Steuerzahlerbund fordert ein Parlament mit nur 51 Abgeordneten

Von | 26. Januar 2011

Der soge­nann­te Bund der Steuerzahler hat heu­te in einer Presseerklärung sei­ne Forderung erneu­ert, den Landtag auf 51 Abgeordnete zu ver­rin­gern. Er bit­tet die Bürgerinnen und Bürger Schleswig-Holsteins, sich die­sem Anliegen per E-Mail oder Unterschrift anzu­schlie­ßen.

Er begrün­det sei­ner Forderung mit dem schon bekann­ten Vergleich der Anzahl der Bürger, die ein Abgeordneter der Parlamente in Bayern, Baden-Württemberg oder Niedersachsen ver­tritt, mit der ent­spre­chen­den Zahl in Schleswig-Holstein. In Bayern reprä­sen­tiert ein Abgeordneter 67.000 Bürger, in Baden-Württemberg 77.000, in Nordrhein-Westfalen gar nur 99.000. Säßen im Schleswig-Holsteinischen Landtag ledig­lich 51 Volksvertreter, reprä­sen­tier­te ein Abgeordneter immer­hin nur 55.000 Bürgerinnen und Bürger.

Darüber hin­aus errech­net der selbst­er­nann­te Schutzverein der Steuerzahler die Kosten, die das Schleswig-Holsteinische Parlament je Bürger aus­macht und beklagt den etwa im Vergleich zu Baden-Württemberg fast dop­pelt so hohen Betrag.

Die Forderung des Vereins ist sicher­lich popu­lär. Gäbe es eine Blöd-Zeitung für Schleswig-Holstein, wäre die mor­gi­ge Schlagzeile gesetzt.

Die Argumentation des Vereins über­zeugt mich nicht. Sachlich macht er den Fehler, deut­lich grö­ße­re Parlamente mit dem Schleswig-Holsteinischen zu ver­glei­chen. Wer an voll­stän­di­gen Vergleichszahlen inter­es­siert ist, den emp­feh­le ich die Lektüre mei­nes Artikels Welche Kleidergröße hat der Landtag, in dem ich zunächst die Länder unter­ein­an­der ver­gli­chen habe und dann Maßstäbe für oder gegen eine bestimm­te Größe gesucht habe. Der Vergleich hät­te mit in etwa gleich­gro­ßen Ländern erfol­gen müs­sen. Das hät­te aber sicher nicht in das Konzept gepasst, eine Verringerung des Landtages her­bei­re­den zu wol­len.

Gleichwohl soll­te die Abgeordneten auch sol­che unpo­li­tisch daher­kom­men­den Initiativen sehr ernst neh­men. Sie soll­ten die Parlamentarier in Kiel nach­hal­tig ermah­nen, einen Gesetzesentwurf vor­zu­le­gen, der über­zeu­gend belegt, dass die der­zei­ti­ge gesetz­li­che Anzahl von 69 Abgeordneten auch der wahr­schein­li­chen tat­säch­li­chen Zahl (also nach etwai­gen Überhangs- und Ausgleichsmandaten) ent­spricht. Alles ande­re könn­te der brei­ten Mehrheiten der Bevölkerung nicht erklärt wer­den. Und das ist wich­tig. Denn in einem Punkt ist die Forderung rich­tig: Nur wer selbst mit gutem Beispiel vor­an­geht kann erwar­ten, dass die Bürgerinnen und Bürger selbst bereit sind, Einschnitte zu akzep­tie­ren.

Von:

Swen Wacker, 49, im Herzen Kieler, wohnt in Lüneburg, arbeitet in Hamburg.

