern auf einen Dialog zum Thema Medienkompetenz ein, da es ihr am Herzen liegt. Zuerst inter­es­sier­te mich, wie sie den der­zei­ti­gen Stand der Medienkompetenzförderung in Schleswig-Holsteins Schulen ein­schätzt.

“Wir haben fest­ge­stellt, dass der Bedarf an Medienkompetenzförderung sehr hoch ist, wenn es um die so genann­ten Neuen Medien geht. Die sich rasant ent­wi­ckeln­de Technik stellt Lehrkräfte vor gro­ße Herausforderungen.

Soziale Netzwerke, in denen sich Schülerinnen und Schüler außer­halb der Schule auf­hal­ten, die­nen nicht nur der unmit­tel­ba­ren Kommunikation. Oft flie­gen dort die Fetzen und es wer­den pein­li­che und gemei­ne Dinge über ande­re ver­brei­tet. Dieses E-Mobbing ist eine neue­re Form von Mobbing und ich glau­be nicht, dass alle Lehrkräfte infor­miert sind, was in sozia­len Netzwerken heut­zu­ta­ge alles abgeht. Sie haben dann am nächs­ten Tag „nur“ mit den Folgeerscheinungen zu tun.
Es gab im Mai 2009 am BZM in Kiel einen Workshop, der sich mit den Neuen Medien beschäf­tig­te. In den Kieler Nachrichten war dazu ein gro­ßer Artikel zu lesen. Das Interesse wei­te­rer Schulen an einem sol­chen Workshop war vor­han­den, so dass ich sagen kann, dass der Bedarf an Infos schon sehr groß ist. Das Ergebnis eines Workshops lau­te­te: Förderung von Medienkompetenz als eigen­stän­di­ges Schulfach! Vereinzelt gibt es immer wie­der her­aus­ra­gen­de Projekte ein­zel­ner Schulen.”

Da es ja offen­sicht­lich eini­ges zu tun gibt, inter­es­sier­te mich, in wel­chem Bereich der Handlungsbedarf Frau Niedners Meinung nach am größ­ten ist, wenn es um die Förderung von Medienkompetenz geht.

“Ich glau­be, dass vie­le Kinder und Jugendliche ziem­lich naiv und teil­wei­se auch sehr unbe­fan­gen mit dem Internet umge­hen, ins­be­son­de­re in sozia­len Netzwerken. Medienkompetenzförderung wür­de ich ger­ne ver­knüp­fen mit Förderung der sozia­len Kompetenz. Kinder und Jugendliche müs­sen in der Lage sein, Konsequenzen zu über­bli­cken, selbst­ver­ständ­lich alters­ent­spre­chend. Ich glau­be nicht, dass es in das Bewusstsein aller Kinder und Jugendlichen vor­ge­drun­gen ist, dass das Internet nie­mals ver­gisst.

Ohne das Internet zu ver­teu­feln — es gibt im Netz vie­le Fakes, also Täuschungen, und lei­der auch Erwachsene, die sich an Kinder ran­ma­chen und ver­su­chen, sich mit ihnen zu tref­fen. Seit es die umstrit­te­ne Sendung „Tatort Internet“ gibt, wird gera­de dar­über viel dis­ku­tiert. Hier müs­sen Kinder und Jugendliche in die Lage ver­setzt wer­den, das eine vom ande­ren unter­schei­den zu kön­nen. Eltern haben dabei eine wich­ti­ge Rolle, denn sie üben sozia­le Kontrolle aus, bestim­men über die Zeiten, die ihr Kind im Internet ver­brin­gen darf. Lehrkräfte haben hier eben­falls eine wich­ti­ge Rolle, weil die Kinder viel Zeit in der Schule ver­brin­gen und sich ihr sozia­les Leben eben auch hier abspielt.

Um am Beispiel Internet zu blei­ben: Ein gro­ßer Handlungsbedarf wird immer dort offen­bar, wo sich Probleme erge­ben oder auf­tun. Wenn das Internet eine so wich­ti­ge Rolle spielt, dass dafür Freundschaften gecan­celt und direk­te Kontakte ver­mie­den wer­den. Wenn Schülerinnen und Schüler die Schule schwän­zen oder stän­dig zu spät kom­men, weil sie bis spät in die Nacht gespielt haben. Wenn also das „nor­ma­le Leben“ hint­an­steht. Sicherlich ist es span­nend, in eine ande­re Rolle zu schlüp­fen oder als Außenseiter mal zum Star zu avan­cie­ren. Aber auch für das Internet gilt, was man in allen Bereichen beher­zi­gen soll­te: Alles in Maßen!“

In Anbetracht der ver­schie­de­nen Bereiche der Medienlandschaft, die eine Gefährdung für Kinder und Jugendliche bedeu­ten, frag­te ich nach, wel­che Aspekte Frau Niedner als beson­ders gefähr­dend ansieht:

