Ganz zum Schluss fehlte nur noch die Meldung, dass die Prevent AG einen gewissen Reiner Pfeiffer als Berater beschäftige. Niemanden hätte das noch gewundert. Die Affäre, bei der man als normalsterblicher Durchschnittsbürger längst nicht mehr weiß, welcher der Skandal denn nun der namensgebende sein sollte, hat mit dem offensichtlich bevorstehenden Ende der Ära Nonnenmacher einen weiteren Tiefpunkt erreicht. Das staunende Publikum wartet nun gespannt, was dort passiert. Wäre das ganze eine amerikanische Serie, dann wartete man nun gespannt auf die wohl noch in dieser Woche zu sendende letzte Folge der aktuellen Staffel und wüsste, dass es auf alle Fälle eine weitere geben wird.
Es waren im Wesentlichen die FDP in Kiel und die Grünen in Hamburg, die öffentlichkeitswirksam ihre in Schockstarre verfallenen Regierungspartner vorantrieben. Als dann heute erste Pressemeldungen über das angeblich schon am Sonntag verabredete Ende der Amtszeit des Vorstandsvorsitzenden kursierten, kamen aus den Regierungszentralen in Kiel und Hamburg halbherzig Dementis: Es gebe noch keine Beschlüsse und „ein dynamischer politischer Prozess” sei im Gange. Das erweckt nicht gerade den Eindruck, als ob die Spitze der Regierung aktiv lenkt. Denn: Natürlich gibt es heute noch keine Beschlüsse, das Kieler Kabinett tagt, wie der Hamburger Senat, erst morgen. In solchen Situationen braucht es keiner formalen Beschlussfassung mehr. Gelebte Richtlinienkompetenz der Chefs geht anders: Da stünde jetzt einer vor der Presse und sagte seinen Landsleuten, warum er dem Kabinett morgen die Demission des Herrn Professor Dr. Nonnenmacher zum Beschluss vorlegt.
Erst die Arbeit …
In solchen Situationen zaudernd zu schweigen ist für die beiden Regierungschefs nördlich der Elbe kein Ruhmesblatt. Der eine scheint vor lauter Imagekampagne im Hamburger Boulevard noch nicht im Amt angekommen zu sein, der andere ist anscheinend kaum noch drin.
Kaum besser ist das Taktieren der SPD. Natürlich kostet die Nachbesetzung Nonnenmachers Geld. Und natürlich wird auch der Gesicht gewordene Unsympath Dr. No auf Vertragserfüllung pochen. Das ist sein gutes Recht. Notfalls werden Gerichte über die Auslegung der Verträge zu entscheiden haben. Verträge, denen CDU und SPD in Kiel zugestimmt haben. Die vielleicht fällige Ablöse wird aber, inklusive der Gerichtskosten, schwerlich soviel kosten wie der Ansehensverlust, den die Eigentümer erleiden werden, wenn der Bankenchef sein Amt weiter ausfüllt. Und für die Vermutung, dass es neben dem Mathematikprofessor und ehemaligen Medizinstudenten keinen anderen Menschen auf der Welt gibt, der die HSH aus der Krise begleiten kann, spricht nicht mal empirisch was.
Nur: Kehren wir den Scherbenhaufen beiseite, dann ist die Straße nicht etwa sauber sondern das schon in Vergessenheit geratene milliardentiefe Schlagloch wird wieder sichtbar.
… und dann?
Der Untersuchungsausschuss, der sich momentan um die unterirdischen Dinge rund um die HSH kümmert, kann nun zum Kern seiner Aufgabe zurückkehren und den populären, eingängigen Dingen den Rücken zukehren. Denn er heißt nicht „Dr.-Nonnenmacher-Ausschuss“ sondern „Erste Parlamentarischer Untersuchungsausschuss“.
Langweilig wird seine Arbeit dadurch nicht. Er wurde nämlich eingesetzt, um Fehlentwicklungen bei der HSH Nordbank in den Jahren 2003 bis Ende 2009 zu untersuchen. Fehler und Versäumnisse, die dazu führten, dass der Fortbestand der Bank, die sich zu über 85 Prozent im Eigentum der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg befindet, nur durch eine Kapitalspritze über drei Milliarden Euro und Garantieerklärungen der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein über weitere zehn Milliarden Euro gesichert werden konnten.
