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Die Diskussion über die Vertraulichkeit der Sitzungen des Ältestenrates des Schleswig-Holsteinischen Landtages gewinnt an Fahrt.
Die Präsidentin oder der Präsident des Landtages hat sich, wenn zum Beispiel der Entwurfs des Haushaltsplanes des Landtages festzustellen oder Entscheidungen hinsichtlich der Verhaltensregeln für die Abgeordneten zu treffen sind, mit dem Ältestenrat „ins Benehmen“ zu setzen. Außerdem finden Präsident/-in und Fraktionen in dessen Sitzungen ihr Einvernehmen über den Arbeitsplan des Landtages im Allgemeinen oder dem Sitzungsablauf im Besonderen. Er ist also, was in der Enquete-Kommission „Verfassungs- und Parlamentsreform“ Ende der 1980er durchaus umstritten war, kein Beschlussorgan. Er gibt Empfehlungen, die von Landtag angenommen werden — oder nicht.
Dass seine Protokolle nicht veröffentlicht werden, hat fast nie jemanden gestört. Das mag auch daran liegen, dass der Inhalt der Protokolle auf der nach unten offenen Spannungsskala nicht sehr weit oben rangiert. Nur einmal, als es Ende 1990 in den politischen Schlagabtausch passte – der damalige Fraktionsvorsitzende der SPD, Gert Börnsen hatte im Ältestenrat etwas zu seinem im Landtag gemachten Rassismusvorwurf in Richtung der CDU gesagt – wurde ein Protokoll mal reagierend (in Zeitungen war schon daraus berichtet worden) veröffentlicht.
Das Protokoll der ersten Sitzung des Ältestenrates der jetzigen Legislaturperiode hat, wie der Abgeordnete der Piratenfraktion Patrick Breyer im Fraktionsblog der Piraten gestern (19.06.2012) veröffentlichte, folgenden Wortlaut:
1. Ablauf der 2. Tagung des Landtags
Der Ablauf der Tagung sowie die Reihenfolge der Tagesordnungspunkte mit den angemeldeten Redezeiten werden erörtert und einvernehmlich festgelegt.
2. Personalangelegenheiten
Der Ältestenrat erörtert mehrere Personalangelegenheiten.
Zu Punkt Verschiedenes liegt nichts vor.
In früheren Protokollen mag auch mal mehr gestanden haben. Aber so richtig mag es dem Beobachter des parlamentarischen Geschehens nicht einleuchten, was an wirklich „geheimen“ oder „vertraulichen“ Dingen in den Protokollen stehen könnte. Aufmerksame Zuhörer der Parlamentsdebatten – zuletzt etwa bei Äußerungen von Ralf Stegner anlässlich der Abschiedsrede des scheidenden Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen – bekommen schnell mit, worüber man im Ältestenrat, manchmal aus pragmatischen Gründen an der Geschäftsordnung vorbei, Einvernehmen erzielt hat. Die Bemühungen, die Vereinbarungen gleichwohl vertraulich zu halten, produzieren schon mal lustige Formulierungen:
Landtagspräsident Torsten Geerdts Richtung Ralf Stegner:
„Das war ein Beitrag zur Aktuellen Stunde, genauso wie Ihr erster Beitrag ein Beitrag zur Aktuellen Stunde war. Darauf haben wir uns zu Beginn dieser Sitzung verständigt. Ich erinnere gern auch an die Sitzung des Ältestenrats. Darüber wollen wir öffentlich aber nicht reden.“
Hier wird deutlich, worum es geht: Verlässlichkeit der Absprache. Das ist aber zunächst keine Frage der Vertraulichkeit sondern des Vertrauens. Das im Hinterkopf, kommt man nicht der Frage vorbei, ob sich der Landtag taktisch einen Gefallen tut, wenn er jetzt einen Glaubenskrieg wegen der Vertraulichkeit der Sitzungen des Ältestenrates riskiert. Nun mag man den Piraten entgegenhalten können, dass das Wohl und Wehe des Parlamentarismus nicht an der Frage der Öffentlichkeit dieser Protokolle hängt. Das sollte aber eben auch Grund und Anlass für den Landtag und seinen Fraktionen sein, locker zu bleiben und souverän das bisherige Verhalten zu überdenken.
Eben. Ich finde, dass das eine Scheindebatte ist, die von den wirklich wichtigen politischen Fragestellungen ablenkt. Vertraulichkeit kann je nach Notwendigkeit vereinbart werden, und gut ist…