“Meines Erachtens fehlt es an alters­an­ge­mes­se­ner Aufklärung. Hier müss­ten Eltern und Lehrkräfte, aber auch alle ande­ren Institutionen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, noch ver­zahn­ter zusam­men­ar­bei­ten und ein unter­stüt­zen­des, fes­tes Netzwerk auf­bau­en. Am meis­ten gefähr­det sind Kinder und Jugendliche, wenn sich kei­ne Erwachsene oder kein Erwachsener zustän­dig fühlt. Wenn Erwachsene sich gleich­gül­tig ver­hal­ten und nicht hin­ter­fra­gen, was das Kind denn den lie­ben lan­gen Tag am PC so macht oder wie es dem Kind geht.
Für mich gehört zum Beispiel auch der Jugendschutz in die Schulen. Ich habe erlebt, dass ein Fünftklässler in der Schule auf eine Pornoseite kam und sich eini­ge Kinder dann wäh­rend der Pause ent­spre­chen­de Filme ange­se­hen haben. Sicherlich hat die­ser Schüler die Seite gezielt ankli­cken wol­len, oft­mals jedoch wird man regel­recht davon erschla­gen.

Ich möch­te hier­zu sinn­ge­mäß eine Schriftstellerin zitie­ren, deren Namen ich lei­der ver­ges­sen habe. „Früher muss­te man sich küm­mern und suchen, wenn man Erotik woll­te. Heute fin­den einen die Pornos.“ Ich glau­be, dass hier viel Wahrheit ent­hal­ten ist und das ist eine Entwicklung, die ich für sehr gefähr­lich hal­te. Was wird hier für ein Bild ver­mit­telt? Und das ohne wei­te­re Aufklärung. Viele Seiten sind ein­fach zu frei zugäng­lich und es fehlt dann auch an der Sachkompetenz (und am Interesse) von Erwachsenen, hier ent­spre­chend nach­zu­bes­sern.
Eine gro­ße Gefährdung sehe ich dar­in, dass im Internet jede und jeder alles sein kann. Kinder und Jugendliche kön­nen sich als Erwachsene aus­ge­ben und über das Internet ein­kau­fen, Anleitungen zum Amoklauf her­un­ter­la­den, ler­nen, wie man Bomben bas­telt und so wei­ter.… Bei allen Vorteilen, die das Internet bie­tet, benö­ti­gen vor allem jun­ge Menschen Anleitungen von kom­pe­ten­ten und inter­es­sier­ten Erwachsenen.”

Es bleibt also viel zu tun für alle, die mit Kindern und Jugendlichen arbei­ten. Es ist vor allem nötig, Eltern, Lehrkräfte und päd­ago­gi­sche Mitarbeiter zu moti­vie­ren, sich kri­tisch mit den Medien und ihrer Wirkung aus­ein­an­der zu set­zen, damit sie wis­sen, was ihre Schützlinge mit die­sen ganz ver­schie­de­nen Medien machen. Eine Veranstaltung wie die Mini-Medienkompetenz-Messe ist sicher­lich einer von vie­len Schritten in die rich­ti­ge Richtung.

Vielen Dank an die­ser Stelle an Frau Niedner, die die Ergebnisse unse­res Gesprächs noch ein­mal zusam­men­ge­fasst hat: schrift­li­che Veröffentlichung müs­sen von Seiten des Presseamts der Stadt Kiel geneh­migt wer­den.

Von:

Melanie Richter lebt seit mehr als 20 Jahren in Kiel, ist parteilos, seit 2010 Mitglied im Verein für Neue Medien Kiel e.V. und arbeitet in einer Kieler Gemeinschaftsschule.

Ein Gedanke zu “1. Kieler Mini-Medienkompetenz-Messe”:

  1. DasNordlicht

    Leider wird hier von Frau Niedner das Netz sehr ein­sei­tig beschrie­ben.

    Zu einem Kompetenten Umgang mit dem nun auch schon 2 Jahrzehnte alten „neu­em” Medium Internet gehört nicht nur die Sicht auf die Gefahren und das Suchtpotential.

    Wer mit Medien kom­pe­tent umge­hen kann nutzt die­se auch zu sei­nem Vorteil. Es bil­det sich sei­ne eige­ne Meinung. Lernt Informationen zu ana­ly­sie­ren und zu bewer­ten. Der Medienkompetente bemüht ver­schie­de­ne Quellen um Informationen zu über­prü­fen und bil­det sich am Ende des Prozesses sei­ne eige­ne Meinung.
    Diese Analyse ver­schie­de­ner Quellen ist halt mit dem Netz rela­tiv leicht mög­lich. Es eröff­net der brei­ten Masse einen Wissensschatz der genutzt wer­den muss. Das Wissen wie man die­se Quellen anzapft muss den Schülern ver­mit­telt wer­den.

    Das Netz ist weder „Tatort Internet” noch eine ein mob­ben­des, Porno schleu­der­des Monster es ist auch deut­lich mehr als Fernsehen 2.0

    Ich lese in den Zitaten lei­der nicht viel posi­ti­ves über das Netz, Medienkompetenz ist sehr viel mehr als die Gefahren zu ken­nen.

    Ich wer­de mir die Messe am Samstag anse­hen und hof­fe dar­auf dort nicht nur das böse Netz zu fin­den.

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