Der Ausschuss soll, so sein Auftrag, der Frage nachgehen, ob die Mitglieder der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung, die in den Gremien der Bank tätig waren, die Interessen des Landes Schleswig-Holstein ausreichend vertreten und das Nötige getan haben, um das Land vor finanziellem Schaden zu bewahren. Die Ministerpräsidenten in dieser Zeit hießen Heide Simonis und Peter Harry Carstensen (letzter war jedoch in keinem Gremium der HSH), die Finanzminister Dr. Ralf Stegner und Rainer Wiegard, die Innenminister Dr. Ralf Stegner und Lothar Hay.
Das Parlament, dessen Königsrecht das Etatrecht ist, will auch in Erfahrung bringen, ob die Regierung das Parlament ausreichend über die finanzielle Situation der HSH und etwaige Risiken informiert hat.
Und schließlich — und langfristig noch am wichtigsten — soll der Untersuchungsausschuss Vorschläge unterbreiten, wie das Parlament in Zukunft recht- und frühzeitig erkennen kann, wenn dem Land Schleswig-Holstein durch „seine“ Unternehmen Vermögensschäden drohen.
Darauf kann er sich jetzt wieder konzentrieren. Das wird nicht zum Schaden des Landes sein. Nur ist nicht mehr so unterhaltend spannend wie die ominösen Skandale in London, New York und Hamburg, die die Marke HSH Nordbank auf das gleiche Wertniveau wie Krümmel, Sellafield oder BP gebracht haben. Und dem Land geschadet haben.
Eine kleine Erweiterung seines Auftrages sollte der Ausschuss sich gönnen: Welche Mechanismen braucht es, damit ein Untersuchungsausschuss nicht der öffentlichen Aufmerksamkeit hinterherläuft sondern bei seinem Leisten bleibt.
Die SPD hat dem Vertrag Nonnenmacher nicht zugestimmt. Carstensen hat doch zugegeben, dass er das Parlament — inkl. eigener Fraktion — im Unklaren darüber gelassen hat. Im Streit darüber ist ja auch die Koalition zerbrochen. Vielleicht recherchierst du da mal nach.
In den Wahlkampf 2009 ist die SPD klar mit der Posistion gegangen, dass unter einem MP Ralf Stegner Nonnenmacher längste Zeit HSH-Chef gewesen ist. Ähnlich war übrigens auch die Position der FDP. Trotzdem hat Dr. No noch rund ein Jahr den Ruf der Bank ruinieren dürfen. Und nach der Wahl war eine der ersten Entscheidungen von Schwarz-gelb im Parlament, neue Boni für HSH-Manager zu ermöglichen. Ich will nicht sagen, dass die SPD nicht auch hätte wachsamer sein müssen. Aber nach dem Einsetzen der Finanzkrise hat die SPD ein solides Krisenmanagement nicht nur angemahnt, sondern auch konkrete Initiativen ergriffen (bis 2009) und klare Kante gegenüber Nonnenmacher und der hilflosen Landesregierung gezeigt.
Amin hat Recht. Es war seinerzeit lediglich der damalige Innenminister Lothar Hay (SPD), der in einem Telefonat gegenüber dem Finanzminister Rainer Wiegard sein Einvernehmen zur Sonderzahlung an Prof. Dr. Nonnenmacher gab.
Meine aktuelle Kritik am Taktieren der SPD bezog sich auf die heutige Presseerklärung des SPD-Obmanns Jürgen Weber, in der er sagt, die SPD habe „keine neuen Erkenntnisse, die ein solches Vorgehen (gemeint war die fristlose Kündigung Nonnenmachers) juristisch belastbar möglich machen würden”. Am 26. Oktober hatte er noch zusammen mit Ralf Stegner gefordert, der Bänker müsse „sofort von seinem Posten entfernt werden”.
Der Vollständigkeit halber: Lothar Hay hatte eine Vorlage bekommen, die besagte, dass das Land keine andere Wahl hätte und die vorgeschlagene Variante die günstigste für das Land wäre. Nicht wissend, dass Vorverträge bereits existierten — was erst Wochen später heraus kam. Aber egal — das Thema Nonnenmacher ist hoffentlich erledigt. Wenn wir (Steuerzahler) Nonnenmacher jetzt noch Millionen hinterher schmeißen müssen, sind die politisch Verantwortlichen klar zu benennen. Abschließend hier die PI der SPD-Landtagsfraktion zu den Plänen der Landesregierung, Herrn Nonnenmacher vor die Tür zu setzen: http://spd.ltsh.de/presse/die-politische-verantwortung-liegt-bei-der-landesregierung