Von Ressorts, Sammelministerien und dem Thema Wissenschaft

Von | 20. Oktober 2014

Die alten Bohrlöcher verraten: der Ressortzuschnitt wurde schon häufiger verändert.

In der schles­wig-hol­stei­ni­schen Landesregierung hat sich im September der Ressortzuschnitt geän­dert (der Landesblog berich­te­te). Wissenschaft ist jetzt im Sozialministerium ange­sie­delt und nicht mehr in einem Ministerium für Bildung und Wissenschaft. Was war pas­siert? Und was heißt eigent­lich „Ressortzuschnitt”? Eine Zusammenfassung.

Was ist pas­siert?

Nach dem Rücktritt der Ministerin für Bildung und Wissenschaft, Wara Wende (par­tei­los), im September war die Aufregung groß: Weil die neue Ministerin Britta Ernst (SPD) mit dem Vorstand des Universitätsklinikums (UKSH) ver­schwä­gert ist, änder­te Ministerpräsident Torsten Albig eigen­mäch­tig den Ressortzuschnitt. Die Zuständigkeit für das Thema Wissenschaft, dem auch das UKSH zuge­hört, wan­der­te ins Sozialministerium, aus dem alten Ministerium für Bildung und Wissenschaft wur­de das Ministerium für Schule und Berufsbildung.

„Was bit­te hat die Wissenschaft im Sozialministerium zu suchen?” frag­te der dama­li­ge Oppositionsfüher Daniel Günther (CDU). Wolfgang Kubicki (FDP) ging noch einen Schritt wei­ter: „Wir fürch­ten um die Reputation des Wissenschaftsstandortes Schleswig-Holstein, wenn das Sozialministerium jetzt für den Wissenschafts- und Hochschulbereich im Lande zustän­dig sein soll.” Oder: „Der Ministerpräsident hat das gewich­ti­ge Bildungsministerium kom­plett ent­kernt; Kultur wur­de Justizsache; Wissenschaft wird zum Projekt der Sozialpolitik. Das Schulministerium mutiert zum Rudiment” (Torge Schmidt, Piraten).

Viel Lärm um nichts? Eigentlich geht es um zwei Fragen: Einerseits die Kritik an der Amtsführung des Ministerpräsidenten und den offen­sicht­li­chen Koalitionskrach um den Ressortzuschnitt; ande­rer­seits um die Frage, mit wel­chen ande­ren Themen Wissenschaft sinn­vol­ler­wei­se in einem Ministerium zusam­men­ge­fasst wer­den soll­te.

Auf dem Briefkasten prangt schon der neue Name

Auf dem Briefkasten prangt schon der neue Name. Die Berufsbildung war zuvor dem Wirtschaftsministerium zuge­ord­net.

Was heißt Ressortzuschnitt?

In Schleswig-Holstein hat der Ministerpräsident oder die Ministerpräsidentin die allei­ni­ge Entscheidungsgewalt über den Ressortzuschnitt. Die Entscheidung von Ministerpräsident Albig (SPD) zeugt viel­leicht von schlech­tem Stil, aus Sicht der Opposition viel­leicht sogar von des­sen Unvermögen. Sie liegt jedoch in der Kompetenz sei­nes Amtes begrün­det. Das hat auch nie­mand in der Diskussion bestrit­ten — ledig­lich der Inhalt sei­ner Entscheidung wur­de kri­ti­siert.

Die meis­ten Ministerien sind genau genom­men Sammelministerien, in denen ver­schie­de­ne Ressorts zusam­men­ge­fasst wer­den. Ein Ressort oder Portefeuille ist die Umschreibung für eine Staatsaufgabe. Neben klas­si­schen Ressorts wie Finanzen, Justiz oder Wirtschaft gibt es in Bund und Ländern eine gro­ße Zahl von Ressorts, die in ver­schie­de­nen Kombinationen zu Ministerien zusam­men­ge­fasst wer­den. Der Ressortzuschnitt (oder: das Kompetenzportefeuille der ein­zel­nen Ministerien) wech­selt häu­fig bei der Bildung neu­er Regierungen. Für den Zuschnitt der Ressorts spie­len par­tei­po­li­ti­sche Präferenzen oder — wie in Schleswig-Holstein gera­de gesche­hen — die Person der Ministerin bzw. des Ministers eine wich­ti­ge Rolle.

Wissenschaft und …

In Schleswig-Holstein war Wissenschaft in den letz­ten Jahren kom­bi­niert in den Sammelministerien für

  • Wissenschaft, Forschung und Kultur
  • Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur
  • Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr
  • Bildung und Wissenschaft

und seit September im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung unter der Ministerin Kirstin Alheit (SPD).

In Bund und Ländern sind die Themen Wissenschaft und Forschung in unter­schied­li­chen Kombinationen und manch­mal inner­halb eines Bundeslandes sogar in meh­re­ren Ministerien ange­sie­delt:

LandRessortzuschnittRegierung
BundBildung und ForschungCDU/​SPD
Baden-WürttembergWissenschaft, Forschung und KunstGrüne/​SPD
BayernBildung und Kultus, Wissenschaft und KunstCSU
Wirtschaft und Medien, Enregie und Technologie
BerlinBildung, Jugend und WissenschaftSPD/​CDU
Wirtschaft, Technologie und Forschung
BrandenburgWissenschaft, Forschung, KulturSPD/​Linke
BremenBildung und WissenschaftSPD/​Grüne
HamburgWissenschaft und ForschungSPD
HessenWissenschaft und KunstCDU/​Grüne
Mecklenburg-VorpommernBildung, Wissenschaft und KulturSPD/​CDU
NiedersachsenWissenschaft und KulturSPD/​Grüne
Nordrhein-WestfalenBildung, Wissenschaft, Weiterbildung und KulturSPD
Saarland(Staatskanzlei)CDU/​SPD
SachsenWissenschaft und KunstCDU/​FDP
Sachsen-AnhaltWissenschaft und WirtschaftCDU/​SPD
Schleswig-HolsteinSoziales, Gesundheit, Wissenschaft und GleichstellungSPD/​Grüne/​SSW
ThüringenBildung, Wissenschaft und KulturCDU/​SPD
Datengrundlage: Auflistung der Mitglieder der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz,
Regierungsparteien in den Bundesländern (Stand 18.10.14)

Im Fall von Schleswig-Holstein wur­de übri­gens die gesam­te Wissenschafts-Abteilung mit Staatssekretär Rolf Fischer (SPD) an der Spitze ins Sozialministerium ver­scho­ben. Die BeamtInnen, die sich um die Hochschulen und die Forschung im Land küm­mern, blei­ben also die­sel­ben. Die Auseinandersetzung um den ver­än­der­ten Ressortzuschnitt dürf­te in die­sem Fall vor allem sym­bo­li­schen Wert haben.

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