Landtagswahl 2017 - Geschenke für Jungwähler

Von | 27. April 2017

Paket mit Wahlverprechen der Parteien zur Landtagswahl 2017. Foto: Rainer Sturm @pixelio.de

Erstmals in der Geschichte Schleswig-Holsteins zäh­len bei einer Landtagswahl auch 16- und 17-Jährige zum Kreis der Wahlberechtigten. Etwa 57.000 die­ser Jungwähler wur­den auf­ge­ru­fen, am 7. Mai 2017 ihre Stimmen abzu­ge­ben. Was wün­schen sich die­se jun­gen Menschen, die aus­nahms­los noch in der Ausbildung ste­cken?

Wir baten die Landesschülervertretungen, zu notie­ren, was sie bewegt. Den fol­gen­den Text schrie­ben die Landesvorsitzenden Kira Kock (Gymnasien) und Jasper Wiezorek (Gemeinschaftsschulen) exklu­siv für landesblog.de. Auf ihren Beitrag folgt ein Video, das eine Auswahl der Wahlverprechen für Jungwähler zeigt.

 

I. Schulfrieden und Chancengleichheit — Schluss mit Reformen

Nach den Reformen in den letz­ten Jahren sind vie­le Schülerinnen und Schüler nicht mehr über­zeugt von der Bildungspolitik. Zu vie­le Veränderungen, zu viel Wandel. Eine Wiedereinführung von Real- oder Hauptschulen, G9, all dies wird an der jet­zi­gen Situationen nichts ändern. Was wir für die Gymnasien in Schleswig-Holstein brau­chen, ist ein zweck­mä­ßi­ger Umgang mit den Rahmenbedingungen von G8, G9 und dem Y-Modell, der auf der Weiterentwicklung der Systeme basiert. Gymnasien, die nicht das vor­herr­schen­de System (G8) umset­zen und leben, dür­fen ihres fort­set­zen. Sie haben ihr päd­ago­gi­sches Konzept dar­auf aus­ge­rich­tet und soll­ten die Arbeit mit die­sem fort­set­zen dür­fen. Eine Gesellschaft, deren Zukunftschancen in der Entwicklung neu­er Ideen und Konzepte lie­gen, muss einen hohen Bildungsgrad und eine gro­ße Motivation des Einzelnen schaf­fen, damit sie in einer glo­ba­li­sier­ten Welt wirt­schaft­lich und poli­tisch erfolg­reich sein kann. Auch wenn G8 ande­re Rahmenbedingungen vor­weist als G9, muss trotz­dem der Schulalltag in aus­rei­chen­der Form mit Aktivitäten in Sportvereinen, Kirchen etc. ver­ein­bar sein – ins­be­son­de­re dort, wo sich die Vereinsarbeit orga­ni­sa­to­risch schwer in den Schulstandort inte­grie­ren lässt (z. B. im länd­li­chen Raum).

Auch eine Wiedereinführung der ver­pflich­ten­den Schulartenempfehlung kann nicht der rich­ti­ge Weg sein, um Schülerinnen und Schüler auf die jewei­li­gen Schularten anzu­pas­sen. Sie soll­te ledig­lich Hilfestellung bei der Wahl der wei­ter­füh­ren­den Schule sein. Eltern und Schüler sind frei, die­ser Empfehlung zu fol­gen oder es nicht zu tun.

Weiter wün­schen wir uns als Landesschülervertretung eine teil­wei­se Angleichung der sech­zehn deut­schen Bildungssysteme. Eine Grundstruktur, also Art, Länge und Abfolge des Bildungsweges, muss ein­heit­lich sein. Dies trifft eben­falls auf die Lehrpläne zu. Dazu ist ein hand­lungs­fä­hi­ges Sekretariat der KMK not­wen­dig. Allerdings bleibt die jewei­li­ge detail­lier­te Ausarbeitung in Länderhoheit, damit regio­na­le Bedürfnisse berück­sich­tigt wer­den kön­nen. Die Abituraufgaben müs­sen nach Vorgaben der Kultusministerkonferenz von den Landesbildungsminister*innen gestal­tet wer­den und lan­des­weit gleich sein. Allerdings müs­sen die Aufgaben aller 16 Länder wei­test­ge­hend gleich blei­ben.