4 Gedanken zu “Steuerzahlerbund fordert ein Parlament mit nur 51 Abgeordneten”:

  1. Jörg Hamer

    Ich fin­de es sehr ärger­lich, dass sich die Debatte über die Größe des Landtages in ers­ter Linie um die Kosten dreht. Das kommt davon, wenn man den Erbsenzählern wie dem Steuerzahlerbund und den klei­nen Parteien, die ihr eige­nes Süppchen kochen, das Feld über­lässt. Wann tre­ten denn Vertreter der gro­ßen Parteien auf die Rampe und machen sich stark für über­schau­bar gro­ße Wahlkreise? Blutarm, ohne Feuer wird die Debatte geführt — scha­de. Wenn schon die Volksparteien und ihre gewähl­ten Abgeordneten kei­ne Lust haben dafür zu wer­ben, hät­te man viel­leicht eine Enquete-Kommission ein­rich­ten sol­len. Die könn­te dann wenigs­tens eine ver­mit­tel­ba­re Begründung für ihre Vorschläge lie­fern und könn­te nicht von vorn­her­ein ver­un­glimpft wer­den, nur eige­ne Interessen zu ver­tre­ten …

    Reply
  2. Stecki

    Soll eine fixe Zahl von Abgeordneten das Ziel sein? Dann soll­ten wir viel­leicht aus Verhältnisausgleich oder Direktmandate ver­zich­ten und ent­spre­chend Mehrheitswahlrecht oder rei­ne Landeslistenwahl ein­füh­ren.

    Meines Erachtes ist das jet­zi­ge System der Mischung bei­der Prinzipien gut und rich­tig. Es hat in der Tat den Nachteil, daß dadurch die Zahl der Parlamentarier schwankt und — insb. seit­dem es mehr Parteien mit nivel­lier­te­ren (Wahlkreis)ergebnissen gibt — poten­ti­ell mehr Überhang- und Ausgleichsbedarf ent­steht.

    Ich glau­be auch nicht, daß sich so etwas „nicht ver­mit­teln“ lie­ße. Eher glau­be ich, daß Denk- und Argumentationsfaulheit die Überhand gewon­nen haben.

    Ansonsten möch­te ich noch anmer­ken, war­um vom „soge­nann­ten“ Bund der Steuerzahler gespro­chen wird. Dann soll­ten wir bit­te dazu über­ge­hen, auch nur noch von soge­nann­ter SPD oder soge­nann­ter Friedensinitiative zu spre­chen…

    Reply
  3. Swen Wacker

    @Jörg Hamer: Einer Enquetekommission kann ich auch viel abge­win­nen. Allerdings soll­te die­se einem neu­en Landtag vor­be­hal­ten blei­ben. Der jet­zi­ge Landtag wird kaum in der Lage sein, einen par­tei­en­über­grei­fen­den Konsens zu fin­den, der einen brei­ten gesell­schaft­li­chen Konsens wider­spie­gelt. Der jet­zi­ge Landtag soll­te sich dar­auf beschrän­ken ein, das Wahlrecht an die Verfassung anzu­pas­sen.

    @Malte Das jet­zi­ge Wahlrecht mit sei­nen 40 Wahlkreisen (das ergibt einen fast 60 pro­zen­ti­gen Anteil der Direktmandaten an der (theo­re­ti­schen) Gesamtzahl 69) ist — neben der brei­ter auf­ge­stell­ten Parteienlandschaft in Deutschland — der Grund für die über­pro­por­tio­na­le Abweichung. Ein bes­se­re Verhältnis (wenigs­tens 50:50, bes­ser: 40:60) mini­mier­te die zu erwar­ten­de Abweichung. Ein fixe Parlamentsgröße hal­te ich hin­ge­gen für über­re­gu­liert.

    Zu dem soge­nann­ten BdSt. Der Verein hat kein Mandat, Steuerzahler zu ver­tre­ten. Und wenn er das hät­te, dann erge­be sich dar­aus nicht zwin­gen­de eine Kompetenz, die Verwendung von Steuermitteln beur­tei­len zu kön­nen. Seine Stellungnahmen sind regel­mä­ßig allen­falls popu­lis­tisch und eigent­lich nie mit guten, stich­hal­ti­gen Argumenten ver­se­hen.

    Reply

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert