Kulturflatrate – Zwangsabgabe oder nachhaltiges Konzept?

Von | 3. Februar 2011

Legalisierung statt Kriminalisierung, dies ist die Idee der Kulturflatrate, die unter ande­rem von den Grünen ver­tre­ten wird. Durch die Einführung einer Pauschalabgabe auf den Internetzugang, so die Befürworter der Kulturflatrate, soll das Tauschen und Verbreiten von digi­ta­len Kopien urhe­ber­recht­lich geschütz­ter Inhalte lega­li­siert wer­den.
Seitdem Tonbandgeräte, Kassetten- und Videorekorder exis­tie­ren, kön­nen urhe­ber­recht­lich geschütz­te Werke ver­viel­fäl­tigt wer­den. Da ein Verbot nicht durch­setz­bar war, hat der Gesetzgeber das Recht auf die Privatkopie den Bürgern ein­ge­räumt und die Pauschalabgabe (sie­he § 54 Urheberrechtsgesetz) ein­ge­führt. Mit dem Einzug moder­ner Techniken und Geräte wird die­se Pauschalabgabe nicht nur für Aufzeichnungsgeräte und Leermedien wie Kassetten oder CD-Rohlinge, son­dern auch auf Brenner, USM-Sticks, Speicherkarten, Festplatten, Handys und PCs fäl­lig.

Doch das digi­ta­le Zeitalter ermög­licht es, urhe­ber­recht­lich geschütz­te Werke inner­halb von Sekunden nicht nur zu kopie­ren son­dern zig­fach wei­ter­zu­ver­brei­ten. War es frü­her nur eine Kassette, die im Freundeskreis kopiert wur­de, so haben inzwi­schen welt­weit alle Internetnutzer den poten­ti­el­len Zugang zu kopier­ten Werken, ohne dass die Rechteinhaber die Verbreitung und Nutzung die­ser kon­trol­lie­ren kön­nen. Das Phänomen der Raubkopie hat seit der Verbreitung des Internets eine neue Dimension erhal­ten, die Rechteinhabern, Musik- und Filmindustrie, aber auch Verwertungsfirmen wie der GEMA, ein Dorn im Auge ist.

Das bis­he­ri­ge aus­ba­lan­cier­te System funk­tio­niert also nicht mehr wie gewohnt. Eine Alternative zur straf­recht­li­che Verfolgung von Filesharern ist die Kulturflatrate, eine gesetz­lich gere­gel­te Zwangsabgabe für die Nutzung des Internet. Diese Abgabe wür­de der bereits heu­te exis­tie­ren­den Pauschalabgabe auf PCs, Druckern und Aufzeichnungsgeräten ähneln. Die Konsequenz einer sol­chen Abgabe wäre nicht nur die Legalisierung digi­ta­ler Kopien von Ton, Bild und Druck, son­dern auch die finan­zi­el­le Belastung aller Internetnutzer, unab­hän­gig davon, ob die­se das Angebot von Filesharingplattformen über­haupt nut­zen.

Das Konzept wirft wei­te­re Fragen auf, die noch beant­wor­tet wer­den müs­sen. Welche Höhe hät­te solch eine Abgabe? Soll die Kulturflatrate eine per­so­nen­be­zo­ge­ne, gerä­te­be­zo­ge­ne, anschluss­be­zo­ge­ne oder volu­men­be­zo­ge­ne Abgabe sein? Insbesondere bei einer volu­men­be­zo­ge­nen Abgabe stellt sich die Frage, wie man zwi­schen den unter­schied­li­chen Daten über­haupt unter­schei­den will: Denn inzwi­schen gibt es mit Video-on-Demand oder Internet Protocol Television (IPTV) kom­mer­zi­el­le Angebote, für deren Nutzung bereits monat­li­che Gebühren ent­rich­tet wer­den. Ebenso exis­tie­ren eine Reihe von Internet-Handelsplattform, wie der iTunes-Store, auf denen legal digi­ta­le Dateien von Musik, Filmen, Büchern und Spiele erwer­ben wer­den kön­nen.

Nach wel­chen Konzept sol­len die Einnahmen an die Rechteinhaber ver­teilt wer­den? Neben der Musik- und Filmindustrie wer­den sicher auch Verwertungsgesellschaften (u.a. GEMA, VG Wort & VG Bild-Kunst) ihren Anteil ein­for­dern. Die Verteilung der Einnahmen erfor­dert aber nicht nur einen Verteilungsschlüssel, auf den sich alle Rechteinhaber eini­gen müs­sen, son­dern auch eine umfang­rei­che Erfassung der Daten, etwa, um auch die Anteile der Kunstschaffenden erken­nen zu kön­nen. Gegen eine sol­che Erfassung des Nutzungsverhaltens exis­tie­ren wie­der­um daten­schutz­recht­li­che Bedenken.

Nicht zuletzt steht die Frage im Raum, ob eine sol­che Zwangsabgabe, neben der Pauschalabgabe und zusätz­li­cher GEZ/​Haushaltspauschale auf Geräte und Speichermedien, nicht ein­fach nur eine wei­te­re unan­ge­mes­se­ne Belastung der Internetnutzer ist. Denn es gibt bereits eine Reihe von Angeboten, um Musik, Filme, TV-Serien oder Bücher legal zu bezie­hen.

Um die­se und wei­te­re Fragen zur Kulturflatrate zu dis­ku­tie­ren, lädt die Landtagsfraktion der Grünen zur netz­po­li­ti­schen Diskussionsveranstaltung “Kulturflatrate und Abmahnwahn” ein. Die Veranstaltung fin­det am 3. Februar 2010 um 19 Uhr im Wissenschaftszentrum Kiel statt.

Von:

Alexander Ruoff, 34, wohnhaft in Kiel, schreibt über Kultur, Land und Leute für den fördeflüsterer.

2 Gedanken zu “Kulturflatrate – Zwangsabgabe oder nachhaltiges Konzept?”:

  1. Jörg Nickel

    Wer die Veranstaltung ver­passt hat, kann sie im Offenen Kanal noch mal anse­hen: am 7.2 um 13.00 Uhr und am 9.2. um 13.00 und 20.00 Uhr. Im Kieler Kabelnetz oder im Stream unter http://www.okkiel.de

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