II. Sanierung — Schulgebäude und Schulsportanlagen

Besonders in den Sekundarstufe I lei­den vor allem die männ­li­chen Schüler unter Bewegungsmangel wäh­rend des Unterrichts. Dies bringt einen Mangel an Konzentration und dadurch schlech­te­re Schulleistungen als Konsequenz mit sich. Deshalb for­dern wir, dass jede Schule Schleswig-Holsteins einen Pausenhof hat, der aus­rei­chend Möglichkeiten bie­tet, um die­sen Bewegungsmangel behe­ben zu kön­nen. Ein kos­ten­lo­ses, aus­ge­wo­ge­nes, voll­wer­ti­ges und bio­lo­gisch wert­vol­les Mittagessen, wel­ches das sozia­le Miteinander aller an der Schule betei­lig­ten Menschen för­dert, soll den Vormittagsunterricht mit dem Nachmittagsunterricht ver­bin­den, auch sol­len vege­ta­ri­sche und vega­ne Essen ange­bo­ten wer­den, damit die­se Personen nicht aus dem sozia­len Miteinander aus­ge­grenzt wer­den. Dies erfüllt auch die Vorbildfunktion der Schule und för­dert die Gesundheit der Schülerinnen und Schüler.
Des Weiteren sind die Sanitäranlagen in vie­len Schulen sanie­rungs­be­dürf­tig. Diese müs­sen wie die Unterrichtsräume regel­mä­ßig reno­viert wer­den und durch­weg in einem guten Zustand sein, auch die hygie­ni­schen Reinigungsmittel wie Seife etc. sol­len zur Genüge vor­han­den sein.

III. Schule als Ort der Gemeinschaft

Das gemein­sa­me Lernen soll­te das Grundprinzip jeder Schule sein, da es neben kogni­ti­ven und fach­li­chen Fähigkeiten auch die soge­nann­ten Social-Skills för­dert. Gemeinsames Lernen schließt aber auch ein, dass jün­ge­re Schülerinnen und Schüler von den älte­ren Schülerinnen und Schülern unter­stützt wer­den.
Des Weiteren hal­ten wir es für wich­tig, dass Schülerinnen und Schüler sich mit ihrer Schule iden­ti­fi­zie­ren, denn nur so kann eine gute Schulgemeinschaft ent­ste­hen. Deshalb for­dern wir Gemeinschaftsprojekte wie z.B. Spendenläufe zur Finanzierung eines neu­en Schulhofes oder von Schülern für Schüler orga­ni­sier­te Sommerfeste.

Seit ca. zwei Jahren hat sich unse­re Schulgemeinschaft durch die Zuwanderung von vie­len Schutzsuchenden erwei­tert. Damit auch wirk­lich alle Jugendlichen die­sel­ben Chancen bekommt, sich in die­se Gemeinschaft zu inte­grie­ren, wol­len wir, dass im Unterricht über die Zustände in deren Herkunftsländern und über die gene­rel­le Flüchtlingssituation auf­ge­klärt wird.

Zudem soll­ten Studienplätze auch über sozia­les Engagement etc. ver­ge­ben wer­den.

Gemeinschaft durch Inklusion

Wir brau­chen genü­gend Schulpsychologinnen bzw Schulpsychologen, Schulsozialarbeiterinnen bzw. Schulsozialarbeiter, um mög­li­che schwie­ri­ge sozia­le Sachverhalte zu klä­ren und Schülerinnen und Schüler mit Rat und Tat unter­stüt­zen zu kön­nen. An jeder Schule muss min­des­tens eine Person mit vol­ler Stundenzahl aus den oben genann­ten Berufsfeldern tätig sein. Außerdem wäre ein vom Ministerium erstell­ter Leitfaden für eine inklu­si­ve Schule für Eltern, Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte ein gro­ßes Hilfsmittel. Um Menschen mit kör­per­li­chen Behinderungen den Schulalltag zu erleich­tern, müs­sen die Räumlichkeiten aller Schulen in Schleswig- Holstein bar­rie­re­frei gestal­tet sein.

Einen run­den Tisch zum Thema Inklusion gibt es bereits auf Landesebene, jedoch nicht auf Schulebene. Menschen sind hete­ro­gen, also sind auch die Schülerinnen und Schüler unter uns hete­ro­gen, die bestimm­te Handicaps haben. Es soll­te einen run­den Tisch Inklusion in jeder Gemeinde und vor allem jeder Schule geben, da man nur so mög­lichst indi­vi­du­el­le Entscheidungen zur Verbesserung der Inklusion tref­fen kann — s. auch die gemein­sa­me Presseerklärung von Jasper Wiezorek und Sandy Roos, der Landesschülersprecherin der Förderzentren vom 26. April 2017.

IV. Schulausstattung — Personal und Digitalisierung

Trotz der Fortschritte der letz­ten Jahre in der Digitalisierung soll­ten wir uns mit die­sen Fortschritten noch nicht zufrie­den geben — zum Beispiel müs­sen die digi­ta­len Medien wie White Boards und Laptops in den Schulalltag inte­griert wer­den. Dafür benö­ti­gen auch die Lehrkräfte aus­rei­chend Fortbildungen mit digi­ta­len Medien, damit die­se Medien auch wirk­lich in die Unterrichtsdidaktik inte­griert wer­den.

V.  Kosten während der Ausbildung

Seit lan­gem beschrän­ken sich die Forderungen der Landesschülervertretung, was den ÖPNV angeht, nicht nur auf ein kos­ten­güns­ti­ges, lan­des­wei­tes Ticket für Schülerinnen und Schüler sowie Azubis, son­dern gehen wesent­lich wei­ter. So wünscht sich die Schülerschaft eine höhe­re Taktung von Bus und Bahn.

Des Weiteren for­dern wir die Schaffung eines intel­li­gen­ten Entschuldigungssystems für Verspätungen, die bedingt durch den ÖPNV lei­der immer wie­der vor­kom­men. Laut einer Untersuchung fah­ren bei 1% Fahrzeitverkürzung ca. 1% mehr Fahrgäste mit, zudem wür­den mehr Schülerinnen und Schüler bei höhe­rer Taktung und weni­ger Verspätungen den öffent­li­chen Nahverkehr nut­zen.

Viele Schüler und Schülerinnen wün­schen sich den Ausbau des ÖPNVs. Das Schaffen wei­te­rer Haltepunkte und/​oder Bahnhöfe wür­de sicher­lich erfolg­reich sein, um Schülern und Schülerinnen die Anreise zur Schule ein­fa­cher zu gestal­ten. Zudem soll­te eine Reaktivierung von Bahnlinien, vor allem an der Westküste Schleswig-Holsteins schnellst­mög­lich statt­fin­den.

Es soll­te ein W-LAN in allen Bereichen des ÖPNVs in Schleswig-Holstein geben, wel­ches kein Datenlimit hat. Dies wür­de der Schülerschaft, die wei­te Wege zur Schule zurück­le­gen müs­sen, das Absolvieren von Schulaufgaben erleich­tern.

Da vie­le Bus/Bahn-Tickets in den Ferien nicht gel­ten, for­dern wir ent­we­der güns­ti­ge Ferientickets oder Fahrkarten, die auch an Ferientagen gel­ten. Auch Schülerinnen und Schüler wol­len in den Ferien mobil sein.

Es wäre schön wenn Schulen in Zukunft dar­über auf­klä­ren wür­den, wie man BAB oder BAföG bean­tra­gen kann. Dafür for­dern wir, dass das Land an jeder Schule Ansprechpartner aus­bil­det.

 

Bonusmaterial für Jungwähler — Das Pack Opening der Wahlversprechen

Unser Pack Opening Video spie­gelt die Vorstellungen und Wünsche der Schülerinnen und Schüler mit den Wahlversprechen der Parteien. Dazu wähl­ten Kira und Jasper sowie zwei wei­te­re Jugendliche die aus ihrer Sicht bemer­kens­wer­tes­ten 100 Wahlgeschenke aus den aktu­el­len Wahlprogrammen von SPD, CDU, B90/​Grüne, FDP, SSW, Piraten, LINKE, AfD. Welche Gutscheine tat­säch­lich spä­ter ein­ge­löst wer­den kön­nen und wel­che nicht, ent­schei­det sich aller­dings erst im Koalitionsvertrag, den die mit der neu­en Regierung beauf­trag­ten Parteien mit­ein­an­der abschlie­ßen wer­den. Manches wird aber selbst dann noch bloß ein Versprechen blei­ben und sich trotz guter Vorsätze nie ein­lö­sen las­sen.

 

 

 

 

panama
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das; Abk. f. Panorama (griech.). Unter diesem Namen postet Daniela Mett vermischte Nachrichten aus der bewohnten Welt des Nordens. Die ausgebildete Magazinjournalistin berichtet frei und unabhängig. Sie hat sich in 30 Berufsjahren spezialisiert auf Reportagen und Interviews - www.panama-sh.com.

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